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Attestierung von psychisch bedingter Arbeitsunfähigkeit. Ist “Gaming the System” eine Strategie für den Umgang mit grenzwertigen Fällen?
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Veröffentlicht: | 10. September 2018 |
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Hintergrund: Die Attestierung psychisch bedingter Arbeitsunfähigkeit ist eine komplexe Aufgabe und birgt viele Unsicherheiten. Orientierung bietet die Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses. Jedoch müssen auch grenzwertige und zweifelhafte Entscheidungen gegenüber den Leistungsträgern gerechtfertigt werden, denn nach einer bestimmten Dauer stehen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auf den Prüfstand der Krankenkassen.
Fragestellung: Welche Präsentationsanliegen führen zu wenig belastbaren psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen? Wie gehen Hausärzte mit den Ergebnissen von Überprüfungen und Begutachtungen um?
Methoden: Im Rahmen des DFG-geförderten Forschungsprojekts GZ HE 5524 4-1 (2015-2017) wurden 28 Hausärzte im nördlichen Sachsen-Anhalt befragt. Fallbeispiele aus den Interviews wurden mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet.
Ergebnisse: Potential für grenzwertigen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ergeben sich durch gesunde erwerbstätige Patienten in sozialen Notlagen, die keine Freistellung vom Arbeitgeber erhalten und arbeitslose Patienten, die in die Zwischenräume des gegliederten Sozialversicherungssystem geraten. Überprüfungs- und Begutachtungsergebnisse abweichend von Patientenpräferenzen und ärztlichem Urteil sind konfliktträchtig und belasten die Arzt-Patient-Beziehung. Eine gangbare Strategie ist das "Gaming the system" zum Ausloten und Nutzen aller Spielräume um akzeptable Lösungen für alle Akteure zu finden.
Diskussion: Überprüfungs- und Begutachtungsergebnisse haben weitreichende Konsequenzen für den Arzt und seinen Patienten, daher ist es notwendig, bei der Attestierung von psychisch bedingter Arbeitsunfähigkeit besondere Sorgfalt und vorrausschauendes Denken walten zu lassen. "Gaming the system" ist eine kontrovers diskutierte Strategie, die einerseits Regeln bestätigt, aber diese auch umgeht.
Take Home Message für die Praxis: Gute sozialmedizinische Kenntnisse, Verhandlungsgeschick und Konfliktbereitschaft helfen, Spielräume von Regularien zielführend zu nutzen.