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4. Internationale Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi)

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V.

16.02.2018, Mainz

Die Konzeption und Evaluation eines Geburtsvorbereitungskurses unter systemischen Gesichtspunkten

Meeting Abstract

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  • corresponding author Barbara G. Cattarius - Universität Bielefeld, Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft, Bielefeld, Deutschland
  • Angelika A. Schlarb - Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. 4. Internationale Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi). Mainz, 16.-16.02.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dghwiP06

doi: 10.3205/18dghwi12, urn:nbn:de:0183-18dghwi127

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/meetings/dghwi2018/18dghwi12.shtml

Veröffentlicht: 13. Februar 2018

© 2018 Cattarius et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Bereits in der Hebammenausbildung werden die zukünftigen Hebammen auf die Notwendigkeit von Geburtsvorbereitungskursen hingewiesen. Es existiert ein breites Angebot an Fachliteratur zur Kursgestaltung. Sehr häufig orientieren sich dabei Hebammen zunächst an einer klassischen, konventionellen Kursgestaltung, die einen Kurs in Hauptbestandteile gliedert: Kursinformationen, Schwangerschaftsbeschwerden und -probleme, Körperarbeit, Körperwahrnehmung, Arbeit am Atem und geburtserleichterndes Verhalten. Im Zusammenhang mit geburtserleichterndem Verhalten soll auch der Partner auf seine Rolle bei der Geburtsbegleitung vorbereitet werden.

Wie jedoch einige Autoren im Forschungsfeld der Familienpsychologie skizzieren, ist gerade diese Phase des Übergangs vom Liebespaar zum Elternpaar geprägt von intensiven Einschnitten in die bisherige Form der Partnerschaft, die damit häufig einem großen Wandel unterliegt. Auch stehen Bindungsbeziehungen zwischen Eltern und Kind und die Rolle von Geschwistern und geschwisterliche Beziehungen im Fokus des Interesses. Diese wichtigen Themenfelder wurden bislang nur unzureichend in die gängigen Konzepte von Geburtsvorbereitungskursen integriert [1], [2], [3], [4], [5].

Ziel/Fragestellung: Die vorliegende Arbeit skizziert die Erweiterung eines konventionellen Konzeptes eines Geburtsvorbereitungskurses um systemische Komponenten mit dem Ziel den Übergang zur Elternschaft positiv zu beeinflussen. Es soll überprüft werden, ob sich bei der Schwangeren durch die Einbeziehung systemischer Komponenten im Kurs, Effekte in der Wahrnehmung von vorgeburtlichem maternalem Stress bzw. der Wahrnehmung schwangerschaftsbezogener Stressoren abbilden lassen.

Methodik: 101 schwangere Frauen aus acht Geburtsvorbereitungskursen zu Beginn des letzten Trimenons wurden in die Studie eingeschlossen. Der Kurs bestand aus sieben Kursabendenden, davon sechs Abende, an denen nur die Schwangeren teilnahmen und ein Kursabend mit Partner. In der Studiengruppe befanden sich 76 Frauen mit dem ersten Kind. In einer längsschnittlichen Studie wurden die Schwangeren sowohl vor Beginn des Geburtsvorbereitungskurses, als auch nach Abschluss des Kurses in Bezug auf präpartalen maternalen Stress anhand des Prenatal Distress Questionnaire (PDQ) befragt. Mögliche Einflussfaktoren waren neben dem Alter der Schwangeren die Beziehungsdauer und die Parität. Nach Kursabschluss erfolgte eine ausführliche Evaluation des Kurses.

Ergebnisse: In Bezug auf die Subskala `concerns about emotions and relationsship´ zeigten sich vor Kursbeginn 32.7% der Schwangeren ohne Sorgen hinsichtlich einer Veränderung ihrer Beziehung zu anderen Menschen, die ihnen wichtig sind. In Bezug auf die Veränderung der Paarbeziehung waren 24.8% ohne Sorgen.

Es zeigt sich ein signifikanter Abfall des wahrgenommen präpartalen Stresserleben nach Kursabschluss anhand des PDQ im Gesamtscore sowie bei allen drei Subskalen. Die Schwangeren berichteten bei der Evaluation des Kurses einen erhöhten Kompetenzzuwachs in den erhobenen Teilbereichen.

Relevanz: Anhand einzelner Übungen, Aufgabenstellungen und Interventionen als Erweiterung eines konventionell aufgebauten Geburtsvorbereitungskurses sollen die Teilnehmerinnen und ihre Partner in die Lage versetzt werden die möglichen Veränderungen, die mit der Geburt eines Kindes einhergehen, zu antizipieren und zu reflektieren. Hierdurch sollen mögliche Problemlösestrategien frühzeitig aktiviert werden, um dann in der neuen Situation diese besser bewältigen zu können. Ziel ist zudem die Teilnehmerinnen für die systemische Sichtweise zu sensibilisieren, um bereits in der Schwangerschaft gemeinsam mit dem Partner zum Einen einen transgenerationalen Blick zu wagen und zum Anderen am gemeinsamen "Familienhaus" zu arbeiten, um den Übergang zur Elternschaft positiv zu gestalten.

Ethik und Interessenkonflikt: Die Forschungsarbeit wurde einer Ethikkommission vorgelegt. Sie wurde durch Eigenmittel finanziert. Es liegt kein Interessenkonflikt vor.


Literatur

1.
Beushausen J. Ressourcenorientierte stabilisierende Interventionen. Kontext. 2010;41(4):287-307.
2.
Engel G, Klotmann U. Systemisches Elterncoaching nach Engel & Klotmann: Informationsschreiben Nr. 224. Neustadt: Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung e.V. (DAJEB); 2012.
3.
Heller A. Geburtsvorbereitung Methode Menne-Heller. Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag; 1998.
4.
Schlippe von A, Schweitzer J. Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung I: das Grundlagenwissen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht; 2016.
5.
Yali AM, Lobel M. Coping and distress in pregnancy: an investigation of medically high risk women. Journal of Psychosomatic Obstetrics & Gynecology. 1999;20(1):39-52.