gms | German Medical Science

51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (gmds)

10. - 14.09.2006, Leipzig

Body Mass Index und Selbsteinschätzung des Gesundheitszustands - Ergebnisse aus dem MONICA/KORA-Projekt Augsburg

Meeting Abstract

  • Christina Holzapfel - GSF-Institut für Epidemiologie, Neuherberg
  • Georg Karg - Institut für Wirtschaftslehre des Haushalts, Freising
  • Karl-Heinz Ladwig - GSF-Institut für Epidemiologie, Neuherberg
  • Angela Döring - GSF-Institut für Epidemiologie, Neuherberg

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (gmds). 51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Leipzig, 10.-14.09.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06gmds158

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2006/06gmds375.shtml

Published: September 1, 2006

© 2006 Holzapfel et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.


Outline

Text

Einleitung und Fragestellung

Übergewicht und Adipositas steigen weltweit rapide an. Im MONICA-Projekt Augsburg zeigte sich für 25-69-Jährige im Zeitraum von 1984/85 bis 1994/95 ein Anstieg der Prävalenz für Adipositas von 16,7% auf 18,2% bei Männern und von 15,5% auf 18,6% bei Frauen [1]. 1999/2001 lag die Prävalenz für Adipositas in Augsburg bei 19,5% für Männer und bei 20,9% für Frauen. Eine Assoziation zwischen Adipositas und einer erhöhten Mortalität ist bekannt. Des Weiteren gibt es einen Zusammenhang zwischen der Selbsteinschätzung des Gesundheitszustands (SEG) und der Mortalität. Personen, die ihre Gesundheit im Vergleich zu Gleichaltrigen als schlechter beurteilen, haben ein dreifach höheres Mortalitätsrisiko gegenüber denen, die ihre Gesundheit als besser einschätzen [2]. Über die Beziehung zwischen der SEG und dem BMI ist allerdings wenig bekannt. Ziel dieser Studie war es, die Beziehung zwischen SEG und BMI in einer bevölkerungsrepräsentativen Stichprobe zu analysieren.

Methodik

Im MONICA/KORA-Projekt wurde 1994/95 eine Querschnittsstudie mit 4 856 Personen im Alter zwischen 25 und 74 Jahren in der Region Augsburg durchgeführt (Beteiligung 75%). Mittels eines standardisierten Interviews und medizinischer Untersuchungen wurden soziodemographische Daten (Alter, Ausbildung), Lebensstilfaktoren (Rauchverhalten, Alkoholkonsum, sportliche Betätigung, Gewichtsabnahmeversuch, Ernährungsweise usw.), SEG, Erkrankungen, die mit Übergewicht assoziiert sind (Diabetes, Schlaganfall, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gelenkerkrankungen), sowie medizinische Parameter (anthropometrische Messungen) erhoben. Der subjektive Gesundheitszustand wurde mit folgender Frage erfasst: „Wie würden Sie Ihre gegenwärtige körperliche Verfassung einschätzen – sehr gut, gut, weniger gut, schlecht?“ Für die statistische Auswertung wurden die vier Kategorien zu den beiden Gruppen „sehr gut/gut“ und „weniger gut/schlecht“ zusammengefasst. Die Assoziation von SEG und BMI-Kategorien wurde mittels logistischer Regression (PROC LOGISTIC) unter Kontrolle auf soziodemographische Daten, Lebensstilfaktoren und Gesundheitszustand untersucht. P-Werte <0,05 galten als statistisch signifikant, Odds Ratios (OR) wurden mit 95%-Konfidenzintervallen (KI) angegeben. Die Daten wurden mit dem Softwareprogramm SAS (Version 8.2) statistisch ausgewertet.

Ergebnisse

Ungefähr 20% der Männer wie auch der Frauen sind nach Definition der WHO adipös. Gegenüber normalgewichtigen (BMI: 20,0-24,9 kg/m2) schätzen adipöse Frauen (BMI: ≥ 30,0 kg/m2) ihre Gesundheit häufiger als weniger gut/schlecht ein (OR nach Alter adjustiert=1,78; KI=1,33-2,38) (Abb. 1 [Abb. 1]). Die Einbeziehung der Parameter Rauchen, Ernährungsweise und Gelenkerkrankungen führt zu keiner Abschwächung der Beziehung zwischen SEG und BMI. Die Aufnahme der Lebensstilfaktoren in das Regressionsmodell vermindert die OR auf 1,33 (KI= 0,97-1,83). Die Kontrolle auf Gewichtsabnahmeversuch in den letzten zwölf Monaten reduziert die OR für eine negative SEG innerhalb der Lebensstilfaktoren am stärksten (OR=1,59; KI=1,17-2,15). Da die Schulbildung und der Gesundheitszustand die OR jeweils nur auf 1,65 reduzieren, gelten die Lebensstilfaktoren als stärkste Confounder. Auch nach der Adjustierung auf alle Faktoren bleibt die Tendenz erhalten, dass mit steigendem BMI die OR für eine weniger gute/schlechte SEG zunimmt, auch wenn sie nicht mehr statistisch signifikant ist (OR=1,21; KI=0,87-1,69). Bei Männern gibt es zwischen BMI und negativer SEG keinen signifikanten Zusammenhang (Abb. 2 [Abb. 2]).

Diskussion

Da eine weniger gute/schlechte SEG nur bei Frauen mit einem hohen BMI korreliert ist, bleibt zu klären, weshalb adipöse Männer sich nicht gesundheitlich eingeschränkt fühlen. Als mögliche Erklärung kann die geschlechtsspezifische gesundheitliche Grundeinstellung bzw. das Selbstkonzept angesehen werden. Mit dem Begriff „Gesundheit“ verbinden Frauen nicht nur gesundheitliche Parameter, sondern auch soziale Faktoren, die sich oft negativ auf das Gesundheitsempfinden auswirken, wohingegen bei Männern vor allem ernsthafte Erkrankungen mit einer negativen SEG korrelieren [3]. Da eine negative SEG mit einem hohen BMI korreliert ist (bei Frauen) und die SEG ein Prädiktor für Mortalität ist, sollte man in zukünftigen Studien die SEG in die Untersuchungen einbeziehen. Es bleibt auch zu klären, ob übergewichtige Frauen mit negativer SEG ein erhöhtes Mortalitätsrisiko aufweisen. Wenn ja, könnte man gezielte Präventionsstrategien für diese Gruppe entwickeln.


Literatur

1.
Hense HW, Filipiak B, Döring A, Stieber J, Liese AD, Keil U. Ten-year trends of cardiovascular risk factors in the MONICA Augsburg Region in Southern Germany. Results from the 1984/1985, 1989/1990, and 1994/1995 surveys. CVD Prevention 1998; 4: 318-327
2.
Heidrich J, Liese AD, Löwel H, Keil U. Self-rated health and ist relation to all-cause and cardiovascular mortality in Southern Germany. Results from the MONICA Augsburg cohort study 1984-1995. Ann Epidemiol 2002; 12: 338-345
3.
Benyamini Y, Leventhal EA, Leventhal H. Gender differences in processing information for making self-assessments of health. Psychosom Med 2000; 62: 354-364