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Zum Zusammenhang zwischen quantitativer Arbeitsbelastung und psychischem Befinden: Welche Rolle spielt die Expositionseinschätzung?
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Published: | September 6, 2007 |
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Einleitung / Hintergrund: Studien zum psychischen Befinden und zur Frühpensionierung rückten in den letzten Jahren die Lehrer in der Bundesrepublik in das Zentrum der Aufmerksamkeit. Epidemiologische Fall-Kontroll-Studien oder Kohortenstudien zur Ätiologie psychischer Fehlbeanspruchung in dieser Berufsgruppe liegen nicht vor. Einige empirische Befunde verweisen jedoch auf Assoziationen zwischen Stressoren wie quantitativer Arbeitsbelastung (Arbeitszeit, Klassengröße), Anzahl der Schüler mit Verhaltensauffälligkeiten, Lärm und Indikatoren psychischen Befindens. Bei diesen Befunden wird jedoch die Befragungsmethodik wenig hinterfragt. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Arbeitszeit und psychischen Befinden, wenn die Expositionseinschätzung auf die Erfassung quantitativer Aspekte fokussiert?
Material und Methoden: Im Rahmen des Präventionsprogramms LANGE LEHREN wurde in sieben Schulbezirken Sachsens in einer zweistufigen Stichprobenziehung eine Clusterstichprobe von 182 Schulen und 1074 Lehrern für eine nachfolgende Interventionsstudie gewonnen. Im Rahmen der Ersterhebung wurden die Lehrer detailliert nach quantitativen Aspekten der Arbeitszeit, zum subjektiv wahrgenommenen Arbeitsaufwand (ERI, Subskala Effort) und nach psychischem Befinden mittels der Skalen GHQ-12 und MBI-D befragt. Ausgangspunkt der aktuellen Analysen sind 923 Lehrerinnen aus dem Querschnitt mittels linearer gemischter Modelle. Gegenstand der Regressionsanalysen ist die Assoziation zwischen Arbeitszeit, wahrgenommenem Aufwand und psychischem Befinden unter Berücksichtigung des Clustereffekts und der festen Kovariaten Alter, Schultyp und Klassengröße.
Ergebnisse: Die Werte der Intracluster-Korrelationen (ICC) liegt jeweils in allen Analysen unter ICC =.08. Unter Berücksichtigung der Hintergrundvariablen liegt ein schwach positiver Zusammenhang zwischen der detailliert erfassten Arbeitszeit und GHQ-12 vor, der nach Einbeziehung des wahrgenommenen Arbeitsaufwandes nicht mehr signifikant ist.
Diskussion / Schlussfolgerungen: Prima facie liegt ein positiver linearer Zusammenhang zwischen detailliert erfasster Arbeitszeit und psychischem Befinden vor, der jedoch nach Herauspartialisierung des wahrgenommenen Aufwandes nicht mehr zufallskritisch abgesichert ist. Im Licht dieser Befunde sind Zusammenhänge zwischen Arbeitszeit und psychischem Befinden kritischer zu hinterfragen, wenn mögliche Einflüsse der subjektiven Wahrnehmung bei der Arbeitszeiterfassung nicht berücksichtigt werden.