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Güteindizes des Wasserschlucktests FraMaDySc mit und ohne klinische Parameter
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Veröffentlicht: | 8. September 2016 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Hintergrund: Bis zu 88% der Patienten mit einem Kopf-Hals-Tumor (KHT) erleiden in Abhängigkeit von Größe und Sitz des Tumors sowie Art der notwendigen onkologischen Therapie eine schwere Schluckstörung. Ziel dieser Studie war zu überprüfen, ob das bereits validierte Dysphagie-Screeningverfahren FraMaDySc, basierend auf einem Wasserschlucktest, optimiert werden kann, durch das Hinzuziehen klinischer Parameter, wie bspw. die Untersuchung der Zungenmotilität.
Material und Methoden: FraMaDySc zusammen mit klinischen Parametern und die endoskopische Schluckdiagnostik FEES® (nach Langmore-Standard) wurden bei 130 tumorresezierten KHT-Patienten durchgeführt (Altersspanne 18–88 Jahre, Median 60; 94 männlich, 36 weiblich; UICC-Tumorstadien II–IV). Als Referenzstandard dienten dichotomisierte (pass/fail) Werte der Functional Oral Intake Scale (FOIS), Penetrations-Aspirations-Skala (PAS) sowie die therapierelevante Schluckstörung (TRS: PAS-Grad ≥4 plus FOIS-Grad ≤4). Das FraMaDySc-Ergebnis (pass/fail) wurde entweder in Kombination mit klinischen Parametern (Dysglossie, feuchter Stimmklang, willkürlicher Husten, Einschränkung der Mundöffnung, Zungenmotilität und -kraft, Würgereflex) oder alleine dem Referenzstandard in Kreuztabellen, Korrelationen und ROC-Kurven gegenübergestellt, um die Güteindizes (Sensitivität, Spezifität, Likelihood Ratio) zu bestimmen.
Ergebnisse: Die besten FraMaDySc-Güteindizes wurden für TRS erreicht (Sensitivität: 97%, Spezifität 87%; LR+ 7,24), gefolgt von FOIS und PAS. Nur Dysglossie, feuchter Stimmklang, Zungenmotilität und Zungenkraft lieferten signifikante Phi-Korrelationen mit allen drei Referenzstandard-Werten (FOIS, PAS, TRS). ROC-Kurven demonstrierten, dass die Hinzufügung aller oder nur signifikanter klinischer Parameter zum Wasserschlucktest seine Güteindizes nicht verbessert. Güteindizes einzelner klinischer Parameter im Vergleich mit FOIS, PAS und TRS erwiesen sich als schwach, mit der durchschnittlichen Sensitivität von 39% und Spezifität von 77%.
Diskussion: Die untersuchten Güteindizes des Wasserschlucktests können als sehr gut beurteilt werden. Einige klinische Parameter korrelierten zwar signifikant mit dem Referenzstandard, konnten aber die Güteindizes von FraMaDySc nicht optimieren.
Fazit: Klinische Prädiktoren eignen sich nicht zur Optimierung der Güteindizes des Screenings FraDySc.
Text
Hintergrund
Bis zu 88% der Patienten mit einem Kopf-Hals-Tumor (KHT) erleiden in Abhängigkeit von Größe und Sitz des Tumors sowie Art der notwendigen onkologischen Therapie eine Schluckstörung [1]. Die Tumorerkrankung selbst kann zu strukturellen und biomechanischen Veränderungen des Schluckaktes führen, mit erheblichen Einschränkungen des oralen Bolustransportes, möglichem insuffizientem Schutz der unteren Atemwege sowie Malnutrition und Dehydratation. Die Einbettung dieser Patienten in standardisierte Behandlungsabläufe beginnt mit der Durchführung eines validierten Screeningverfahrens hinsichtlich einer möglicherweise bestehenden therapierelevanten Schluckstörung [2]. Bislang existieren für Kopf-Hals-Tumor-Patienten zwei validierte Screeningverfahren basierend auf einem Wasserschlucktest [3], [4]. Ziel dieser Studie war zu überprüfen, ob das bereits validierte Dysphagie-Screeningverfahren FraMaDySc durch das Hinzuziehen klinischer Parameter optimiert werden kann.
Material und Methoden
FraMaDySc und sieben klinische Parameter (nach Langmore-Standard) wurden bei 130 tumorresezierten KHT-Patienten durchgeführt (Altersspanne 18–88 Jahre, Median 60; 94 männlich; UICC-Tumorstadien II–IV) und gegen FEES® als Goldstandard gestellt. Als Referenzkriterien wurden verwendet: Grad der Oralisierungseinschränkung (definiert anhand dichotomisierter (pass/fail) Werte der Functional Oral Intake Scale (FOIS) nach Crary), Grad der Penetration bzw. Aspiration, graduiert entsprechend der Penetrations-Aspirations-Skala (PAS) nach Rosenbek, sowie die therapierelevante Schluckstörung (TRS: PAS-Grad ≥4 plus FOIS-Grad ≤4). Das FraMaDySc-Ergebnis (pass/fail) wurde mit bzw. ohne die klinischen Parameter (Dysglossie, feuchter Stimmklang, willkürlicher Husten, Einschränkung der Mundöffnung, Zungenmotilität und -kraft, Würgereflex) den drei Referenzkriterien in Kreuztabellen, Korrelationen und ROC-Kurven gegenübergestellt, um die Screeninggüteindizes (Sensitivität, Spezifität, Likelihood Ratio) zu bestimmen.
