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Connexin 26-Varianten und ihre Bedeutung für das Hörvermögen
GJB2 mutations, GJB6 mutations and their relevance for childhood deafness
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Veröffentlicht: | 27. August 2008 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Einleitung: Zumindest 50% aller konnatalen Schwerhörigkeiten sind genetisch bedingt. Mutationen im GJB-Gen werden am häufigsten gefunden, sie liegen bei 20 bis 30% aller Patienten mit nicht syndromalen Schwerhörigkeiten vor. Wir stellten uns die Frage, ob eine weitere Differenzierung sinnvoll ist.
Methode: Bei 303 Patienten mit nicht syndromaler Schwerhörigkeit wurde eine Sequenzierung des GJB2-Gens durchgeführt [Ref. 1].
Ergebnisse: Bei den 303 Patienten mit einer nicht syndromalen Schwerhörigkeit identifizierten wir auf 156 mutierten Allelen 27 verschiedene Mutationen des GJB2-Gens, und zwar 10 trunkierende (T) Mutationen auf 107 Allelen und 17 nicht trunkierende (NT) Mutationen auf 49 Allelen. 61 Patienten (20,1%) zeigten homozygote GJB2-Mutationen, dabei traten 21 verschiedene Genotypen auf, die in 8 homozygot trunkierende (T/T), 8 compound heterozygote (T/NT) und 5 homozygot nicht trunkierende Mutationen weiter differenziert werden konnten. Bei den homozygot trunkierenden Mutationen war der Hörverlust ausgeprägter (p=0,000058). Bei 5 der 61 Patienten trat eine Progredienz der Hörstörung auf, davon lag bei 2 eine homozygot trunkierende Mutation vor.
Schlussfolgerung: Eine Differenzierung der GJB2-Mutationen in trunkierende und nicht trunkierende scheint sinnvoll.
Text
Einleitung
Zumindest 50% aller konnatalen Schwerhörigkeiten sind genetisch bedingt. Bis heute wurden über 120 dafür verantwortliche Genloki identifiziert. Mutationen im GJB2-Gen werden am häufigsten gefunden, sie liegen bei 20 bis 30% aller Patienten mit nonsyndromalen Schwerhörigkeiten vor.
Material und Methoden
Wir berichten über die Ergebnisse der genetischen Analysen aller in den Jahren 2002 bis 2007 in unserer Klinik genetisch untersuchten schwerhörigen Kinder. Wir untersuchten 324 Kinder aus 311 Familien, von denen 21 ein mit Schwerhörigkeit einhergehendes Syndrom zeigten. 303 Patienten aus 290 Familien litten unter einer monosymptomatischen Schwerhörigkeit. Zu dieser Gruppe gehörten auch 20 Patienten, bei denen vermutlich ein dominanter Erbgang vorlag, und sieben Kinder mit einer einseitigen Schwerhörigkeit. Über 80% der Patienten stammten aus Deutschland, die übrigen aus 12 verschiedenen Ländern. Über 90% der Patienten waren zum Zeitpunkt der Untersuchung unter 12 Jahre alt. Bei allen Patienten erfolgte routinemäßig eine Karyotypisierung. Bei den 303 Patienten mit nicht syndromaler Schwerhörigkeit wurde eine Sequenzierung des GJB2-Gens durchgeführt [Ref. 1]. Patienten, bei denen nur eine oder gar keine GJB2 Mutation nachgewiesen wurde, wurden auf eine GJB6 Deletion hin untersucht.
Ergebnisse
Bei drei der 324 Patienten zeigte die Karyotypisierung eine vermutlich kausale Aberration: eine 13q-Deletion, eine unbalancierte 18:22-Translokation und eine homozygote reziproke Translokation 10;15. 3 weitere chromosomale Veränderungen wurden nachgewiesen (47, XXY und 2 familiäre reziproke Translokationen), die vermutlich nicht im Zusammenhang mit der Hörstörung stehen.
Bei den 303 Patienten mit einer nicht syndromalen Schwerhörigkeit identifizierten wir auf 156 mutierten Allelen 27 verschiedene Mutationen des GJB2-Gens (Abbildung 1 [Abb. 1]), und zwar 10 trunkierende (T) Mutationen auf 107 Allelen und 17 nicht trunkierende (NT) Mutationen auf 49 Allelen. Durch die Analysen entdeckten wir auch zwei bisher nicht beschriebene Mutationen, p.N14D und p.H100Q, sowie ein Allel mit einer Deletion (GJB6_342-kb).
61 Patienten (20,1%) zeigten homozygote GJB2-Mutationen, dabei traten 21 verschiedene Genotypen auf, die in 8 homozygot trunkierende (T/T), 5 homozygot nicht trunkierende (NT/NT) und 8 compound heterozygote (T/NT) weiter differenziert werden konnten. Bei den homozygot trunkierenden Mutationen war der Hörverlust ausgeprägter (p=0,000058, vgl. Abbildung 2 [Abb. 2]).
Bei 5 der 61 Patienten trat eine Progredienz der Hörstörung auf, davon lag bei 2 eine homozygot trunkierende Mutation vor.
Diskussion
Die Häufigkeit von homozygoten GJB2-Mutationen entsprach den Erwartungen. In einer von Snoeckx et al. [Ref. 2] publizierten Studie waren die homozygot trunkierenden Mutationen ebenfalls mit ausgeprägteren Hörverlusten assoziiert. Gopalarao et al. [Ref. 3] fanden ebenfalls zuweilen Progredienzen der Hörstörungen, die durch GJB2- Mutationen bedingt waren, während man früher von stabilen Hörverlusten ausging. In der von uns beobachteten Gruppe trat ebenfalls bei einer Untergruppe eine Progredienz auf.
Literatur
- 1.
- Wu BL, Kenna M, Lip V, Irons M, Platt O. Use of a multiplex PCR/sequencing strategy to detect both connexin 30 (GJB6) 342 kb deletion and connexin 26 (GJB2) mutations in cases of childhood deafness. Am J Med Genet A. 2003;121A:102-8.
- 2.
- Snoeckx et al. GJB2 Mutations and Degree of Hearing Loss: A Multicenter Study. Am J Hum Genet. 2005;77:945-57.
- 3.
- Gopalarao et al. Is hearing loss due to mutations in the Connexin 26 gene progressive? Int J Audiol. 2008;47:11-20.