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Kongress Medizin und Gesellschaft 2007

17. bis 21.09.2007, Augsburg

Soziale Ungleichheit in der Gesundheitsversorgung. Der Einfluss sozialer Faktoren auf das Leistungsgeschehen im deutschen Gesundheitswesen

Meeting Abstract

  • Martina Lukas-Nülle - Universität Bielefeld, Osnabrück
  • Michaela Brause - Universität Bielefeld, Bielefeld
  • Thomas Hehlmann - Universität Bielefeld, Bielefeld
  • Anja Kamche - Bundestagsfraktion der Grünen, Berlin
  • Anja Langness - Bertelsmann-Stiftung, Gütersloh
  • Meike Lierse - Universität Bielefeld, Bielefeld
  • Livia Ryl - Universität Bielefeld, Bielefeld
  • Karin Tiesmeyer - Universität Bielefeld, Bielefeld

Kongress Medizin und Gesellschaft 2007. Augsburg, 17.-21.09.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07gmds618

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2007/07gmds618.shtml

Published: September 6, 2007

© 2007 Lukas-Nülle et al.
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Hintergrund: Soziale Ungleichheit in der gesundheitlichen Versorgung ist ein vernachlässigtes Thema. Während die differierende Verteilung von Risikofaktoren, Morbidität und Mortalität in verschiedenen sozialen Gruppen als vergleichsweise gut erforscht gilt, gibt es derzeit kaum wissenschaftliche Erkenntnisse über den Einfluss sozialer Faktoren auf die Leistungserbringung in der Gesundheitsversorgung. Bisher wurde mehr oder weniger stillschweigend davon ausgegangen, dass in Deutschland, mit bis zu 99% Krankenversicherten, soziale Ungleichheit keine, oder wenn überhaupt, eine geringe Rolle in der gesundheitlichen Versorgung spielt. Tatsächlich aber bleiben vielen Fragen in Bezug auf die gleich(wertig)e Behandlung offen.

Methoden: Die Bearbeitung der übergeordneten Thematik umfasst acht wissenschaftliche Arbeiten mit unterschiedlichen qualitativen und quantitativen Methoden. Das Ziel dieser Herangehensweise ist ein möglichst umfassender Erkenntnisgewinn zu der noch relativ unbekannten Materie anhand eines breiten Spektrums viel-seitiger Fragestellungen. Diese befassen sich mit den Bereichen Kommunikation in der Onkologie, kardiologische Versorgung, Einführung neuer Vergütungsfor-men im Gesundheitssystem, chronischer Schmerz, Früherkennungsuntersu-chungen und komplexer Medikamentenregime. Diese Themenkomplexe lassen sich trotz (oder wegen) ihrer Unterschiedlichkeit auf das gemeinsame Thema beziehen und zeigen bemerkenswerte Übereinstimmungen im Ergebnis.

Bisherige Ergebnisse: Leistungsangebote innerhalb des Gesundheitswesens sind theoretisch vielfach nicht hinreichend fundiert und soziale Einflüsse nicht bedacht, so dass differen-zierte Adressatenbetrachtungen häufig fehlen. Sozial benachteiligte Personen erfahren psychische, soziale und strukturelle Barrieren bzgl. der Inanspruchnahme verschiedener Leistungen (z.B. Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9, Schmerzbezogene Behandlungen). Eine wesentliche Rolle insbesondere beim Wissen über die Krankheit und die Versorgung sowie den Umgang mit Medikamenten spielen dabei der Bildungsstatus und das Haushaltsnettoeinkommen. Strukturelle Merkmale (z.B. Art, Volumen, Leistungsspektrum der Versorgungseinrichtungen) zeigen einen Einfluss auf die Verteilung der Personen bzgl. Ihrer Schichtzugehörigkeit und der Angemessenheitsrate der Indikation.

Schlussfolgerungen: Eine auf den ersten Blick erstrebenswerte gleiche Versorgung muss nicht zwin-gend zur Verringerung sozialer Ungleichheiten beitragen. Insgesamt bestätigen die Ergebnisse eher, dass unterschiedliche Personengruppen auch unterschiedli-che Versorgungsansätze und Interventionen benötigen. Das Leistungsgeschehen sollte demnach stärker als bisher soziale Einflüsse in den Fokus der Betrachtung einbeziehen und damit vor allem auf die Bedarfe und Bedürfnisse sozial benach-teiligte Personen ausgerichtet sein.

In einem Forum sollen mehrere Arbeiten vorgestellt und im Kontext der sozialen Ungleichheit im Versorgungsgeschehen diskutiert werden.

Moderation: Prof.Dr. Doris Schaeffer, Meike Lierse