Artikel
Off-label Anwendung von Parsireotid? – Eine Kosten-Effektivitätsanalyse von Octreotid und Pasireotid zur Prophylaxe der Pankreasfistel
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 21. April 2016 |
---|
Gliederung
Text
Hintergrund: Die Vermeidung einer postoperativen Pankreasfistel (POPF) nach Pankreasresektion durch Somatostatin-Analoga ist ein bedeutendes aber kontroverses Forschungsfeld. Die meisten Studienergebnisse liegen zu dem Somatostatin-Analogon Octreotid vor, welches laut aktuellen Meta-Analysen die POPF-Rate signikant senken kann. Vor kurzem erschienen randomisierte, placebokontrollierte Daten zu dem neuen Somatostatin-Analogon Pasireotid, welche eine potentere Prophylaxe der POPF in Aussicht stellen. Die Zielstellung der vorliegenden Studie war eine Kosten-Wirksamkeits-Analyse der beiden Somatostatin-Analoga Octreotid und Pasireotid im Rahmen ihrer Anwendung zur POPF-Prophylaxe nach Pankreasoperationen.
Methoden: Es wurde eine systematische Literaturrecherche unter Verwendung der MEDLINE-Datenbank durchgeführt. Die Selektion der eingeschlossenen Artikel erfolgte nach Kompatibilität zur ISGPF-Konsensusdefinition für POPF. Die Kosten-Wirksamkeits-Analyse erfolgte durch Berechnung des inkrementellen Kosten-Effektivitäts-Verhältnisses und eines Entscheidungsbaum-Verfahrens zur Modellierung der Wirksamkeit bezogen auf die Krankenhaus- verweildauer (VWD). Die unterschiedlichen VWD von Fällen mit und ohne POPF im Zeitraum von Januar 2013 bis März 2015 wurden aus einer prospektiv geführten Datenbank der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden erhoben.
Ergebnisse: Die systematische Literaturrecherche ergab 207 Abstracts. Nach Anwendung der Einschlusskriterien konnten sieben randomisierte, Placebo- kontrollierte Studien zur POPF-Prophylaxe eingeschlossen werden; sechs zu Octreotid (1.255 Patienten) und eine zu Pasireotid (300 Patienten). Die mediane POPF-Rate der Placebobehandlung in den sieben Studien betrug 19,6%. Das relative Risiko nach Octreotid-Prophylaxe lag bei 0,54, das von Pasireotid bei 0,45, wenn alle Schweregrade der POPF berücksichtigt wurden. Die Kosten für eine prophylaktische Behandlung betrugen für Octreotid (21 ×100μg) 249,69 Euro bei einer relativen Risikoreduktion (RRR) von 45,9% und für Pasireotid (14 ×900μg) 728,84 Euro bei einer RRR von 55,1%. Damit ergibt sich ein inkrementelles Kosten-E􏰃ektivitäts-Verhältnis (ICER) von 266,19 Euro bei Verwendung von Pasireotid. Bei 228 Pankreasresektionen betrug die mediane VWD bei Fällen ohne POPF 13 Tage versus 22 Tage bei Vorliegen einer POPF Grad A-C. Nach dem Entscheidungsbaum-Modell resultierte unter Verwendung dieser Daten die Prophylaxe mit Pasireotid in einer Verkürzung der VWD aller Fälle rechnerisch um 0,1 Tage. Die einseitige Sensitivitäts-Analyse zeigte, dass das Ergebnis gegenüber einer Veränderung der Variablen innerhalb des 95%-Konfidenzintervalls robust ist.
Konklusion: Es gibt Evidenz für eine Risikoreduktion der POPF durch die prophylaktische Verabreichung von Octreotid. Diese beträgt ca. 50%. Pasireotid verspricht nach bisher nur einer verfügbaren Studie eine nur um 1,8% stärkere Reduktion der POPF-Rate, bei Mehrkosten von 266 Euro pro Behandlungsfall. Der Kostenmehraufwand gleicht sich nicht durch eine signifikante Verkürzung der VWD nach Pasireotid-Prophylaxe aus. Ohne Zulassung für die POPF-Prophylaxe müsste Pasireotid aktuell "off-label" angewandt werden, jedoch gibt es mit Octreotid eine besser untersuchte, günstigere und nahezu gleich wirksame Alternative.