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51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (gmds)

10. - 14.09.2006, Leipzig

Eine Taxonomie von Bewertungskriterien zur Evaluierung von Krankenhausinformationssystemen

Meeting Abstract

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  • Gudrun Hübner-Bloder - UMIT - Private Universität für Gesundheitswissenschaften und Medizinische Informatik und Technik, Hall in Tirol
  • Elske Ammenwerth - UMIT - Private Universität für Gesundheitswissenschaften und Medizinische Informatik und Technik, Hall in Tirol

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (gmds). 51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Leipzig, 10.-14.09.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06gmds371

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Published: September 1, 2006

© 2006 Hübner-Bloder et al.
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Einleitung und Fragestellung

Die zentralen Aufgaben von Krankenhausinformationssystemen (KIS) sind die Unterstützung einer optimalen Patientenversorgung, einer effizienten Verwaltung und der wirtschaftlichen Betriebsführung. Ein KIS soll die Informationslogistik in einem Krankenhaus dahingehend unterstützen, dass die richtige Information - das richtige Wissen - zum richtigen Zeitpunkt - am richtigen Ort - den richtigen Personen - in der richtigen Form zur Verfügung gestellt wird. Das Informationsmanagement eines KIS hat zur Aufgabe das Krankenhausinformationssystem zu planen, die Weiterentwicklung zur steuern und den laufenden Betrieb zu überwachen (Regelkreis des Managements) [1]. Aufgrund der stetig zunehmenden Bedeutung effizienter Informationssysteme wird ein systematisches Informationsmanagement inzwischen als eine zentrale Unternehmensaufgabe angesehen. Die äußerst komplexen Prozesse im Gesundheitswesen, und vor allem die patientenorientierten Prozesse die sehr informations- und kommunikationsintensiv sind, müssen analysiert, gesteuert und kontinuierlich neuen Anforderungen angepasst werden. Eine Bewertung des Ist-Zustandes des KIS ist Voraussetzung für die Steuerung des Informationssystems. In der Regel erfolgt die Bewertung des KIS oft wenig systematisch und ist geprägt durch subjektive Einflüsse. Die Bewertung eines KIS ist sehr komplex, da ein KIS als ein sozio-technisches Teilsystem eines Krankenhauses verstanden wird, das die gesamte informationsverarbeitenden Aktivitäten und die an ihnen beteiligten menschlichen und technischen Handlungsträger in ihrer informationsspeichernde Rolle umfasst [2]. Um die Bewertung eines KIS aus der Sicht des strategischen Informationsmanagements vornehmen zu können, bedarf es eines Systems von qualitativen und quantitativen Bewertungskriterien in Bezug auf die Eignung des Informationssystems zur Unterstützung der klinischen, patientenorientierten Prozesse für ein KIS. Mit Hilfe dieses Systems kann beurteilt werden, wie gut, mangelhaft oder schlecht ein Informationssystem seine Unternehmensaufgaben erfüllt.

Die Bewertung der Patientenversorgung wird nach Donabedian in die Strukturqualität, Prozessqualität und Ergebnisqualität unterteilt [3]. Dieser Ansatz kann auch auf Krankenhausinformationssysteme angewandt werden, wobei die Strukturqualität sich auf die Qualität der Werkzeuge und die Integration der verschiedenen Informationstechnologien sowie die Verfügbarkeit von technischen und menschlichen Ressourcen bezieht. Bei der Prozessqualität wird die Qualität der informationsverarbeitenden Prozesse betrachtet. Ob die Ziele der Informationsverarbeitung in einem Krankenhaus erreicht werden kann anhand der Ergebnisqualität eines Informationssystems beschrieben werden [4], [5]. Es existieren einige Ansätze von Kriterien wie z. B. die Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organizations (JCAHO) [6], die die Qualität eines Informationssystems bewerten. Diese Kriterien sind in der Regel meist recht allgemein gehalten, als dass man diese direkt für das gesamte Krankenhaus gültig empirisch überprüfen könnte [7]. Es gibt keine Taxonomie von Bewertungskriterien, die es dem Informationsmanagment ermöglicht, das KIS auf die Qualität der Erfüllung seiner Aufgaben zu überprüfen.

Ziel dieser Arbeit ist die Erarbeitung einer Taxonomie von Bewertungskriterien zur Bewertung von Krankenhausinformationssystemen, um das Informationsmanagement bei der strategischen IT-Bewertung zu unterstützen.

Methoden

Für die Erhebung der Bewertungskriterien für ein KIS haben wir uns für ein schrittweises Vorgehen mit folgenden Methoden entschlossen.

1.
Literaturanalyse: Analyse der Literatur zum Thema Qualität und Bewertung von Informationssystemen, z.B. aus den Bereichen Medizinische Informatik, Wirtschaftsinformatik, Qualitätsmanagement etc.
2.
Mündliche Befragung: Durchführung von teilstandardisierte Interviews mit einem Leiter des Informationsmanagement sowie einige Gruppeninterviews mit IT-Verantwortlichen in einem Krankenhaus. Diese Art der Befragung ermöglicht eine erste Orientierung über Informationen und Meinungen zu einem Thema [8].
3.
Schriftliche Befragung: Basierend auf den Erkenntnissen der mündlichen Befragung werden wir eine schriftliche Befragung mittels der Delphi-Methode durchführen. Bei dieser speziellen Form der Befragung ist das Ziel durch iterative, anonymisierter Rückmeldung der Ergebnisse einer Befragung von Experten schrittweise zu einer Meinungsüberstimmung in der Expertengruppe zu gelangen. Diese Methode zielt darauf ab das Wissenspotenzial der befragten ExpertInnen weitgehend zu nutzen. Ein Vorteil diese Methode ist auch die Vermeidung von Einflüssen psychologischer bzw. situativer Faktoren wie Überredung, Abneigung und auch der mitreißende Einfluss einer Mehrheitsmeinung kann damit verhindert werden. Auf Basis der Resultate der ersten Befragung wird ein neuer Fragenkatalog ausgearbeitet und den Experten erneut übermittelt. Zusätzlich werden die Experten über die Standpunkte und Lösungsbeiträge aller anderen ExpertInnen informiert, so dass jedes Mitglied die Möglichkeit erhält seine Beiträge nach Kenntnisnahme der Antworten seiner KollegInnen gewissermaßen aus einer höheren Warte zu überarbeiten bzw. auch zu korrigieren [8], [9], [10].

