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Sex- und Gender-Aspekte bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD)
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Published: | September 6, 2007 |
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Hintergrund: COPD zeigt sich hinsichtlich Verteilung und Ausprägung geschlechterunterschiedlich. Diese Geschlechterunterschiede lassen sich (1) auf physiologische Vorgänge zurückführen (sex-based). (2) Lebensstil-assoziierte Risikofaktoren bei der Krankheitsentstehung sind gekoppelt an die Geschlechterrolle (gender-based).
Material und Methodik: Die Daten basieren auf einer selektiven Literaturrecherche in pneumologischen Fachzeitschriften ab 2000 unter Verwendung der Schlüsselwörter Sex, Gender und COPD. Die Rechercheergebnisse werden den Routinedaten der Gmünder Ersatzkasse (GEK) von 1,4 Mio. Versicherten aus dem Jahre 2004 gegenübergestellt. Die Leistungsinanspruchnahmedaten aus der ambulanten ärztlichen Versorgung beinhalten die Diagnosehäufigkeit von COPD sowie die Verschreibungsfrequenz von COPD-unspezifisch antiobstruktiven bzw. antiinflammatorischen und COPD-spezifischen Medikamenten.
Dargestellt werden der aktuelle epidemiologische Forschungsstand mit besonderem Fokus auf Alters- und Geschlechtsabhängigkeit, die Aspekte einer geschlechtsspezifischen Ätiologie, der Grad der Übereinstimmung mit Leistungsdaten aus der ambulanten ärztlichen Versorgung sowie die geschlechtsdivergenten bzw. -konvergenten Krankheitskosten.
Ergebnisse: COPD hat bezüglich Prävalenz und Ausprägung einen starken Bezug zu Alter und Geschlecht. Die Assoziation ist über die Altersgruppen hinweg dynamisch. Während der beiden Häufigkeitsgipfel im frühen Kleinkindalter und späten Erwachsenenalter überwiegt der Anteil männlicher COPD-Patienten. Im mittleren Erwachsenenalter wird COPD bei Frauen etwas häufiger diagnostiziert. Dazu tragen zum einen das biologische Geschlecht (Frauen: erhöhte Vulnerabilität bei dosisgleicher Noxenexposition) und die genetische Disposition bei. Zum anderen ist das Auftreten vom Rauchverhalten (Männer: höherer Tabakkonsum) und von der Schichtzugehörigkeit abhängig.
Für die Krankheitswahrnehmung und das Krankheitsmanagement ist die Geschlechteridentität von Bedeutung. Geschlechterstereotypien wiederum zeichnen für die Unterdiagnostik bei Frauen durch die Ärzteschaft mitverantwortlich (Gender Bias).
Prävalenzbezogene Geschlechterunterschiede sowie -gemeinsamkeiten spiegeln sich bei den Leistungsinanspruchnahmedaten der GEK in der Verschreibungshäufigkeit COPD-spezifischer Medikamente wider.
Schlussfolgerungen: Die Sex- und Genderperspektive ist relevant bei der Betrachtung prävenierbarer Atemwegserkrankungen wie COPD. Sie ist Voraussetzung für das Verständnis von objektiver Krankheitslast und subjektiver Krankheitsschwere. GKV-Routinedaten können zur Analyse des differenziellen Versorgungsgeschehens bei COPD-betroffenen Frauen und Männern herangezogen werden.