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33. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Regensburg, 22.09. - 25.09.2016

Dysphagie nach Therapie bei fortgeschrittenen Oropharynxkarzinomen: Ergebnisse der TISOC-1-Studie

Vortrag

  • corresponding author presenting/speaker Sylvia Meuret - Sektion Phoniatrie und Audiologie, Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland
  • Michael Fuchs - Sektion Phoniatrie und Audiologie, Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland
  • Andreas Dietz - Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland
  • Orlando Guntinas- Lichius - Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 33. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Regensburg, 22.-25.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocV15

doi: 10.3205/16dgpp34, urn:nbn:de:0183-16dgpp348

Veröffentlicht: 8. September 2016

© 2016 Meuret et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Im Rahmen der multizentrischen TISOC-1 wurde bei Patienten mit fortgeschrittenem resektablen Plattenepithelkarzinom des Oropharynx / der Mundhöhle eine Induktionschemotherapie mit Docetaxel, Cisplatin und 5-Fluorouracil durchgeführt. Nach dieser Induktionschemotherapie erfolgten eine kurative Resektion und eine postoperative Radiatio. Zur Darstellung des funktionellen Outcomes sollte die Schluckfunktion während dieser 3 Phasen der Therapie und im weiteren Follow-up überprüft werden.

Material und Methoden: Die Messung der Schluckfunktion erfolgte zum einen mit der Penetrations-Aspirations-Skala nach Rosenbek und zum anderen mit der Schluckbeeinträchtigungsskala nach Prosiegel. Die Schluck-Parameter sollten mittels Anamnese und FEES vor Therapiebeginn (T0), nach Ende der Chemotherapie (T1), 14 Tage nach Operation (T2), zu Therapieende (T3) und dann im weiteren Verlauf alle 6 Monate (T4–6), bis 24 Monaten nach Therapiebeginn (T7) bestimmt werden.

In diese Auswertung fließen die Daten des Studienzentrums Leipzig ein.

Ergebnisse: Es konnten 20 Patienten (Durchschnittsalter: 58 Jahre) eingeschlossen werden. Zur Baseline-Untersuchung T0 hatten alle Patienten ein Grad 0 in der PAS. In der Skala von Prosiegel lagen die Angaben bei 19/20 Patienten bei Grad 0 und lediglich bei einem Patienten bei Grad 4. Zu T2 hatten 4/20 Patienten weiterhin PAS 1 und Prosiegel 0. Lediglich ein Patient erreichte PAS 8 und Prosiegel 6. Zu T4 konnten noch 17 Patienten untersucht werden: 14/17 Patienten konnten sich zu diesem Zeitpunkt wieder vollständig oral ernähren. Zu T7 konnten noch 16 Patienten untersucht werden (4 verstorben): 15/16 Patienten konnten sich oral ernähren und hatten eine PAS 1; 1/17 hatte weiterhin eine deutlich eingeschränkte Schluckfunktion (Prosiegel 5 PAS 6).

Diskussion: In dieser Auswertung können auf Grund der geringen Patientenanzahl lediglich Tendenzen aufgezeigt werden: Durch die Erhebung der Schluckbeeinträchtigungsskala und der PAS-Skala zeigt sich, dass trotz der Tumorgröße in der Baseline-Untersuchung kaum Patienten eine Schluckbeeinträchtigung haben. Des Weiteren sind im 6-Monate-Follow-up die therapiebedingten dysphagischen Symptome bei den meisten Patienten schon wieder deutlich regredient, was sich bis zum Studienende nach 24 Monaten noch weiter bessert. Der bei diesen Patienten häufig bereits zu diesem Zeitpunkt beobachtete Trismus spiegelt sich jedoch in diesen Skalen nur unzureichend wieder.

Eine Auswertung aller Studienteilnehmer über den gesamten Studienzeitraum ist geplant.


Text

Einleitung

Im Rahmen der multizentrischen TISOC-1-Studie (Split-dose TPF-induction chemotherapy before surgery of oropharyngeal and cavity of the mouth cancer) [1] wurde bei Patienten mit fortgeschrittenem resektablen Plattenepithelkarzinom des Oropharynx / der Mundhöhle eine Induktionschemotherapie mit Docetaxel, Cisplatin und 5-Fluorouracil durchgeführt. Nach dieser Induktionschemotherapie erfolgte eine kurative Resektion des Tumors in den ursprünglichen Tumorgrenzen, daran anschließend eine Radiatio. Die Phase-I-Studie wurde konzipiert, um die optimale therapeutische Dosis der split-dose TPF-Induktions-Chemotherapie zu bestimmen. Das primäre Studienziel der Phase II war die Bestimmung des 2-Jahres-progressionsfreien Überlebens. Als sekundäres Studienziel wurde zur Darstellung des funktionellen Outcomes die Schluckfunktion während aller Therapiephasen und im weiteren Follow-up bis 24 Monate nach Therapiebeginn untersucht.

