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49. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

17. - 19.09.2015, Bozen, Italien

Frauen mit unkompliziertem Harnwegsinfekt: Wer braucht ein Antibiotikum und wer kann primär symptomatisch behandelt werden?

Meeting Abstract

  • I. Gágyor - Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland
  • W. Himmel - Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland
  • E. Hummers-Pradier - Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland
  • G. Schmiemann - Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegeforschung, Bremen, Deutschland
  • J. Bleidorn - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin, Hannover, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 49. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Bozen, 17.-19.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15degam046

doi: 10.3205/15degam046, urn:nbn:de:0183-15degam0463

Veröffentlicht: 26. August 2015

© 2015 Gágyor et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: In einer randomisiert-kontrollierten Studie konnten wir zeigen, dass eine initiale symptomatische Therapie des akuten unkomplizierten Harnwegsinfektes mit Ibuprofen die Verordnungsrate von Antibiotika im Vergleich zu einer sofortigen Antibiotikatherapie erheblich reduzieren kann. In der Ibuprofengruppe erhielten die Frauen Antibiotika, wenn sie sich wegen anhaltender, zunehmender sowie wiederauftretender Beschwerden in der Praxis wieder vorgestellt haben. Die Antibiotika-Verordnungen wurden bis Tag 28 nach Studieneinschluss erhoben.

Studienfrage: Eine Subgruppenanalyse der Frauen in der Ibuprofengruppe soll zeigen, welche Faktoren eine Antibiotikatherapie bei Frauen mit einem unkomplizierten Harnwegsinfekt wahrscheinlich machen.

Methoden: Für die Analyse haben wir, soziodemographische Daten sowie Ergebnisse der Urinuntersuchungen eingeschlossen. In univariaten und multivariaten Regressionsanalysen haben wir Odds Ratios (ORs) und deren 95% Vertrauensintervalle (CI) als Effektgrößen kalkuliert.

Ergebnisse: Von 241 Frauen in der zunächst mit Ibuprofen behandelten Gruppe erhielten 75 (31%) sekundär Antibiotika zur Behandlung des akuten Harnwegsinfekts. Diese Frauen waren älter (36,3 Jahre; ±14,4 vs. 39,3; ±15) und hatten anamnestisch häufiger rekurrente Harnwegsinfekte (18,7% vs. 14,7%). Prädiktoren für eine antibiotische Therapie im adjustierten Regressionsmodell waren positive Urinkultur mit einer Keimzahl >102 cfu (OR 5,5; CI 2,01–15,18), positives Nitrit (OR 2,4; 1,17–5,07) und Erythrozyten (OR 2,9; 1,20–6,97) in der Urinstix-Untersuchung sowie mindestens deutlich häufiger Harndrang (OR 2,3; 1,03–5,28).

Diskussion: Der stärkste Prädiktor für eine antibiotische Therapie bei Frauen mit einem unkomplizierten Harnwegsinfekt war die positive Urinkultur. Zusätzlich zur Urinstix-Untersuchung auch ein ‚Point of Care Test‘ für Urinkultur könnte die Entscheidung in der Praxis, ob symptomatisch oder antibiotisch behandelt werden soll, möglicherweise sinnvoll unterstützen.


Literatur

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Gagyor I, Hummers-Pradier E, Kochen MM, Schmiemann G, Wegscheider K, Bleidorn J. Immediate versus conditional treatment of uncomplicated urinary tract infection – a randomized-controlled comparative effectiveness study in general practices. BMC Infect Dis. 2012;12:146.
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