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133. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

26.04. - 29.04.2016, Berlin

Perioperatives Bridging einer oralen Antikoagulation mit niedermolekularem Heparin führt sehr häufig zu schweren Blutungskomplikationen

Meeting Abstract

  • Johan Friso Lock - Universitätsklinikum Würzburg, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Gefäß- und Kinderchirurgie, Würzburg, Deutschland
  • Laura Ungeheuer - Universitätsklinikum Würzburg, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Gefäß- und Kinderchirurgie, Würzburg, Deutschland
  • Peter Borst - Universitätsklinikum Würzburg, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Gefäß- und Kinderchirurgie, Würzburg, Deutschland
  • René Wildenauer - Universitätsklinikum Würzburg, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Gefäß- und Kinderchirurgie, Würzburg, Deutschland
  • Christoph-Thomas Germer - Universitätsklinikum Würzburg, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Gefäß- und Kinderchirurgie, Würzburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 133. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 26.-29.04.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dgch581

doi: 10.3205/16dgch581, urn:nbn:de:0183-16dgch5815

Veröffentlicht: 21. April 2016

© 2016 Lock et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Jährlich unterziehen sich ca. 80.000 Patienten mit oraler Antikoagulation einem chirurgischen Eingriff. In der Regel erfolgt eine perioperative Umstellung auf niedermolekulares Heparin als Bridgingverfahren. Dem potentiellen Nutzen des Bridgings zur Reduktion thromboembolischer Ereignisse steht ein erhöhtes postoperatives Blutungsrisiko gegenüber. Ziel der Studie war es den Einfluss des Bridgings auf die Blutungsinzidenz in der Allgemein- und Viszeralchirurgie zu untersuchen.

Material und Methoden: Monozentrische retrospektive Fall-Kontroll-Studie. Patientenselektion mittels Krankenhausinformationssystem 2011-2014. Einschlusskriterien: orale Antikoagulation, Vorhofflimmern. Ausschlusskriterien: Notfall-OP, bariatrische und gefäßchirurgische Eingriffe. Matching der Kontrollgruppe nach Geschlecht, Alter und OPS Code. Analyse der perioperativen Dosierung des Bridgings, sowie der postoperative Komplikationen. Statistische Auswertung mittels IBM SPSS Statistics 22.

Ergebnisse: Insgesamt konnten 526 (263 vs. 263) Fälle aus dem gesamten chirurgischen Spektrum ausgewertet werden. Indikationen zur oralen Antikoagulation (Phenprocoumon 90%, NOAK 10%) waren Vorhofflimmern (75%), Thrombosen (12%), Herzklappenersatz (9%) und Thrombophilien (4%). Bridging-Patienten waren bei gleichem Alter morbider (ASA≥III 78% vs. 44%; Herzinsuffizienz 33 vs. 7%; Diabetes 30% vs. 18%; Niereninsuffizienz ≥Grad III 37% vs. 14%; alle P≤0,001). Die Dosierung des Bridgings war therapeutisch (2x1mg/kg Enoxaparin; 72%), halb-therapeutisch (1x1mg/kg; 10%) oder prophylaktisch (40mg; 18%). In 99% der Fälle wurde das während des stat. Aufenthalt nicht mit einer erneuten oralen Antikoagulation begonnen. Die Inzidenz schwerer Nachblutungen (klin. Nachblutung mit RevisionsOP oder >2EKs) war unter Bridging stark erhöht (13% vs. 2%; P<0,001), und bei therapeutischer Dosierung am höchsten (16%). Die Inzidenz schwerer Nachblutungen unter Bridging waren bei Niereninsuffizienz ≥Grad III mit 19% vs. 10% aggraviert (P=0,05). Operative Revisionen waren unter Bridging häufiger (15.2% vs. 5.4%, P<0,001), die postoperative Liegezeit länger (12±11 vs. 9±9 Tage; P=0.009), bei allerdings gleicher Mortalität (1,5 vs. 1,9%; P=0,7). Thromboembolien traten bei 0,8% der Bridging-Patienten und 1,9% der Kontrollpatienten auf (P=0,45). Thromboembolien waren nicht häufiger bei Bridging in subtherapeutischer Dosierung (1,4% vs. 0,5%; P=0,48).

Schlussfolgerung: Schwere Nachblutungen sind bei perioperativem Bridging mit niedermolekularem Heparin sehr häufig. Bridging in therapeutischer Dosierung sollte nur bei selektionierten Hochrisikopatienten durchgeführt werden. Bei chron. Niereninsuffizienz ist besondere Vorsicht geboten.