gms | German Medical Science

133. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

26.04. - 29.04.2016, Berlin

Adenokarzinom des Dünndarms bei M. Crohn: die verkannte Komplikation

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • Gerhard Müller - Evangelisches Krankenhaus Kalk, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Köln, Deutschland
  • Henning Stöckmann - Evangelisches Krankenhaus Kalk, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Köln, Deutschland
  • Wolfgang Kruis - Evangelisches Krankenhaus Kalk, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Köln, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 133. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 26.-29.04.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dgch462

doi: 10.3205/16dgch462, urn:nbn:de:0183-16dgch4620

Veröffentlicht: 21. April 2016

© 2016 Müller et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Einleitung: Adenokarzinome des Dünndarms gelten als Rarität. Allerdings ist die Inzidenz bei CED um das bis zu 60-fache erhöht. (Kronberger 2006, Pan 2011)

Material und Methoden: Am Evangelischen Krankenhaus Kalk wurden von 2000 - 2014 1523 Patienten mit M. Crohn behandelt. 19 Patienten entwickelten ein crohn-assoziiertes Karzinom des Dünn- oder Dickdarmes bzw. ein Analkarzinom. Retrospektiv wurden die Krankheitsverläufe der Crohn-Patienten mit Adenocarcinom ausgewertet (n=16). Karzinome des Dünndarms und ileocökalen Übergangs (Gruppe I) wurden Colon-Karzinomen (Gruppe II) und Rektum-Karzinomen (Gruppe III) gegenübergestellt.

Ergebnisse: Die 6 Patienten der Gruppe I (m = 4, w = 2) wiesen ein Adeno-Ca des Dünndarms (n=4) oder der Ileocökalregion (n=2) auf. Ein Colon-Ca (II) fand sich in 4 Fällen (m=2, w=2), ein Rektum-Ca (III) in 6 Fällen (m=4, w=2).

Die Patienten waren bei Karzinomdiagnose im Mittel 55 Jahre alt (32 - 86). Hierbei schienen Patienten mit Dünndarm- (49 ± 12,7) und Rektum-Ca (54 ± 7,5) jünger als Patienten mit Colon-Ca (65 ± 13,2). Die mittlere Krankheitsdauer (Crohn) bis zum Nachweis des Malignoms betrug 16 ± 5,9 (I), 25 ± 16 (II) und 24 ± 6,2 (III) Jahre. Bei allen Patienten mit Dünndarmkarzinom war eine Passagestörung Indikation zur Operation (symptomatische Stenose n=4, Ileus n=2), im Colon und Rektum dagegen nur einmal. Hier führte nachgewiesene Malignität zum operativen Eingriff (II: 3/4, III: 6/6).

Präoperativ war in Gruppe I Bösartigkeit nicht vermutet oder nachgewiesen worden. Die Diagnose wurde in allen Fällen erst postoperativ gestellt. Da die Operation unter der Annahme einer benignen Stenose „bei bekanntem M.Crohn“ durchgeführt wurde, wurden onkologische Prinzipien nicht beachtet (I: 0/6), im Gegensatz zum colorektalen Karzinom (II: 3/4, III: 6/6). Bei 3/6 Patienten der Gruppe I erfolgte daher eine Nachresektion. Eine onkologisch besonders ungünstige Situation war bei Karzinomen des oberen Dünndarms (n=4) gegeben. Bei 3/4 Patienten verblieb eine lokale R1-Situation, zudem lag bei 2/4 Patienten bereits eine Fernmetastasierung vor. Insgesamt konnte nur bei 3/6 Patienten (I) eine lokale R0-Situation erreicht werden. Dagegen war ileocökal (I, 2/2), am Colon (II, 4/4) und Rektum (6/6) lokale Tumorfreiheit zu erzielen.

Schlussfolgerung: Dünndarmkarzinome bei M. Crohn sind äußerst selten. Viel häufiger kommt es im Rahmen der Grunderkrankung „bei bekanntem M. Crohn“ zu Stenosesymptomatik, so dass die seltene Differentialdiagnose Malignom nicht erwogen wird. Eine spezifische Diagnostik am Dünndarm fehlt, die bioptische Sicherung ist in der Regel nicht möglich. Auch intraoperativ sind Karzinome als solche meist nicht zu erkennen, die Diagnose wird erst durch den Pathologen gestellt. Im Einklang mit den „darmschonenden“ Leitlinien ist die Operationstechnik bei M. Crohn nicht onkologisch ausgerichtet. Eine Nachoperation zur Verbesserung der Radikalität ist kritisch zu sehen.

Bei colorektaler Karzinomerkrankung liegen in jeder Hinsicht günstigere Voraussetzungen vor: endoskopische Crohn-Surveillance, präoperative histologische Diagnose, standardisierte onkologische Resektion.

Am Dünndarm bleibt die mögliche Koinzidenz von Crohnentzündung und Adenokarzinom weiterhin eine Herausforderung.