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Hämochromatose – eine wichtige, selten frühzeitig gestellte Differentialdiagnose in der Allgemeinmedizin
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Veröffentlicht: | 17. September 2021 |
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Hintergrund: Hämochromatose ist eine genetisch bedingte autosomal-rezessive Eisenstoffwechselstörung, der ein Gendefekt im HFE-Gen zugrunde liegt. Die Homozygotenfrequenz liegt in Mitteleuropa bei 1:400. Die Penetranz wird bei Frauen auf 1% (Beginn häufig erst nach der Menopause!) und bei Männern auf bis zu 30% geschätzt, sodass insgesamt das Vollbild der Erkrankung als selten einzustufen ist. Zwischen ersten Symptomen und Diagnosestellung vergehen im Mittel 7 Jahre. Da die Symptome am Anfang vieldeutig sein können, ist es wichtig, dass man diese Erkrankung differentialdiagnostisch in Betracht zieht.
Wichtige frühe Symptome können, neben einer Erhöhung der Leberwerte unklarer Ursache, u.a. sein:
- Müdigkeit
- unklare Gelenkbeschwerden (besonders bei Befall der Grund- und Mittelgelenke des 2. und 3. Fingers und der Sprunggelenke)
- Depression, Konzentrationsstörung, starke Vergesslichkeit, Antriebsschwäche
- bei Männern: Verlust der Körperbehaarung, Abnahme der Libido, Impotenz
- bei Frauen: vorzeitige Menopause, Amenorrhoe, unregelmäßige Menses
- Osteoporose
Spätsymptome
- Diabetes (bes. bei nicht eindeutigem Typ I- oder Typ II-Diabetes)
- graubraune bzw. bronzefarbene Hauttönung
- Leberzirrhose, erhöhtes Risiko für HCC
- Herzrhythmusstörungen, Kardiomyopathie
Fragestellung: Wie wichtig ist die frühzeitige Diagnosestellung der Hämochromatose?
Methoden: Es werden 3 Fallbeispiele präsentiert, die zunächst längere Zeit als unklare Leberwerterhöhung bei Verdacht auf Alkoholabusus angesehen wurden. Diese Patienten wiesen zusätzlich orthopädische Beschwerden wie zunehmende Schmerzen im Sprunggelenk, Hüftkopfnekrose ohne angeborene Dysplasie oder zunehmende Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Hand auf.
Ergebnisse: Von entscheidender Bedeutung ist, dass jeder Arzt, insbesondere der Hausarzt, bei den o.a. Symptomen differentialdiagnostisch eine Hämochromatose erwägt und diese ggf. abklärt bzw. eine Abklärung veranlasst. Damit können langjährige ‚Patientenkarrieren’ und irreversible Organschädigungen verhindert werden.
Diskussion: Spätsymptome und Folgeerkrankungen können durch eine frühzeitige Diagnose verhindert werden.
Take Home Message für die Praxis: Differentialdiagnose Hämochromatose.
Zwischen ersten Symptomen und Diagnosestellung vergehen im Mittel 7 Jahre.
Bei unspezifischen Symptomen (s.o.) in Verbindung mit einer Transaminasenerhöhung ist auch an eine Hämochromatose zu denken.