Ergebnisse

Die Literaturanalyse zum Thema Qualität und Bewertung von Informationssystemen ist bereits abgeschlossen, und derzeit arbeiten wir an Punkt 2 den mündlichen Befragungen. Die Informationen der sorgfältige Literaturanalyse sowie der mündlichen Befragungen werden genutzt um ein grobes Grundgerüst von Bewertungskriterien zusammenzustellen. Basierend darauf wird die schriftliche Befragung mittels der Delphi-Methode vorbereitet und durchgeführt. Die Erkenntnisse der Literaturanalyse sowie der mündlichen und schriftlichen Befragungen werden unsere Grundlage zur Erstellung der Taxonomie von Bewertungskriterien für ein KIS sein. Diese Bewertungskriterien können als „Screening-Kriterien“ dienen, um die wesentlichen Aspekte der Qualität eines KIS zu bewerten und damit dem strategischen Informationsmanagement eine gezielte Steuerung des KIS zu ermöglichen. Die Delphi Befragung wird in den nächsten Monaten durchgeführt. Die Ergebnisse sowie eine Taxonomie von Bewertungskriterien kann auf der gmds 2006 in Leipzig vorgestellt werden.

Diskussion

Die Erhebung der Bewertungskriterien schließt zusätzlich zur Literaturanalyse und mündliche Befragungen auch das erste Mal die Befragung mittels der Delphi-Methode ein. Durch dieses Vorgehen erhoffen wir neue Erkenntnisse zu gewinnen. Wir möchten mit dieser Taxonomie von Bewertungskriterien dem strategischen Informationsmanagement ein Hilfskonstrukt anbieten, dass dem Informationsmanagement bei der Beurteilung der Stärken, Schwächen und Verbesserungspotenziale des Ist-Zustandes des KIS helfen kann. Aus dieser Bewertung leitet sich dann der geplante Soll-Zustand des Informationssystems ab. Derzeit erfolgt in der Regel die Bewertung des KIS oft wenig systematisch und geprägt durch subjektive Einflüsse. Dadurch besteht in der Folge die Gefahr, dass wesentliche Aspekte und Schwachstellen bei der Bewertung übersehen werden [11]. In weiterer Folge ist die Evaluation dieser Bewertungskriterien geplant. Die Evaluation soll dann zeigen, ob diese Bewertungskriterien den geforderten Anforderungen entsprechen, und ob diese Taxonomie von Bewertungskriterien tatsächlich nützliche Aussagen für das Informationsmanagement bereitstellen kann.


Literatur

1.
Brigl B, Ammenwerth E, Dujat C, Gräber S, Große A, Häber A, Jostes C, Winter A. Preparing strategic information management plans for hospitals: a practical guideline. Int J Med Inform 2005;75(1): 51-65.
2.
Ammenwerth E, Haux R u.a. IT-Projektmanagement in Krankenhaus und Gesundheitswesen - Einführendes Lehrbuch und Projektleitfaden für das taktische Management von Informationssystemen. Stuttgart: Schattauer-Verlag; 2005.
3.
Donabedian A. Exploration in quality assessing and monitoring, Vol 2: The criteria and standards of quality. Ann Arbor: Health Administration Press 1982.
4.
Haux R, Winter A, Ammenwerth E, Brigl B. Strategic Information Management in Hospitals.An Introduction to Hospital information Systems. New York, USA: Springer; 2004.
5.
Friedmann CP, Wyatt JC. Evaluation Methods in Medical Informatics. New York, USA: Springer; 1997.
6.
JCAHO (2006). Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organizations (JCAHO). Available from: http://www.jointcommission.org. Accessed March 30, 2006.
7.
Ammenwerth E. Die Bewertung von Informationssystemen des Gesundheitswesens. Beiträge für ein umfassendes Informationsmanagement. Schriftenreihe Band 1 der UMIT - Private Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik, Hall in Tirol. Aachen: Shaker-Verlag. 2004. ISBN 3-8322-3145-5. 367 Seiten.
8.
Bortz J, Döring N. Forschungsmethoden und Evaluation. Berlin, Springer-Verlag 2002.
9.
Häder M, Häder S. Die Delphi-Technik in den Sozialwissenschaften. Methodische Forschungen und innovative Anwendungen. Wiesbaden, Westdeutscher Verlag 2000.
10.
Quantitative Methoden der Organisationsforschung. Available from: http://www.qualitative-research.net/organizations/2/. Accessed March 28, 2006.
11.
Gräber S, Ammenwerth E, Brigl B, Dujat C, Große A, Häber A, Jostes C, Winter A (2002): Rahmenkonzepte für das Informationsmanagement in Krankenhäusern: Ein Leitfaden, Arbeitsgruppe „Methoden und Werkzeuge für das Management von KIS“ der Dt. Gesellschaft für Med. Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds). Homburg