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51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (gmds)

10. - 14.09.2006, Leipzig

Spannungsfeld Qualitätssicherung am Beispiel der Herzchirurgie

Meeting Abstract

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  • Anne-Kathrin Funkat - Herzzentrum Leipzig, Leipzig
  • Friedrich-Wilhelm Mohr - Herzzentrum Leipzig, Leipzig

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (gmds). 51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Leipzig, 10.-14.09.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06gmds384

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Published: September 1, 2006

© 2006 Funkat et al.
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Einleitung und Gegenstand

Die Anforderungen an Qualitätssicherung und –management für die Patientenversorgung in der klinischen Routine nehmen ständig zu. Neben der gesetzlich vorgeschriebenen Dokumentation, die sich nur auf ausgewählte Fachdisziplinen und dort nur auf spezielle Leistungsbereiche erstreckt, erfordert die veränderte Wettbewerbsituation eine klinikweite Strategie für das Qualitätsmanagement. Darüber hinaus sind die Forderungen der jeweiligen Fachgesellschaften zu berücksichtigen. Der Beitrag zeigt für das Herzzentrum Leipzig, in dem alle heute durchführbaren Operationen der Erwachsenen- und Kinderherzchirurgie ausgeführt werden, wie im Spannungsfeld zwischen gesetzlichen Vorgaben, klinischer Routine, Forschungsvorhaben und Wettbewerb die Qualitätssicherung zu einem positiven Instrument in der Patientenversorgung genutzt werden kann.

Material und Methoden

Qualitätssicherung und -management bauen auf Qualitätsindikatoren auf, die aus auf der Klinikdokumentation basierenden Daten berechnet werden. Es wird zwischen interner und externer Qualitätssicherung unterschieden. Die interne Qualitätssicherung bezeichnet alle klinikinternen Maßnahmen, die krankenhaus- oder abteilungsweit als verbindlich vereinbart worden sind. Die externe Qualitätssicherung betrifft Maßnahmen, die ein Krankenhaus oder eine Krankenhausabteilung gesetzlich verpflichtend durchführen muss oder an denen freiwillig teilgenommen werden kann. Für die Herzchirurgie in Deutschland stellt sich die externe Qualitätssicherung wie folgt dar: (1) Modul HCH der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung (BQS) [1], (2) Leistungsstatistik der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) [2], (3) spezifische Regelungen der jeweiligen Landesärztekammern, (4) Adult Cardiac Surgical Database der European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS), (5) EACTS' Congenital Database.

Für die Erwachsenen-Herzchirurgie in Deutschland sind das BQS-Verfahren und die DGTHG Leistungsstatistik die wesentlichen externen Qualitätssicherungsmaßnahmen. Wünschenswert ist eine gemeinsame europäische Vorgehensweise, die zwar mit der Adult Cardiac Surgical Database der EACTS bereits existiert, aber noch nicht von allen EACTS-Mitgliedsländern beliefert wird. In Deutschland erfolgt die Datenlieferung seit 2003 zentral über die DGTHG, die Teilnahme ist freiwillig. Auswertungen auf europäischer Basis liegen bisher noch nicht vor. Bundeslandspezifische Regelungen werden in diesem Beitrag nicht berücksichtigt, weil sie zu stark voneinander differieren.

Die wesentlichen Eigenschaften des BQS-Verfahrens und der DGTHG-Leistungsstatistik stellt Tabelle 1 [Tab. 1] dar.

