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53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

15. bis 18.09.2008, Stuttgart

IT-gestützte interdisziplinäre Prostatakarzinomkonferenz

Meeting Abstract

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  • Bernhard Breil - Institut für Medizinische Informatik und Biomathematik Münster, Münster, Deutschland
  • M. Dugas - Institut für Medizinische Informatik und Biomathematik Münster, Münster, Deutschland
  • P. Haas - Medizinische Informatik, Fachhochschule Dortmund, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds). Stuttgart, 15.-19.09.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. DocSTUD2-1

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Published: September 10, 2008

© 2008 Breil et al.
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Einleitung und Fragestellung

Das 2007 gegründete Comprehensive Cancer Center des Universitätsklinikums Münster (UKM) strebt eine interdisziplinäre Vernetzung und ein übergreifendes onkologisches Qualitätsmanagement im Bereich der Tumormedizin an. Ausgangspunkt der Bestrebungen ist die Tatsache, dass nur wenige Prozesse der Tumorbehandlung in die bestehenden IT-Anwendungen des UKM eingebunden sind und die Tumordokumentation in den meisten Fachbereichen daher noch papierbasiert stattfindet. Dies ist sowohl für die anstehende KTQ–Zertifizierung als auch für eine effektive und qualitätsgesicherte Behandlung und Besprechung nicht ausreichend. Um die Tumorkonferenzen durch IT-Einsatz zu optimieren, wurde auf Basis einer umfassenden Prozess- und Dokumentationsanalyse ein Konzept erstellt, mittels dessen Umsetzung bestehende Probleme verringert und die Nutzung für nachgeordnete Verwendungszwecke wie Auswertung und Übermittlung der Daten z.B. an das Krebsregister verbessert wird. Sodann wurde dieses Konzept exemplarisch am Beispiel der Prostatakonferenz im Krankenhausinformationssystem ORBIS® umgesetzt.

Material und Methoden

Für die Entwicklung eines Gesamtkonzeptes wurde ein schrittweises Vorgehen gewählt. In einer Systemanalyse wurden die Konferenzen auf beteiligte Kommunikationspartner, eingesetzte Formulare und Handlungsabläufe untersucht. Als Informationsbeschaffung dienten die Beobachtung von Strukturen und Prozessen, eine Formularanalyse sowie Interviews mit den beteiligten Ärzten. Für die Modellierung der Abläufe in den Tumorboards kam die Methode der erweiterten ereignisgesteuertern Prozessketten (eEPK) zum Einsatz, deren übersichtliche Darstellung es den Ärzten ermöglichte, die Analyseergebnisse zu verifizieren. Für eine anschließende Systembewertung wurde die SWOT Methode eingesetzt, um neben Stark- und Schwachstellen neue Möglichkeiten und Risiken der momentanen Situation darzustellen. Grundlage für die dort aufgestellten Bewertungskriterien sind die Erfahrungen der Ärzte sowie der Vergleich mit der Vorversion des ORBIS® Moduls zur onkologischen Basisdokumentation (ODOK). Bei der Systemspezifikation wurden diese Ergebnisse mit den Anforderungen des epidemiologischen Krebsregisters Nordrhein-Westfalen und den Arbeiten der Ärztekammer Westfalen-Lippe mit der Bundesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung (BQS) zur Tumordokumentation abgeglichen, ehe exemplarisch für die Prostatakarzinomkonferenz Dokumentationsformulare entwickelt wurden.

Ergebnisse

In einer umfangreichen Analyse der Tumorkonferenzen wurde deutlich, dass bisher kein einheitliches Konzept für die Dokumentation von Tumordaten vorliegt – auch nicht für die Ergebnisse der Tumorkonferenzen. Auffällig war dabei, dass das Krankenhausinformationssystem ORBIS®, das im gesamten UKM verfügbar ist, für die Tumordokumentation nicht genutzt wurde und stattdessen die Kommunikation über Papierformulare und Faxgeräte abgewickelt wurde. Darüber hinaus standen umfangreiche Spezifikationen zu einer qualitätsgesicherten Tumordokumentation vom Krebsregister und der Ärztekammer zur Verfügung, die im Krankenhausinformationssystem noch nicht umgesetzt waren. Am Beispiel der Prostatakonferenz konnte gezeigt werden, dass eine standardisierte KIS-integrierte Dokumentation die Prozesse vereinfacht, beschleunigt und zudem die Anforderungen nach Verfügbarkeit und Datenschutz erfüllt. Als Fazit kann gezogen werden, dass eine IT-Unterstützung von Tumorkonferenzen bereits im Vorfeld bei der medizinischen Dokumentation beginnen muss. Nur wenn die am Behandlungsprozess orientierte Dokumentation den Anforderungen für nachgeordnete Verwendungszwecke genügt, kann eine Doppelerfassung vermieden und der gesamte Prozess vereinfacht werden.

Diskussion

Es konnte gezeigt werden, dass viele der Anforderungen für eine Verbesserung der Tumordokumentation berechtigt sind und dass eine IT-gestützte strukturierte Dokumentation vorteilhaft ist. Darüber hinaus zeigte sich, dass die Anforderungen an Datenhaltung und Inhalt teilweise im Widerspruch stehen. Auf technischer Ebene bestehen Unterschiede zwischen dem BQS-Format, den XML Daten für das Krebsregister sowie den verwendeten Datentypen im Krankenhausinformationssystem. Inhaltlich muss bei entsprechenden Projekten daher besonders intensiv geklärt werden, welche Attribute für eine qualitätsgesicherte standardisierte Dokumentation nötig sind, da die Spezifikationen an vielen Stellen weit über die übliche und notwendige Dokumentation der Ärzte im Krankenhaus hinaus gehen. Die bisherigen Implementierungen betreffen vor allem das Prostatazentrum und die Urologie und stellen einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer elektronischen Tumordokumentation dar. Für das weitere Vorgehen ist geplant, die strukturierte Dokumentation im Rahmen der Prostatakonferenz für erste Auswertungen zu nutzen und einen möglichen Datenexport zu analysieren. Um die gezeigten Vorteile auch in anderen Fachabteilungen zu nutzen, müssen weitere Formulare realisiert werden.


Literatur

1.
Ammenwerth E, Haux R u.a. IT-Projektmanagement in Krankenhaus und Gesundheitswesen - Einführendes Lehrbuch und Projektleitfaden für das taktische Management von Informationssystemen. Stuttgart: Schattauer-Verlag; 2005.
2.
Ärztekammer Westfalen-Lippe und Bundesgeschäftstelle für Qualitätssicherung. Technische Dokumentation zur Spezifikation für Tumordokumentation. Münster; 2008.
3.
Haas P. Medizinische Informationssysteme und Elektronische Krankenakten. Heidelberg: Springer; 2005.