Artikel
Wie bewerten Hausärzte Thromboembolie- und Blutungsrisiko von Patienten mit Vorhofflimmern bei der Entscheidung für orale Antikoagulation?
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 19. September 2016 |
---|
Gliederung
Text
Hintergrund: Das erhöhte Thromboembolierisiko bei Vorhofflimmern (VHF) kann durch orale Antikoagulationstherapie (OAK) signifikant reduziert werden. Häufiger Grund für OAK-Nichtverordnung ist ein erhöhtes Blutungsrisiko. Zur Abwägung zwischen Blutungs- und Thromboembolierisiko sollten CHA2DS2-VASC-Score und HAS-BLED-Score als klinische Entscheidungshilfen herangezogen werden.
Fragestellung: Wie werden Thromboembolie- und Blutungsrisiko bei der Therapieentscheidung bei Patienten mit VHF berücksichtigt?
Wie gut schätzen Hausärzte das individuelle Blutungsrisiko ein?
Methoden: Für diese Querschnittstudie wurden Patienten mit VHF im Zeitraum von 7/2011–6/2012 aus der Praxisdokumentation identifiziert, Daten zur Demographie, Medikation und Komorbiditäten anhand eines strukturierten Fragebogens erfasst und mit dem Arzt ergänzt. CHA2DS2-VASC- und HAS-BLED-Score wurden berechnet und verglichen.
Ergebnisse: 927 Patienten (54% Männer, Ø=75 Jahre) mit VHF wurden identifiziert. 93% (860/927) hatten eine OAK-Indikation. Davon lag bei 434 (50%) Patienten ein hohes Blutungsrisiko vor (HAS-BLED-Score≥3). Ein hoher CHA2DS2-VASC-Score war grundsätzlich mit einem erhöhten Blutungsrisiko assoziiert. Der Anteil der Patienten mit OAK betrug bei einem CHA2DS2-VASC-Score=2 53% und nahm bis zu einem CHA2DS2-VASC-Score=7 auf 75% zu. Bei einem HAS-BLED-Score≤4 entschieden sich die Hausärzte in >60% der Fälle für OAK.
Innerhalb der Patientengruppe ohne OAK lag ein HAS-BLED-Score≥3 bei 64% (154/239) der Patienten und ein erhöhtes Blutungsrisiko nach Einschätzung der behandelnden Hausärzte bei 17% (41/239) der Patienten vor (Sensitivität 80%, 95%-CI 68%-93%, Spezifität 39%, 95%-CI 32%-46%).
Diskussion: Eine individuelle Risikoabwägung durch den Hausarzt führt trotz hohem Blutungsrisiko bei gleichzeitig erhöhtem Thromboembolierisiko häufig zur OAK-Verordnung. Wurde von den behandelnden Hausärzten ein erhöhtes Blutungsrisiko angenommen, war diese Annahme in den meisten Fällen korrekt.