Methode

Die Messung der Schluckfunktion erfolgte zum einen mit der Penetrations-Aspirations-Skala nach Rosenbek (PAS) und zum anderen mit der Schluckbeeinträchtigungsskala nach Prosiegel. Die Schluckparameter sollten mittels Anamnese und funktionell endoskopischer Schluckuntersuchung (FEES) vor Therapiebeginn (T0), nach Ende der Chemotherapie (T1), 14 Tage nach Operation (T2), zu Therapieende (T3) und dann im weiteren Verlauf alle 6 Monate (T4–6), bis 24 Monaten nach Therapiebeginn (T7) bestimmt werden.

In diese Auswertung fließen die erhobenen Daten des Studienzentrums Leipzig ein.

Ergebnisse

Es konnten 20 Patienten (15 Männer, 5 Frauen, Durchschnittsalter: 58 Jahre) eingeschlossen werden. 16/20 Patienten hatten ein Oropharynxkarzinom, bei 4/20 Patienten lag ein Karzinom der Mundhöhle vor. Alle Patienten hatten ein Tumor-IV-Stadium. Zur Baseline-Untersuchung vor Therapiebeginn (T0) hatten alle Patienten ein Grad 0 in der PAS. In der Skala von Prosiegel lagen die Angaben bei 19/20 Patienten bei Grad 0 und lediglich bei einem Patienten bei Grad 4. Nach Beendigung der Chemotherapie (T1) hatte sich bei keinem Patienten die Einteilung nach PAS oder Prosiegel verändert. 14 Tage nach operativer Tumorresektion (T2) hatten noch 4/20 Patienten weiterhin keine Verschlechterung in den untersuchten Skalen (PAS 1 und Prosiegel 0). Lediglich ein Patient erreichte PAS 8 und Prosiegel 6. Zu T4 konnten noch 17 Patienten untersucht werden (1 Patient verstorben; 2 weitere Patienten hatten bereits ein Rezidiv): 14/17 Patienten konnten sich zu diesem Zeitpunkt wieder vollständig oral ernähren. Zum Studienende, 24 Monate nach Therapiebeginn (T7), konnten noch 16 Patienten untersucht werden: 15/16 Patienten ernährten sich oral und hatten eine PAS 1; 1/17 hatte weiterhin Prosiegel 5 PAS 6. Siehe Abbildung 1 [Abb. 1] und Abbildung 2 [Abb. 2].

Diskussion

In dieser Auswertung können auf Grund der geringen Patientenanzahl lediglich Tendenzen aufgezeigt werden: Durch die Erhebung der Schluckbeeinträchtigungsskala und der PAS-Skala zeigt sich, dass trotz eines Stadium-IV-Tumors im Oropharynx / der Mundhöhle in der Baseline-Untersuchung kaum Patienten eine Schluckbeeinträchtigung haben. Von den 3 Therapiephasen (Induktionschemotherapie, Operation, Radiatio) hat die Tumorresektion in unserem Untersuchungszeitraum den stärksten Effekt auf die Schluckfunktion. Des Weiteren sind jedoch im 6-Monate-Follow-up die therapiebedingten dysphagischen Symptome bei den meisten Patienten schon wieder deutlich regredient, was sich bis zum Studienende nach 24 Monaten noch weiter bessert. Der bei diesen Patienten häufig bereits zu diesem Zeitpunkt beobachtete ausgeprägte Trismus spiegelt sich jedoch in diesen Skalen nur unzureichend wieder.

Eine Auswertung aller Studienteilnehmer über den gesamten Studienzeitraum ist geplant.


Literatur

1.
Oertel K, Spiegel K, Schmalenberg H, Dietz A, Maschmeyer G, Kuhnt T, Sudhoff H, Wendt TG, Guntinas-Lichius O. Phase I trial of split-dose induction docetaxel, cisplatin, and 5-fluorouracil (TPF) chemotherapy followed by curative surgery combined with postoperative radiotherapy in patients with locally advanced oral and oropharyngeal squamous cell cancer (TISOC-1). BMC Cancer. 2012 Oct 20;12:483.DOI: 10.1186/1471-2407-12-483 Externer Link