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133. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

26.04. - 29.04.2016, Berlin

Die prophylaktische totale Gastrektomie bei der Behandlung hereditärer tumor-assoziierter Syndrome

Meeting Abstract

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  • Dimitrios Pantelis - Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Bonn, Deutschland
  • Robert Hüneburg - Universitätsklinikum Bonn, Medizinische Klinik I, Bonn, Deutschland
  • Stefan Aretz - Universitätsklinikum Bonn, Institut für Humangenetik, Bonn, Deutschland
  • Jörg C. Kalff - Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Bonn, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 133. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 26.-29.04.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dgch573

doi: 10.3205/16dgch573, urn:nbn:de:0183-16dgch5738

Veröffentlicht: 21. April 2016

© 2016 Pantelis et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Der Nachweis von Keimbahnmutationen im Rahmen molekulargenetischer Untersuchungen hat zu einer deutlichen Zunahme detektierter Patienten mit Prädisposition für hereditäre Karzinome am GI-Trakt geführt. Zunehmend wird auch ein Chirurg mit der Frage nach einer prophylaktischen Operation in das therapeutische Konzept eingebunden. Im Gegensatz zu den diagnostischen und therapeutischen Strategien bei hereditären Karzinomen mit maßgeblichem Befall des Kolorektums (z.B. FAP) sind diese bei Patienten mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung eines Magenkarzinoms weit weniger etabliert. Die überwiegende Anzahl von Magenkarzinomen sind sporadisch, man geht jedoch davon aus, dass 1-3% als Folge hereditärer Syndrome mit unterschiedlichem Lebenszeitrisiko auftreten (67-83% beim diffusen hereditären Magenkarzinom und 11-21% beim juvenilen Polyposissyndrom).

Material und Methoden: Die prospektive Analyse umfasst 7 zwischen 2012 und 2015 in unserem Zentrum interdisziplinär betreute Patienten, bei denen eine prophylaktische totale Gastrektomie (PTG) aufgrund eines hereditären Tumorsyndroms durchgeführt wurde. Vor der Operation wurde eine komplette Endoskopie des oberen GI-Trakts mit Entnahme von mindestens 30 Biopsien und eine humangenetische Untersuchung und Beratung durchgeführt.

Ergebnisse: Bei 6 Patienten lag als Indikation für die PTG ein hereditäres diffuses Magenkarzinom Syndrom mit Mutation im CDH-1 Gen, bei einem Patienten ein juveniles Polyposissyndrom mit Mutation im SMAD4 Gen vor. Bei allen Patienten erfolgte die Gastrektomie nach Mutationsnachweis und Indikationsstellung im Tumorboard. Einmal erfolgte bei präoperativ schon diagnostiziertem Karzinom eine D2-, dreimal eine D1- und dreimal eine D2 Lymphadenektomie ohne vorherigen Karzinomnachweis. Alle Patienten erhielten eine Rekonstruktion mit Roux-Y Ösophagojejunostomie, der Absetzungsrand am Ösophagus wurde im Schnellschnitt zum Ausschluss verbliebener Magenschleimhautreste untersucht. Die pathologische Aufarbeitung des Resektates ergab bei 5 Patienten den Nachweis von pT1a Karzinomen, Lymphkontenmetastasen zeigten sich in keinem Fall. Der perioperative Verlauf war bei allen Patienten komplikationslos. 6 Patienten wurden im Verlauf nach 8 Monaten (6-10) kontrollgastroskopiert, mit unauffälligem Befund.

Schlussfolgerung: Aufgrund des hohen Lebenszeitrisikos für die Entstehung von Magenkarzinomen wird allen Patienten mit einer Keimbahnmutation im CDH1 Gen auch bei fehlendem endoskopischen Nachweis eines Karzinoms eine prophylaktische totale Gastrektomie empfohlen. Deutlich schwieriger ist die Indikationsstellung bei den anderen bekannten hereditären Syndromen mit Prädisposition für die Entstehung von Magenkarzinomen (Juveniles Polyposissyndrom, Li-Fraumeni Syndrom, Peutz-Jeghers Syndrom, Lynch Syndrom, Cowden Syndrom, MAP und FAP). Der optimale Zeitpunkt ist unbekannt, die aktuellen Leitlinien empfehlen die Operation im Alter zwischen 20-30 Jahren. Kontrovers wird das Ausmaß der Lymphknotendissektion diskutiert. In den existierenden Leitlinien wird auch bei den prophylaktischen Gastrektomien zumindest eine D1 LK-Dissektion (unter Einschluss der Stationen 1-7) empfohlen. Insgesamt gibt es zu dieser Thematik nur wenige Publikationen mit nur kleinen Kohorten (maximal 17 operierte Patienten) aus einzelnen Zentren. Die Etablierung eines Registers mit Einschluss und wissenschaftlicher Aufarbeitung aller Fälle wäre demzufolge äußerst sinnvoll und wünschenswert.