gms | German Medical Science

49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)
Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)

26. bis 30.09.2004, Innsbruck/Tirol

Zentrale Erfassung von klinischen Daten, Serum- und Gewebeproben im Kompetenznetz Hepatitis

Meeting Abstract (gmds2004)

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  • corresponding author presenting/speaker Thomas Müller - Universität München, IBE, München, Deutschland
  • Konrad Weiss - Universität München, IBE, München, Deutschland
  • Klaus Adelhard - Bayerisches Umweltministerium, München, Deutschland

Kooperative Versorgung - Vernetzte Forschung - Ubiquitäre Information. 49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI) und Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI) der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) und der Österreichischen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (ÖGBMT). Innsbruck, 26.-30.09.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04gmds078

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/gmds2004/04gmds078.shtml

Published: September 14, 2004

© 2004 Müller et al.
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Text

Einleitung

Die virusbedingte Leberentzündung ist eine der weltweit häufigsten Infektionskrankheiten. In Deutschland leiden annähernd eine Million Menschen an einer chronischen Virushepatitis, die zu schwerwiegenden Folgeerkrankungen, wie z.B. Leberzirrhose oder Leberkrebs, führen können. Das Kompetenznetz Hepatitis wurde Anfang 2002 mit Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung als Zusammenschluss von Forschergruppen, Klinikärzten und niedergelassenen Ärzten gegründet. Sein Ziel ist die Verbesserung der medizinischen Erforschung und Versorgung viraler Hepatitiden durch horizontale und vertikale Vernetzung, d.h. durch verbesserte Kommunikation unter den Beteiligten und eine stärkere Integration von Forschung und Versorgung. [1], [2]. Dabei sollen einerseits wichtige Erkenntnisse - z.B. im Bereich der Epidemiologie - versorgungsnah gewonnen werden, andererseits neue wissenschaftliche Erkenntnisse schnell breiten Eingang in die Versorgung finden.

Voraussetzung für eine erfolgreiche Vernetzung ist eine leistungsfähige IT-Infrastruktur, deren zentrale Komponenten besonderen datenschutzrechtlichen Anforderungen genügen müssen. Diese zentralen IT-Komponenten des Kompetenznetz Hepatitis sollen im Folgenden dargestellt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der datenschutzgerechten, versorgungsnahen Erfassung medizinischer Daten, Serum- und Gewebeproben zur Errichtung eines krankheitsbezogenen Registers als Basis für die Bearbeitung künftiger wissenschaftlicher Fragestellungen.

Methoden

Mit wenigen Ausnahmen, wie sie z.B. in den Krebsregistergesetzen festgelegt sind, unterliegt die Erfassung patientenbezogener Daten zu Forschungszwecken strengen nationalen und europäischen Rechtsnormen. Die dort festgelegten Prinzipien umfassen u.a. das Einwilligungsprinzip, den Grundsatz der Zweckbindung und das Gebot der Datensparsamkeit. Insbesondere ergibt sich aus den letzten beiden Grundsätzen ein Konflikt mit den Zielen eines krankheitsbezogenen Registers, in dem Daten auf weitgehend unbestimmte Zeit ohne eine vorab klar abgegrenzte Zweckbindung gespeichert und aktualisiert werden sollen. Nur auf diese Weise kann z.B. die Datenbasis für künftige bevölkerungsbezogene Analysen entstehen.

Um diesen Konflikt aufzulösen, wurde im Rahmen der Telematikplattform für Medizinische Forschungsnetze (TMF) und in Abstimmung mit den Datenschutzbeauftragten der Länder ein generisches Konzept entwickelt [3], das sowohl technische als auch organisatorische Maßnahmen umfasst. Dieses Konzept ist Grundlage für das im Kompetenznetz Hepatitis realisierte System. Es sieht u.a. die räumliche und organisatorische Trennung von medizinischen und identifizierenden Daten vor. Im Regelfall sollen nur die behandelnden Ärzte beide miteinander verknüpfen können. Auch die wissenschaftliche Verwertung - obwohl grundsätzlich anonym - darf gemäß dem generischen Konzept nicht beliebig erfolgen. Es muss im Einzelfall von einem geeigneten Gremium geprüft werden, ob die Verwertung den Grundsätzen genügt, denen die Patienten durch ihre Einwilligungserklärung zugestimmt haben, und ob schutzwürdige Interessen der Patienten berührt werden. Entsprechendes gilt für die eventuelle Reidentifizierung, die zum Vorteil des Patienten als Möglichkeit vorgesehen werden muss, damit betroffene Patienten ggf. individuell von den Forschungsergebnissen profitieren können.

