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Physiologische Muskellasten sind erforderlich für in vitro Messungen des patellofemoralen Druckes und der Kinematik
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Published: | October 16, 2008 |
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Fragestellung: Während die Mechanik des patellofemoralen Gelenkes in zahlreichen in vitro Studien untersucht wurde, sind nur wenige Daten über die Gelenkbiomechanik unter hohen physiologischen Belastungsbedingungen vorhanden. Unsere Hypothese lautete, dass physiologische Muskellastniveaus erforderlich sind, um einen realistischen patellofemoralen Druck und eine realistische Kinematik zu bestimmen; die im geringen Lastbereich erfassten Daten lassen keine lineare Extrapolation zu.
Methodik: 6 nicht pathologische Kadaverknie wurden unter Erhalt der Gelenkkapsel und der umliegenden Retinaculae präpariert. Der rectus fem. mit dem vastus intermed., der vastus med., der vastus lat. und der sartorius mit dem semitendinosus wurden mit Fixierungen versehen. Die mit einem validierten muskuloskeletalen Model berechneten Muskelkraftverteilungen für 6 Belastungszustände des Gehens und Treppensteigens in Flexionswinkeln, die kritisch für das Auftreten einer Instabilität bzw. eines Malalignment sind (4 bei 12° u. 2 bei 30°), wurden in einem in vitro Testaufbau auf die Knie aufgebracht. Der Aufbau erlaubte die individuelle Steuerung sowohl des Lastniveaus zwischen 0 N (passives Gelenk) und 3509 N als auch der Richtung der Muskelzüge für die unterschiedlichen Belastungszustände. Die Kontaktdrücke und -flächen wurden mit Hilfe einer Druckmessfolie (K-Scan) aufgenommen, während ein optisches Messsystem (Vicon) Kinematik erfasste.
Ergebnisse: In allen Belastungszuständen führte die Applikation von Kräften, die geringer als die physiologischen sind, zu einer signifikanten Unterschätzung des patellofemoralen Druckes (bis zu 5,5 MPa) und der Kontaktfläche (bis zu 2,0 cm2). Geringere Lasten führten extensionsnah (12° Flexion) auch zu einer signifikanten Unterschätzung des lateralen Tilt (bis zu 2,0°). Insgesamt zeigte die Kontaktfläche eine starke nicht-lineare Abhängigkeit von der Höhe der aufgebrachten Muskelkräfte. Ein nicht-linearer Zusammenhang wurde, wenn auch weniger stark ausgeprägt, auch für den lateralen Tilt beobachtet. Abbildung 1 [Abb. 1]
Schlussfolgerungen: Mit dem neuen in vitro Testaufbau wurde die Biomechanik des patellofemoralen Gelenkes erstmalig unter physiologischen Muskellasten, sowohl in Betrag als auch der Wirkrichtung, untersucht. Wir zeigten, dass es bei den in vitro Testungen bisher häufig verwendeten, geringen Muskelkräften zu einer erheblichen Unterschätzung von Schlüsselparametern wie Druck, Kontaktfläche und Tilt kommt. Da darüber hinaus Kontaktfläche und Tilt in nicht-linearer Weise von der Höhe der Muskelkräfte abhängen, sollten Ergebnisse, die auf nicht-physiologischen Kräften beruhen, kritisch hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit auf die in vivo Situation hinterfragt werden. Mit dieser Studie stehen nun auch Basisdaten zur physiologischen Biomechanik des patellofemoralen Gelenkes zur Verfügung, die wesentliche Grundlage für die Erforschung der Pathologien des Gelenkes wie z.B. der patellofemoralen Instabilität und des vorderen Knieschmerzes, sind.