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5. Internationale Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi)

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V.

13. - 14.02.2020, Bochum

Hebammenidentität als Einflussfaktor für die Hebammenarbeit und die interprofessionelle Zusammenarbeit

Meeting Abstract

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Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. 5. Internationale Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi). Bochum, 13.-14.02.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dghwiP13

doi: 10.3205/20dghwi29, urn:nbn:de:0183-20dghwi297

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/meetings/dghwi2020/20dghwi29.shtml

Veröffentlicht: 11. Februar 2020

© 2020 Kraienhemke.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Die Arbeit von Hebammen ist in Deutschland durch Gesetze und Verordnungen eindeutig geregelt [1], [2]. Neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen ist die inhaltliche Ausgestaltung der Hebammenarbeit jedoch individuell möglich. Daraus ergeben sich vielfältige Versorgungsmodelle in der Hebammenarbeit, die sich auf unterschiedliche Werte und Theorierahmen beziehen können. Diese unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten und inhaltlichen Schwerpunktsetzungen weisen auf eine große Flexibilität professioneller Hebammenarbeit hin.

Ziel/Fragestellung: Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde die interprofessionelle Zusammenarbeit von Hebammen mit Pflegenden und Ärzt/innen im klinischen Setting untersucht. Dabei standen sowohl die strukturellen Rahmenbedingungen der interprofessionellen Arbeitssituation im klinischen Setting als auch die subjektive Sichtweise der Hebammen auf die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen im Forschungsinteresse.

Methodik: Das qualitative Forschungsprojekt folgte der Grounded-Theory-Methodologie [3]. Daten wurden mittels teilnehmender Beobachtung im Kreißsaal und auf der Wochenbettstation und episodischen Interviews mit Hebammen erhoben (Beobachtungen n=20, Interviews n=14) [4]. Erhebung und Auswertung wurden durch ein theoretisches Sampling ergänzt. Mittels Kodierens wurde eine gegenstandsbezogene Theorie generiert [3], [4].

Ergebnisse: In der Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen im Krankenhaus konnte die Hebammenidentität als ein zentraler Faktor analysiert werden. Sie stellt sich als ein Konstrukt mit drei unterschiedlichen Anteilen dar [5] und vereint die Teile „selbständige Expertin“, „Teil des geburtshilflichen Teams“ und „Medizin-orientierte Begleiterin der Frau“. Die einzelnen Teil-Identitäten unterscheiden sich in den Aspekten des Kompetenzerlebens, des Arbeitsbereiches, des Leitgedankens der Arbeit und der Beziehung zur Frau. Sie zeigen sich in unterschiedlichen Handlungsweisen im Alltag. Das Handeln umfasst ein Spektrum von Selbständigkeit bis Subordination („Selbständigkeit“, „Auseinandersetzung“, „Kooperation”, „Integration“ und „Subordination“).

Relevanz: Die Ergebnisse sind für die berufliche Tätigkeit und damit auch die Umsetzung von Versorgungsmodellen von Bedeutung. Jede Teil-Identität ermöglicht andere Formen der Berufsausübung und Zusammenarbeit mit anderen. Sie kann Selbständigkeit ermöglichen oder unmöglich machen. Ebenso kann durch Teil-Identitäten eine konstruktive Zusammenarbeit erschwert oder erleichtert werden.

Empfehlungen/Schlussfolgerungen: Die berufliche Hebammenidentität ist weniger eindeutig, als zu erwarten war. Die Teilung der Identität eröffnet jedoch einen großen Spielraum für die berufliche Tätigkeit als Hebamme. In Verbindung mit der Akademisierung des Hebammenberufes stellt sich auch die Frage des Selbstverständnisses als akademisierte Hebamme. Eine Reflexion der Hebammenidentität vor dem Hintergrund der realen Arbeitsbedingungen im klinischen Setting und möglicher theoretischer Bezüge ist daher von großer Bedeutung. Werdende Hebammen sollten im Prozess der Identitätskonstruktion unterstützt werden.

Ethik und Interessenkonflikte: Es wurde kein Ethikvotum eingeholt. Alle Teilnehmer/innen haben mit einer informierten Entscheidung der Teilnahme zugestimmt. Die alltägliche berufliche Arbeitssituation wurde darüber hinaus nicht als vulnerabel eingeschätzt. In die Beobachtungen waren niemals Schwangere/Gebärende und ihre Familien involviert. Die Forschung wurde durch Eigenmittel finanziert. Es liegen keine Interessenkonflikte vor.


Literatur

1.
HebG - Hebammengesetz (1985). Gesetz über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers vom 4. Juni 1985 (BGBl. I S. 902), zuletzt geändert durch Artikel 17b des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3191). [Zugriff Aug 2019]. Verfügbar unter: https://www.gesetze-iminternet.de/hebg_1985/HebG.pdf Externer Link
2.
Nordrhein-Westfalen. Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger Nordrhein-Westfalen (HebBO NRW) vom 06. Juni 2017. 2017 [Zugriff Sep 2019]. Verfügbar unter: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=71520170628110740035 Externer Link
3.
Glaser B, Strauss A. Grounded Theory. Strategien qualitativer Forschung. Bern: Hans Huber; 2010.
4.
Flick U. Qualitative Sozialforschung. Reinbek: rowohlts enzyklopädie; 2010.
5.
Keupp H, Hrsg. Identitätskonstruktionen: Das Patchwork der Identitäten in der Spätmoderne. 5. Aufl. Reinbek: rororo; 2013.