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Die operative Versorgung der proximalen Femurfraktur bei einer Demenzerkankung. Darf die Operation zeitlich aufgeschoben werden?
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Veröffentlicht: | 24. Juni 2022 |
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Fragestellung: Die Leitlinien empfehlen die operative Versorgung der proximalen Femurfraktur (PF) innerhalb von 24 Std. nach Aufnahme. Bei einer dementiellen Erkrankung bedarf es jedoch wiederholt der Einholung einer rechtlichen Einwilligung mit hieraus verzögerter Versorgung. Primäres Ziel der retrospektiven Studie war die Erfassung der operativen Revisions- sowie der Letalitätsrate innerhalb von 1 Jahr postoperativ bei einer operativen Versorgung der Fraktur von innerhalb 24 Std. versus einer verzögerten Versorgung von >24 Std. bis max. 72 Std. nach Aufnahme.
Methodik: Basierend auf unserer monozentrischen Datenbank (2006–2020) mit total n=3835 operativ versorgten PF wurden für diese Studie alle Patienten mit einem Mindestalter von 65 Jahren sowie dementieller Erkrankung eingeschlossen. Die operative Versorgung musste zudem innerhalb von 72 Std. nach Aufnahme in der Notaufnahme bzw. Diagnosestellung erfolgen. Die Datenbank beinhaltet deskriptive sowie multiple perioperative Variablen einschl. Revisionen, Komplikationen und das Versterbedatum bei einem Follow-up von exakt 1 Jahr postoperativ. Für alle Patienten sind diverse Nebenerkrankungen dichotom (1=ja, 0=nein) dokumentiert, hierin auch dementielle Erkrankung. Die zeitliche Zuführung zur Operation ist minuziös hinterlegt.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Insgesamt 1.014 Patienten mit 1.014 PF und einer dementiellen Erkrankung wurden eingeschlossen. Die Prävalenzrate betrug 29,9%. Das mittlere Lebensalter betrug 85,1 Jahre (65–101). Hierin 643 Patienten welche innerhalb von 24 Std., sowie 371 Patienten welche >24 bis max. 72 Std. der Operation zugeführt wurden. Insgesamt 20 Variablen wurden erhoben, wobei lediglich der Nachweis von Vorhofflimmern mit Marcumartherapie sowie die Schenkelhalsfraktur mit der Notwendigkeit einer Endoprothese mit einer signifikant späteren Zuführung zur Operation einhergingen. Alle weiteren Variablen blieben zwischen beiden Gruppen ohne Signifikanz. Bei den Zielkriterien betrug die operative Revisionsrate 11,7%, sowie die 30 Tages- und Ein-Jahres-Letalitätsrate 12,2% bzw. 39,5%, jeweils ohne signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen. Eine verkürzte stationäre Verweildauer war die einzige Variable zugunsten der früheren operativen Zuführung.
Schlussfolgerung: Die zeitliche Aufschiebung der operativen Versorgung einer PF, z.B. zur Einholung einer rechtlichen Einwilligung, geht bei dementiellen Patienten und einer Verzögerung von bis zu max. 72 Std. versus innerhalb von 24 Std. nicht mit einer höheren Revisionsrate oder höheren Letalitätsrate einher. Aus ärztlicher Sicht kann deshalb in diesem Zeitrahmen die rechtliche Zustimmung zur Operation abgewartet werden.