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55. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie

09. - 11.10.2014, Baden-Baden

Iatrogene Nervenläsionen – Häufigkeit, Detektion und Therapiekonzepte

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Richarda Boettcher - Unfallkrankenhaus Berlin, Schwerpunkt für rekonstruktive Chirurgie bei Plexusparese, Tetraplegie und Cerebralparese, Berlin, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Handtherapie. 55. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie, 19. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Handtherapie (DAHTH). Baden-Baden, 09.-11.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc14dgh39

doi: 10.3205/14dgh39, urn:nbn:de:0183-14dgh394

Veröffentlicht: 7. Oktober 2014

© 2014 Boettcher.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die Häufigkeit iatrogener Nervenverletzungen ist unbekannt. Postoperative Lähmungsmuster werden anscheinend nur selten einer raschen qualifizierten Diagnostik und anschließenden Therapie zugeführt. Die Interpretation postoperativer funktioneller Ausfälle ist vielfältig und nicht ausreichend rational. Betroffen sind neben Digitalnerven und sensiblen Hautästen auch häufig Stammnerven wie N. radialis, N. ulnaris, N. medianus, N. axillaris, N. accessorius, N. femoralis, N. ischiadicus und N. peroneus communis. Für jeden dieser Nerven gibt es typische Risiko- und Verletzungsmuster.

Methodik: Zunächst wurden bei 25 Verletzungen der oben genannten Stammnerven aus den vergangenen 6 Jahren retrospektiv der jeweilige postoperative Verlauf und der diagnostische Weg analysiert. Dabei handelte es sich nur um Nervenläsionen, die letztendlich operativ behandelt wurden.

Ergebnisse: Insbesondere bei Kindern und bei Nervenläsionen der oberen Extremität wurde regelhaft keine weiterführende Diagnostik veranlasst. Die Patienten wurden meist von weiterhandelnden Ärzten aufgrund dauerhafter Beeinträchtigungen vorgestellt. Das Intervall zwischen verursachender Verletzung und erster Vorstellung zur Klärung und Behandlung betrug dabei zwischen 2 Tagen und über 1,5 Jahren. Die Vorstellung iatrogener Verletzungen an der unteren Extremität erfolgte in den vorliegenden Fällen dagegen in der Regel umgehend.

Operativ kamen nach erfolgter Diagnostik Neurolysen, direkte Nervenkoaptationen, Nerventransplantate und -transpositionen sowie Ersatzplastiken zur Anwendung. Ziel war stets, bei Einwilligung der behandelten Patienten, die enge Kooperation mit den Erstoperateuren und die klare gemeinsame Analyse und Dokumentation des Verletzungsmusters.

Schlussfolgerung: In mehreren Aspekten unterscheidet sich die Behandlung eines iatrogenen Nervenschadens deutlich von sonstigen operativen Rekonstruktionen. Die hohe Erwartungshaltung der geschädigten Patienten gepaart mit Angst und Mißtrauen, die schwierige Arzt-Arzt Interaktion zwischen Verursacher und Zweitbehandler sowie haftungsrechtliche Aspekte belasten den Behandlungsverlauf. Im Gegensatz zu den mittlerweile etablierten Aktivitäten rund um CIRS (Critical Incident Reporting System) müssen hierzu Behandler, Patienten und Haftungsträger erst noch einen Dialog etablieren. Klare Empfehlungen zur Diagnostik, dem Verhalten nach Verletzung und maximale Transparenz sind notwendig und werden im Vortrag erläutert.