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49. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

17. - 19.09.2015, Bozen, Italien

Überversorgung und Quartäre Prävention im ambulanten Versorgungssektor – Eine qualitative Studie mit Hausärzten

Meeting Abstract

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  • K. Alber - Universitätsklinikum Erlangen, Allgemeinmedizinisches Institut, Erlangen, Deutschland
  • S. Schaffer - Universitätsklinikum Erlangen, Allgemeinmedizinisches Institut, Erlangen, Deutschland
  • T. Kühlein - Universitätsklinikum Erlangen, Allgemeinmedizinisches Institut, Erlangen, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 49. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Bozen, 17.-19.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15degam075

doi: 10.3205/15degam075, urn:nbn:de:0183-15degam0752

Veröffentlicht: 26. August 2015

© 2015 Alber et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Quartäre Prävention, definiert als Erkennen und Vermeiden von Überversorgung, findet zunehmend Eingang in die gesundheitswissenschaftliche Diskussion. Das Abwenden von Überdiagnostik und Übertherapie könnte eine zentrale Aufgabe des Hausarztes sein.

Fragestellung: Ziel der Untersuchung war eine Exploration des Themas „Überversorgung und Quartäre Prävention“ aus primärmedizinischer Sicht. Im Zentrum stand die Frage, welche Ursachen, Bedingungen, Handlungsstrategien und Konsequenzen diesbezüglich aus hausärztlicher Sicht vorliegen.

Methode: Im iterativen Forschungskontext der Grounded Theory wurden mittels eines semistrukturierten Leitfadens 12 qualitative Experteninterviews mit Hausärzten durchgeführt. Nach anonymisierter Transkription erfolgte die sukzessive offene und axiale Kodierung (Paradigma nach Strauss/Corbin) durch zwei unabhängige Kodierer (Forschertriangulation) bis zum Erreichen der theoretischen Sättigung. Die Auswertung wurde durch die Software RQDA unterstützt.

Ergebnisse: Die thematische Analyse der Daten zeigte, dass aus Sicht der befragten Ärzte Überversorgung durch die medizinisch-technischen Möglichkeiten, die zunehmende Fachspezialisierung, hohe Ansprüche der Patienten, monetäre Aspekte und auch Defizite in der Aus- und Weiterbildung begünstigt wird. Als wesentliche Strategien der Quartären Prävention wurden die Lotsenfunktion des Hausarztes, die Anwendung evidenzbasierter Medizin, Vertrauen des Patienten in den Hausarzt und die Berücksichtigung psychosomatischer Ursachen von Krankheit genannt. Die Konsequenzen von Überversorgung werden im Fehlen eines Zusatznutzens oder sogar Schadenspotentials für Patienten gesehen.

Diskussion: Es konnten zentrale Argumentationslinien für Überversorgung und deren Vermeidung exploriert werden. Hausärzte bewerten Überversorgung als relevantes Thema, das auch im Kontext von Fehl- und Unterversorgung zu betrachten ist.


Literatur

1.
Kühlein T, Sghedoni D, Visentin G, et al. Quartäre Prävention, eine Aufgabe für Hausärzte. PrimaryCare. 2010;10(18):350-4.
2.
Strauss A, Corbin J. Grounded Theory: Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Weinheim: Psychologie Verlags Union; 1996.