Zur technischen Realisierung dieses Konzeptes wurde ein Web-basiertes Informationssystem für das Kompetenznetz Hepatitis geschaffen, das aus mehreren Komponenten besteht. Die technologischen Grundlagen sind Open-Source Softwarepakete (z.B. Linux, Apache) und kommerzielle Datenbanksoftware (Oracle).

Ergebnisse

Die neu geschaffenen zentralen IT-Strukturen des Kompetenznetzes Hepatitis erstrecken sich auf drei Bereiche: 1. die Internetpräsenz, die unter der Webadresse www.kompetenznetz-hepatitis.de zu finden ist, 2. das nachfolgend beschriebene zentrale Patientenregister und 3. die Unterstützung klinischer Studien, z.B. durch einen zentralen Randomisierungsdienst [4].

Im zentralen Patientenregister werden medizinische Daten von Hepatitispatienten, die sich zur Teilnahme bereit erklären, von verschiedenen Ärzten erfasst und zusammengeführt. Die Identifizierung der Patienten wird dabei durch die Ausgabe von Patientenpässen mit entsprechenden Prüfzeichen erleichtert.

Erhoben werden Daten zur Anamnese und Klinik, sowie soziometrische und ökonometrische Angaben. Darüber hinaus sind auch Biomaterialbanken (Serumbank und Gewebebank) angeschlossen. Abb. 1 [Abb. 1] illustriert die wesentlichen Material- und Informationsflüsse. Die gestrichelten Linien zeigen dabei an, dass hier lediglich Schlüssel ausgetauscht werden, die eine spätere Zuordnung der Proben ermöglichen.

Hinsichtlich der Verwertung ist sichergestellt, dass die Verknüpfung der Proben mit den medizinischen Daten nur über das zentrale Register und damit unter der Aufsicht des Kompetenznetzes bzw. dessen zuständige Organe erfolgen kann.

Die Erfassung erfolgt entweder direkt Web-basiert oder papiergebunden mit nachfolgender elektronischer Erfassung in regionalen Stellen des Kompetenznetzes, den sog. Modellregionen.

Die Papierformulare und die Erfassungsmasken sind bis auf technologisch bedingte Abweichungen identisch. Ferner wurden die Web-Masken mit möglichst einfachen Client-seitigen Anforderungen (HTML und JavaScript) implementiert.

Seit Beginn des Betriebs im Oktober 2004 wurden Daten, Serum- und Gewebeproben von ca. 350 Patienten (Stand März 2004) erfasst.

Diskussion

Für das Kompetenznetz Hepatitis wurden zentrale IT-Strukturen in den Bereichen Internetpräsenz, versorgungsnahe Datenerfassung und Unterstützung klinischer Studien geschaffen. Parallel dazu wurde als rechtliche Struktur für die Trägerschaft des zentralen Registers und für die Überwachung der ein eingetragener Verein (Hep-Net e.V.) gegründet. Dieser überwacht auch die wissenschaftlichen Verwertung in Bezug auf ethische und datenschutzrechtliche Anforderungen.

Es ist beabsichtigt, diese Strukturen auf ein geplantes europäisches Forschungsnetz (Network of Excellence) mit ähnlichen Zielsetzungen im Bereich häufiger viraler Infektionen zu übertragen.

Danksagung

Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (Kompetenznetz Hepatitis)


Literatur

1.
Manns MP, Meyer S, Wedemeyer H: The German Network of Excellence for Viral Hepatitis (Hep-Net). Hepatology. 2003 Sep;38(3):543-4.
2.
Wedemeyer H, Meyer S, Manns MP. Kompetenznetz Hepatitis (Hep-Net). Internist 2004;45:415-421.
3.
Reng CM, Debold P, Adelhard K, Pommerening K. Akzeptiertes Datenschutzkonzept. Dtsch Arztebl 2003; 100: A 2134-2137.
4.
Müller TH, Adelhard K: A web-based randomisation service for clinical studies. In: Medical Informatics Europe 2002. IOS Press 2002: 587-590