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133. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

26.04. - 29.04.2016, Berlin

Charakterisierung Morbus Crohn-assoziierter Karzinome des Darmes

Meeting Abstract

  • Serin Helena Schiessling - Klinikum Oldenburg, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Oldenburg, Deutschland
  • Oliver Drukarczyk - Universitätsklinik Heidelberg, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Heidelberg, Deutschland
  • Martina Kadmon - Klinikum Oldenburg, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Oldenburg, Deutschland
  • Felix Lasitschka - Universitätsklinik Heidelberg, Institut für Pathologie, Heidelberg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 133. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 26.-29.04.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dgch463

doi: 10.3205/16dgch463, urn:nbn:de:0183-16dgch4638

Veröffentlicht: 21. April 2016

© 2016 Schiessling et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Ob das Darmkrebsrisiko bei Patienten mit Morbus Crohn gegenüber der Normalbevölkerung erhöht ist, wird kontrovers diskutiert. Laut einer Metaanalyse aus dem Jahre 2005 scheint es für das kolorektale Karzinom (KRK) um den Faktor 2,5, erhöht zu sein. Immunhistochemische und genetische Unterschiede zwischen beiden Karzinomen sind derzeit noch nicht ausreichend untersucht.

Material und Methoden: Die Daten aller seit 2002 an der Chirurgischen Uniklinik Heidelberg operierten Patienten werden retrospektiv und prospektiv erfasst. Derzeit sind 484 Patienten mit ihrem individuellen Krankheitsverlauf bis 1990 dokumentiert, darunter 22 Patienten mit einem Crohn-assoziierten Darmtumor. Die Daten dieser Patienten wurden aus klinischer, pathologischer und genetischer (mittels Next-Generation Sequencing (NGS) und Tissue Microarrays (TMA)) Sicht analysiert und mit Daten sporadischer KRK verglichen.

Ergebnisse: Bei insgesamt 22 Patienten (4,5%) wurde ein Darmtumor diagnostiziert. 15 der Karzinome (68,2%) befanden sich in einem fortgeschrittenen Stadium (T3, T4). Bei 4 (18,2%) der Patienten war das Karzinom präoperativ nicht bekannt. In 21 Fällen (95,5%) lag ein KRK vor, in einem Fall (4,5%) ein Dünndarmkarzinom. Die häufigste Tumorlokalisation war das Rektum (11, 50%), gefolgt vom Zökum (4, 18,18%). Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Tumordiagnose betrug 46,3 Jahre. Von der Erstdiagnose der Crohnerkrankung bis zur Tumordiagnose vergingen im Schnitt 18,4 Jahre, bei den Frauen war dieser Zeitraum um durchschnittlich sechs Jahre länger als bei den Männern (p<0,0001). Die mittlere Überlebensdauer ab Primärtumorresektion belief sich auf 61,2 Monate. Die 10-Jahresüberlebensrate 26,8%. Nur sieben der Patienten blieben über einen Beobachtungszeitraum von durchschnittlich 7,52 Jahren (25-217 Monate) tumorfrei. Bei 14 Patienten konnte anhand der Präparate eine immunhistochemische Analyse (TMA) erfolgen, bei 12 gelang die Amplifikation aus zwei Tumorproben für das NGS. Die endgültige Auswertung dieser Ergebnisse ist in Arbeit und wird zum Zeitpunkt des Kongresses zur Präsentation vorliegen.

Schlussfolgerung: Das kolorektale Karzinom bei Morbus Crohn scheint im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung signifikant häufiger im Bereich von Zökum und Kolon ascendens lokalisiert zu sein (p=0,0033). Patienten mit einem Morbus Crohn erkrankten deutlich früher an einem KRK als Patienten mit einem sporadischen Tumor. Das Zeitintervall zwischen Erstdiagnose des Morbus Crohn und Karzinomdiagnose ist bei Frauen signifikant länger als bei Männern. Dieser Aspekt fand in der Literatur bisher kaum Beachtung. Crohn-assoziierte KRK scheinen eine schlechtere Prognose zu haben als sporadische KRK. Die 10-JÜR für Crohn-assoziierte Karzinome war statistisch signifikant schlechter (p=0,0024). Dies kann darin begründet sein, dass Dysplasien und Karzinome bei Morbus Crohn durch eine Maskierung der Symptomatik vergleichsweise spät diagnostiziert werden und die Diagnose auch endoskopisch durch die Entzündung nicht immer möglich ist. Die Vorsorge sollte explizit auch auf die Früherkennung Crohn-assoziierter KRK ausgerichtet sein, um das Langzeitüberleben bei dieser Patientengruppe zu verbessern. Insbesondere sollte hier auch ein Augenmerk auf das frühere Auftreten von Karzinomen nach Erstdiagnose des Morbus Crohn bei Männern berücksichtigt werden. Die immunhistologische und genetische Charakterisierung des Tumorgewebes könnte erste Hinweise auf Kandidatengene ergeben.

Tabelle 1 [Tab. 1]