Article
Case-Case-Studie eines Salmonelloseausbruchs in Hamburg-Altona: ein epidemiologisches Analysewerkzeug für Surveillancedaten
Search Medline for
Authors
Published: | September 8, 2005 |
---|
Outline
Text
Einleitung und Fragestellung
Die Analyse von Infektionsausbruchsausbrüchen, welche über ein Surveillancesystem erfasst wurden, ist vielen möglichen Fehlerquellen ausgesetzt. Herkömmlicherweise werden Daten meldepflichtiger Erkrankungen hinsichtlich der Häufigkeit potentieller Risikoquellen der Infizierten bewertet. Diese Analyse erlaubt eine deskriptive Beurteilung. Für eine analytische Auswertung muss eine epidemiologische Studie, z.B. eine Fall-Kontroll-Studie, durchgeführt werden. Eine solche Untersuchung ist nicht nur aufwendig und zeitintensiv, sondern auch anfällig für Bias. Eine Fallgruppe, welche durch ein Surveillancesystem erfasst wird, ist stark selektiert. Hiermit werden nur infizierte Personen erfasst, die labordiagnostisch bestätigt wurden. Leichte Erkrankungsbilder, die nicht zu einem Arztbesuch führen, werden nicht erfasst. Zusätzlich wirken sich Beruftätigkeit, Alter, Geschlecht und Sozialstatus der infizierten Personen, sowie saisonale und regionale Faktoren auf die Wahrscheinlichkeit aus, einen Arzt aufzusuchen [Ref. 1]. Eine geeignete Kontrollgruppe zu erstellen, die zu dieser selektierten Fallgruppe passt ist sehr schwierig. In einer Case-Case-Studie bestehen Fälle und Kontrollen aus Infizierten derselben Grunderkrankung, welche durch dasselbe Surveillancesystem erfasst wurden. So werden die oben beschriebenen Selektions-Bias und ein möglicher Recall-Bias vermieden [Ref. 2]. Dieses Studiendesign führt jedoch zu Einschränkungen in der Ergebnisinterpretation.
Veröffentlichungen von infektionsepidemiologischen Case-Case-Studien sind selten. In Untersuchungen wird das Design verwendet um unterschiedliche Übertragungswege von Subtypen einer Infektion zu analysieren [Ref. 3], [Ref. 4]. In der Krebsepidemiologie findet das Studiendesign häufigere Anwendung. Hier werden Gründe die zu unterschiedlichen Verläufen einer Krebsart führen untersucht [Ref. 5], [Ref. 6]. In der vorliegenden Studie wird das Case-Case-Studiendesign zur Untersuchung von Infektionsausbrüchen angewandt und deren Nutzen in der Infektionskrankheitenkontrolle überprüft.
Material und Methoden
In dieser Arbeit wurde eine Case-Case-Studie mit Daten eines Salmonelloseausbruchs (n=10) in Hamburg-Altona durchgeführt. Die Kontrollgruppe bestand aus 97 weiteren Salmonelloseerkrankten des Vergleichszeitraums. Es wurden die Risikoschätzer einer Fall-Kontroll-Studie, die Odds Ratio, das 95% Konfidenzintervall und der p-Wert (Chi-Quadrat-Test, Fischer-Exakt-Test), berechnet.
Die Ergebnisse wurden mit denen einer Fall-Kontroll-Studie, die über den gleichen Ausbruch durchgeführt wurde, verglichen.
Ergebnisse
Der Konsum von Rindfleisch (OR 11,8; CI 2,4-66,7; p <0,001) und Schweinefleisch (OR 8,4; CI 1,7-46,4; p <0,001) zeigt signifikante Odds Ratios. Die weiteren untersuchten Ernährungsvariablen Geflügel, Fisch & Meeresfrüchte, Ei & Eiprodukte und Milch & Milchprodukte sind unauffällig. Eine Fall-Kontroll-Studie, die über den gleichen Ausbruch durchgeführt wurde kam zu dem Ergebnis, dass ein Fleischer im Bezirk die Quelle der Infektionen war (OR 6,2; CI 1,2-32,3) [Ref. 7].
Diskussion
Die durchgeführte Case-Case-Studie ist in der Lage die Ursache des Ausbruchs aufzuzeigen. Bei der Analyse handelt es sich um eine einfache und schnelle Methode, mit deren Hilfe interpretierbare Risikoschätzer für Surveillancedaten erstellt werden.
Das Case-Case-Studiendesign ist nicht geeignet einen kausalen Zusammenhang zwischen Infektion und Exposition herzustellen. In einer Fall-Kontroll-Studie wird das Verhalten von Infizierten mit dem von Gesunden verglichen. Diesen Zusammenhang stellt eine Case-Case-Studie nicht her. Hier besteht die Kontrollgruppe aus Daten von weiteren Infizierten. In ihr ist somit der durchschnittliche Infektionsweg festgehalten. Die berechneten Risikoschätzer geben Auskunft, wie stark sich die Expositionen des Fall-Herdes von denen weiterer Infizierter unterscheiden.
Das Studiendesign ist für Infektionskrankheiten geeignet, deren Erreger diagnostisch in Subgruppen unterteilt werden können. So lassen sich einzelne Ausbrüche identifizieren und in Fall- und Kontrollgruppen einteilen. Um das beschriebene Studiendesign in die Analyse meldepflichtiger Erkrankungen zu initiieren, muss eine standardisierte Befragung jedes Falls in der routinemäßigen Surveillance durchgeführt werden. Somit stehen die für eine Analyse benötigten Kontrollen jederzeit zur Verfügung. Ein computergestütztes Datenmanagement macht eine Ausbruchsuntersuchung direkt nach der Erhebung eines Herdes möglich.
In zwei Hamburger Gesundheitsämtern werden aufgrund der Erfahrungen der vorliegenden Studie die methodischen Voraussetzungen für Case-Case-Studien implementiert, sodass die routinemäßige Analyse von Salmonelloseausbrüchen mit dem Case-Case-Studiendesign realisiert werden kann.
Literatur
- 1.
- Robert-Koch-Institut (RKI). Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2003. Berlin: Robert-Koch-Institut, 2004
- 2.
- McCarthy N, Giesecke J. Case-case comparison to study causation of common infectious diseases. International Journal of Epidemiology 1999; 28: 764-768
- 3.
- Gillespie IA, O'Brien J, Frost JA. A Case-Case Comparison of Campylobacter coli and Campylobacter jejuni Infection: A Toll for Generating Hypotheses. Emerging Infectious Diseases 2002; 8: 937-942
- 4.
- Kist MJ, Freitag S. Serovar specific risk factors and clinical features of Salmonella enterica ssp. Enterica serovar Enteritidis: a study in South-West Germany. Epidemiology and Infection 2000; 124: 383-92
- 5.
- Taylor JA. Oncogenes and Their Applications in Epidemiologic Studies. American Journal of Epidemiology 1989; 130: 6-13
- 6.
- Porta M, Malats J, Jariod M. Serum concentrations of organochlorine compounds and K-ras mutations in exocrine pancreatic cancer. The Lancet 1999; 354: 2125-2129
- 7.
- Institut für Hygiene und Umwelt. Gastroenteritis-Häufung durch Salmonella 1,4,5,12:i:- Ergebnisse einer Fall-Kontroll-Studie. Infekt-Info 2003; 16: 1-6.