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Traumatisch bedingtes Karpaltunnelsyndrom nach schwerer perilunärer Luxationsfraktur am Handgelenk – Ein Fallbericht
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Veröffentlicht: | 10. September 2013 |
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Gliederung
Text
Einleitung: Perilunäre Luxationsfrakturen der Handwurzel stellen insgesamt nur einen kleinen Anteil der Carpusfrakturen dar und können bei einem polytraumatisierten Patienten aufgrund anderer vital bedrohlicher Verletzungen schnell übersehen werden. Eine frühzeitige und konsequente Diagnostik, Therapie und Nachbehandlung ist jedoch äußerst wichtig für die spätere Handfunktion.
Ziele: Anhand eines besonderen Fallberichtes soll das Diagnostik- und Therapieregime von perilunären Luxationsfrakturen dargestellt werden.
Material/Methode: Ein 52-jähriger Patient wurde nach einem Sturz aus 3 m Höhe über den Schockraum intubiert und beatmet aufgenommen. Nach dem Schockraummanagement zeigten sich eine Schenkelhalsfraktur sowie eine Beckenringfraktur, die sofort operativ stabilisiert wurden. Bei der initialen Untersuchung des Handgelenkes zeigten sich keine Schwellung oder Fehlstellung, so dass aufgrund des knappen Zeitmanagements keine Röntgendiagnostik durchgeführt wurde. Nach operativer Versorgung wurde der Patient extubiert und auf der Intensivstation überwacht. Am Abend desselben Tages gab der Patient Schmerzen über dem Karpaltunnel sowie Taubheitsgefühle der Finger I–III an. In der klinischen Untersuchung war das Handgelenk jetzt schmerzhaft bewegungseingeschränkt und geschwollen. Die durchgeführte Röntgendiagnostik ergab eine Aufhebung der Parallelität der Gilula-Bögen, so dass bei Verdacht auf eine perilunäre Luxationsfraktur ein Dünnschicht-CT durchgeführt wurde. Hier wurde eine transscaphoidale-transcapitale Luxationsfraktur mit Luxation des frakturierten Capitatum-Kopfes nach palmar in den Karpaltunnel nachgewiesen. Noch am selben Abend wurde der Patient am Handgelenk operiert:
Nach Eröffnung des Karpaltunnels konnte der dislozierte Capitatum-Kopf in Joystick-Technik vorsichtig reponiert werden – die palmar gerissenen Bandstrukturen wurden genäht. Über einen zweiten dorsalen Zugang wurde dann zunächst die Scaphoidfraktur verschraubt und anschließend die Capitatumfraktur mit zwei K-Drähten anatomisch gehalten. Als letzter Schritt wurde mit zwei K-Drähten der Carpus transfixiert. Postoperativ wurde eine palmare Gipsschiene angelegt.
Ergebnisse: Direkt postoperativ waren die neurologischen Symptome bereits rückläufig. Der Patient wurde intensiv physiotherapeutisch nachbehandelt. Die angelegte Gipsschiene wurde für acht Wochen belassen. Nach dieser Zeit zeigte sich in der radiologischen Verlaufskontrolle eine gute Konsolidierung der Capitatum-Fraktur, so dass der Patient zur K-Draht-Entfernung und intensiver postoperativer Physiotherapie stationär aufgenommen wurde. 12 Wochen nach operativer Versorgung gibt es keinen Hinweis auf Knochennekrose des luxierten Capitatumkopfes, die Beweglichkeit ist noch eingeschränkt.
Diskussion: Perilunäre Luxationsfrakturen sollten noch am Unfalltag operativ stabilisiert und transfixiert werden. Insgesamt setzt dieses operative Verfahren ein hohes Maß an unfallchirurgischer und handchirurgischer Erfahrung voraus, so dass bei einer solchen Verletzung immer eine Verlegung in ein traumatologisches Handchirurgiezentrum angestrebt werden sollte. Ein präoperatives CT ist zwingend erforderlich, um eine möglichst genaue dreidimensionale Darstellung der Fraktur zu erhalten und eine präoperative Planung der Stabilisierung zu ermöglichen. Die Nachbehandlung sollte ebenso wie regelmäßige klinisch-radiologische Verlaufskontrollen in kurzen Abständen durchgeführt werden, um ein bestmögliches funktionelles Outcome zu erzielen.