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49. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

17. - 19.09.2015, Bozen, Italien

Sind Routinedaten der GKV für Prävalenzschätzungen geeignet? Eine Analyse der hausärztlichen Diagnosedokumentation am Beispiel Schilddrüsenerkrankungen

Meeting Abstract

  • M. Gottschall - Medizinische Fakultät der TU Dresden, Bereich Allgemeinmedizin / MK3, Dresden, Deutschland
  • C. Münch - Medizinische Fakultät der TU Dresden, Bereich Allgemeinmedizin / MK3, Dresden, Deutschland
  • G. Hübsch - Medizinische Fakultät der TU Dresden, Bereich Allgemeinmedizin / MK3, Dresden, Deutschland
  • J. Köberlein - Bergische Universität Wuppertal / Schumpeter School of Business and Economics, Bergisches Kompetenzzentrum für Gesundheitsmanagement und Public Health, Wuppertal, Deutschland
  • A. Bergmann - Medizinische Fakultät der TU Dresden, Bereich Allgemeinmedizin / MK3, Dresden, Deutschland
  • K. Voigt - Medizinische Fakultät der TU Dresden, Bereich Allgemeinmedizin / MK3, Dresden, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 49. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Bozen, 17.-19.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15degam011

doi: 10.3205/15degam011, urn:nbn:de:0183-15degam0116

Veröffentlicht: 26. August 2015

© 2015 Gottschall et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Schilddrüsenerkrankungen (SD-EK) gehören bei Hausärzten zu häufig abgerechneten Diagnosen [1]. 2012 verwies eine Studie im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes zur Kodierqualität darauf, dass bei mehr als 20% der Versicherten mit Verordnung eines SD-Medikaments eine passende Diagnose fehlte [2].

Studienfrage: Welche Qualität der Dokumentation zeigt sich bei Patienten mit SD-EK in Dresdner Hausarztpraxen? Wie häufig kommen unzureichende Kodierungen vor?

Methodik: In Lehrpraxen der TU Dresden wurden im Rahmen einer Querschnittstudie zu Patienten mit Multimedikation 1846 Krankenakten von Patienten mit mind. 2 Dauerdiagnosen sowie 2 Dauermedikamenten (DM) retrospektiv für ein randomisiertes Quartal 2012 analysiert [3]. Eine Überprüfung der Kongruenz von dokumentierten Diagnosen und Verordnungen hinsichtlich SD-EK und DM erfolgte. Unzureichende Dokumentationsqualität bestand, wenn a) trotz SD-Medikation keine Diagnose, b) keine aktualisierte Diagnose z.B. bei Z.n. OP dokumentiert war oder c) eine unspezifische Kodierung (ICD-Codes mit „nicht näher bezeichnet“) vorlag. Zur Erkennung von Prädiktoren für unzureichende Dokumentation von SD-EK wurde eine logistische Regression durchgeführt.

Ergebnisse: Die korrigierte Prävalenz von SD-EK lag in den 6 Praxen zwischen 26%–33%. Der Anteil unzureichend dokumentierter SD-Diagnosen gemessen an der Anzahl der einbezogenen SD-Patienten betrug 26,8% (n=147). Eine hohe Anzahl verordneter Medikamente war ein signifikanter Prädiktor für eine unzureichende SD-EK-Dokumentation (z.B. für 13–20 DM OR=7,4/p≤0.001 vs. Referenzkategorie 1–4 DM, R²=0,098).

Diskussion: Studien unter Nutzung von GKV-Routinedaten haben in den letzten Jahren stetig an Relevanz gewonnen. Im Rahmen der hausärztlichen Tätigkeit kommt es aber immer wieder zu unzureichend dokumentierten Diagnosen, welche die Qualität der GKV-Routinedaten beeinflussen. Prävalenzschätzungen anhand von dokumentierten Diagnosen sind für SD-EK (evtl. auch anderen Diagnosen) methodisch stark limitiert und sollten immer unter Einbezug der dokumentierten Verordnungen (Diagnosevalidierung) erfolgen.


Literatur

1.
Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland. Die 50 häufigsten ICD-10-Schlüsselnummern nach Fachgruppen aus dem ADT-Panel des Zentralinstituts. Jahr 2013. Berlin; 2014. Verfügbar unter: http://www.zi.de/cms/fileadmin/images/content/PDFs_alle/Die_50_h%C3%A4ufigsten_ICD-2013.pdf Externer Link
2.
IGES Institut GmbH. Bewertung der Kodierqualität von vertragsärztlichen Diagnosen. Eine Studie im Auftrag des GKV-Spitzenverbands in Kooperation mit der BARMER GEK. Berlin; 2012.
3.
Köberlein J, Gottschall M, Czarnecki K, Thomas A, Bergmann A, Voigt K. General practitioners’ views on polypharmacy and its consequences for patient health care. BMC Fam Pract. 2013 Aug 15;14:119. DOI: 10.1186/1471-2296-14-119 Externer Link