Ergebnisse
Die besten FraMaDySc-Güteindizes wurden für TRS erreicht (s. Tabelle 1 [Tab. 1]).
Nur Dysglossie, feuchter Stimmklang, Zungenmotilität und Zungenkraft lieferten signifikante Korrelationen mit den drei verwendeten Referenzkriterien (s. Tabelle 2 [Tab. 2]).
ROC-Kurven demonstrierten, dass die Hinzufügung aller oder nur signifikanter klinischer Parameter zum Wasserschlucktest seine Güteindizes nicht verbessert. So sank die Fläche in den ROC-Kurven nach dem Hinzufügen der signifikanten klinischen Prädiktoren für FOIS von 0,905 auf 0,903, für PAS von 0,874 auf 0,864, für TRS von 0,959 auf 0,954. Güteindizes einzelner klinischer Parameter im Vergleich mit FOIS, PAS und TRS erwiesen sich als schwach, mit einer durchschnittlichen Sensitivität von 39% und Spezifität von 77%.
Diskussion
Die untersuchten Screeninggüteindizes des Wasserschlucktests können als sehr gut beurteilt werden. So zeigten sich sehr gute Sensitivitäts- wie Spezifitätswerte sowohl für den Grad der Oralisierungseinschränkung [5] als auch für den Grad der Penetration bzw. Aspiration [6]. Einzeln betrachtet zeigen allerdings nur einige klinische Parameter signifikante Korrelationen mit den Referenzkriterien Oralisierungseinschränkung, Penetration-Aspiration und therapierelevante Schluckstörung. Dies sind Dysglossie, Zungenmotilität und -kraft sowie feuchter Stimmklang.
Bei Schlaganfallpatienten wird postuliert, dass die Kombination klinischer Parameter die Validität der Prädiktorfähigkeit in Bezug auf Aspiration erhöht [2]. Leder et al. [7] widerlegen dagegen, dass die von Daniels beschriebenen sechs klinischen Parameter (Dysarthrie, Dysphonie, willkürlicher Husten, Würgereflex, Husten/Räuspern und Stimmveränderung nach dem Schlucken) zur Prädiktion einer Aspiration bei Schlaganfallpatienten geeignet sind.
Betrachtet man die Resultate der vorliegenden Studie, überzeugen die klinischen Parameter bei schwachen Sensitivitäts- und Spezifitätswerten nicht in ihrer Prädiktorfähigkeit.
Fazit
Die Aussagekraft des Wasserschluckscreenings FraMaDySc kann mit Hinzunahme klinischer Parameter nicht optimiert werden. Klinische Parameter eignen sich somit nicht zur Optimierung der Güteindizes des Wasserschlucktests FraMaDySc.
Literatur
- 1.
- Meyer A, Dietz A, Wollbrück D, Oeken J, Danker H, Meister EF, Sandner A, Völkel W, Brähler E, Singer S. Schluckstörungen nach Kehlkopfteilresektion. Auftrittshäufigkeit und Prädiktoren [Swallowing disorders after partial laryngectomy. Prevalence and predictors]. HNO. 2012 Oct;60(10):892-900. DOI: 10.1007/s00106-012-2519-9
- 2.
- Daniels SK, Anderson JA, Willson PC. Valid items for screening dysphagia risk in patients with stroke: a systematic review. Stroke. 2012 Mar;43(3):892-7. DOI: 10.1161/STROKEAHA.111.640946
- 3.
- Patterson JM, Hildreth A, McColl E, Carding PN, Hamilton D, Wilson JA. The clinical application of the 100mL water swallow test in head and neck cancer. Oral Oncol. 2011 Mar;47(3):180-4. DOI: 10.1016/j.oraloncology.2010.11.020
- 4.
- Hey C, Lange BP, Eberle S, Zaretsky Y, Sader R, Stöver T, Wagenblast J. Water swallow screening test for patients after surgery for head and neck cancer: early identification of dysphagia, aspiration and limitations of oral intake. Anticancer Res. 2013 Sep;33(9):4017-21.
- 5.
- Crary MA, Mann GD, Groher ME. Initial psychometric assessment of a functional oral intake scale for dysphagia in stroke patients. Arch Phys Med Rehabil. 2005 Aug;86(8):1516-20. DOI: 10.1016/j.apmr.2004.11.049
- 6.
- Rosenbek JC, Robbins JA, Roecker EB, Coyle JL, Wood JL. A penetration-aspiration scale. Dysphagia. 1996;11(2):93-8. DOI: 10.1007/BF00417897
- 7.
- Leder SB, Suiter DM, Murray J, Rademaker AW. Can an oral mechanism examination contribute to the assessment of odds of aspiration? Dysphagia. 2013 Sep;28(3):370-4. DOI: 10.1007/s00455-012-9442-9