Für den Einsatz in der klinischen Routine besteht der Vorteil des BQS-Verfahrens im Umfang des Datensatzes, mit dem nicht nur der Euroscore (ein Instrument zur präoperativen Risikobewertung), sondern neben der Letalität auch weitere Qualitätsindikatoren berechnet werden können. Weiterhin stehen zur Einordnung der eigenen Leistung die bundesweiten Ergebnisse für die Qualitätsindikatoren zur Verfügung. Allerdings steht zur Zeit die Glaubwürdigkeit der an die BQS gelieferten Daten auf dem Prüfstand – die BQS sieht sich veranlasst, eine Validitätsprüfung für die isolierte Koronarchirurgie in allen in Frage kommenden Krankenhäusern anzusetzen [3]. Die Nachteile des BQS-Verfahrens liegen vor allem im eingeschränkten Leistungsbereich und darin, dass durch den dort definierten Bezugszeitraum nicht alle Fälle erfasst werden. Die Stärken der DGTHG-Leistungsstatistik ist in ihrer differenzierten Leistungserfassung zu sehen, sowie im notariellen Anonymisierungsverfahren, bei dem jede Klinik sicher sein kann, dass bei der datenentgegennehmenden Stelle keine Rückschlüsse auf die Identität der liefernden Stelle möglich sind. Die Nachteile liegen hier im Datensatz, bis zum Verfahrensjahr 2004 waren nur Leistungszahlen und Anzahl der Verstorbenen gefordert, ab Verfahrensjahr 2005 ist die Abgabe eines erweiterten Datensatzes möglich, aus dem die Berechnung des Euroscores für jede Operation möglich ist.

Ergebnisse

Die Erfahrungen am Herzzentrum Leipzig haben gezeigt, dass es für die interne Qualitätssicherung wichtig und notwendig ist, die Vorteile des BQS-Verfahrens mit denen der DGTHG-Leistungsstatistik zu kombinieren. Herzchirurgische Fachabteilungen nutzen schon immer die In-House-Letalität und die 30-Tage-Letalität zur Beurteilung ihrer Operationsergebnisse. Mit den von der BQS veröffentlichten Qualitätsindikatoren kommen weitere wichtige Instrumente für die Qualitätssicherung hinzu. Diese wurden zwar für die oben angegebenen BQS-Leistungsbereiche definiert (siehe Tab. 1 [Tab. 1]), sind aber ebenso auf andere herzchirurgische Eingriffe anwendbar. Die Zuordnung jeder Operation zu einem Leistungsbereich gibt die DGTHG-Leistungsstatistik vor. Beides wird in dem am Herzzentrum Leipzig entwickelten Leistungsreport zusammengefasst.

Diskussion

Die Zusammenführung von externer und interner Qualitätssicherung erfordert ein hohes interdisziplinäres Verständnis und bedeutet gleichzeitig einen großen administrativen Aufwand. Diese Integrationsleistung ist nur mit einer gezielten Unterstützung durch die IT-Infrastruktur effektiv zu gestalten. Im Wesentlichen müssen dazu folgende Schritte geleistet werden: (1) Zeit- und patientennahe Dokumentation der klinischen Daten, (2) Systemübergreifende Verfügbarkeit der Daten, (3) Transparente Berechnung und Auswertung von Qualitätsindikatoren, (4) Implementierung eines Prozesses zum Qualitätsreview in die klinische Routine.

Erforderlich ist die Parametrisierung und Anpassung des klinischen Informationssystems für die Prozesse der Qualitätssicherung. Dazu sind Schnittstellen zwischen den verschiedenen datenerfassenden, –haltenden und auswertenden Systemen erforderlich. Diese angesprochene Integrationsleistung ist auch die Voraussetzung, perspektivisch die informationstechnologische Unterstützung für klinische Studien zu planen. Das schließt die semantische Abbildung von Studienprotokollen, die Sicherstellung der Datenqualität sowie die Prozesskontrolle für die Durchführung mit ein.


Literatur

1.
BQS Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH. Anwenderinformation für Auslösung der externen Qualitätsdarstellung veröffentlicht. BQS online Leistungsbereiche Verfahrensjahr 2005. 26. November 2004. http://www.bqs-online.de (31. März 2006).
2.
Gummert JF, Funkat A, Krian A. Cardiac surgery in Germany during 2004: a report on behalf of the German Society for Thoracic and Cardiovascular Surgery. Thorac Cardiovasc Surg 2005; 53:391-9.
3.
BQS Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH. Qualität der BQS-Daten aus 2005: Prüfung erfolgt in drei Leistungsbereichen. BQS online AKTUELLES. 31. März 2006. http://www.bqs-online.de (31. März 2006).