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Joint German Congress of Orthopaedics and Trauma Surgery

02. - 06.10.2006, Berlin

Langzeitverlauf über mehr als 10 Jahre von 338 Polytrauma-Patienten: Beeinflusst der Unfall das psychische Befinden?

Meeting Abstract

  • L. Haurisa - Unfallchirurgische Klinik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • C. Probst - Unfallchirurgische Klinik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • F. Kuensebeck - Psychologische Klinik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • C. Krettek - Unfallchirurgische Klinik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • E. Lamprecht - Psychologische Klinik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • H.-C. Pape - Dept. of Orthopaedics and Trauma, University of Pittsburgh, Pittsburgh, United States of America

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie. 70. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, 92. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie und 47. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie. Berlin, 02.-06.10.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. DocW.3.5.1-1806

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Published: September 28, 2006

© 2006 Haurisa et al.
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Grundlage: Bei Polytrauma-Patienten sind einige kurzfristige psychische Auswirkungen, wie die Post Traumatic Stress Disorder (PTSD) bekannt. Offen ist, ob die schwere Mehrfachverletzung mit ihren körperlichen Folgen auch langfristig das psychische Wohlbefinden beeinträchtigt, und welche unfallbedingten Parameter hierfür verantwortlich sind. Wir untersuchten die langfristigen Auswirkungen der schweren Mehrfachverletzung auf die psychische Gesundheit und ihre Auslöser in einer Kohortenstudie.

Methodik: Von 637 Polytrauma-Patienten von 3-60 Jahren aus unserer Klinik wurden der allgemeine soziale und körperliche Rehabilitationszustand mit dem Hannover Score for Polytrauma Outcome (HASPOC), der Short Form 12 (SF-12) and anderen Parametern mindestens 10 Jahre nach Trauma untersucht. Wir befragten diese Patienten mit einem standardisierten Fragebogen mit der Impact of Event Scale (IES) und der Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS) nach der psychischen Gesundheit.

Ergebnisse: 338 Fragebögen (53.4%) konnten für die Analyse genutzt werden. Die mittlere Nachuntersuchungszeit war 19 ± 5 Jahre nach Unfall. Der mittlere psychische SF-12 war 50.8 ± 9.1, der mittlere physische SF-12 43.2 ± 10.2, der mittlere HASPOC 50.5 ± 31.0 Punkte. 154 Patienten zeigten Symptome einer PTSD oder Depression, 184 Patienten waren psychisch unauffällig. In der auffälligen Gruppe waren signifikant mehr Frauen (27.9% vs. 23.9%) and ältere Patienten (30.0 ± 12.2 vs. 26.9 ± 10.5 Jahre zum Unfallzeitpunkt). In der auffälligen Gruppe waren signifikant schwerere Kopfverletzungen (AIS 2.9 ± 0.9 vs. 2.6 ± 0.8), mehr signifikante Kopfverletzungen (AIS > 1; 31.1% vs. 24.7%), mehr Nachoperationen (15.4% ± 26.8%), mehr psychologische Betreuung (25.5% vs. 10.9%), mehr Medikamenteneinnahme (30.2% vs. 9.8%) und mehr stationäre Reha-Behandlungen (66.4% vs. 51.4%). Psychisch Auffällige zeigten signifikant häufiger subjektive Unzufriedenheit mit dem Reha-Zustand (33.6% vs. 11.4%), Verlust von Freunden (10.6% vs. 5.1%), längere Arbeitsunfähigkeit (16.1% vs. 9.7%), Frühberentung (33.6% vs. 13.1%) und finanzielle Probleme (54.4% vs. 36.6%).

Schlussfolgerung: Ein großer Anteil von Polytrauma-Patienten ist auch mehr als 10 Jahre nach dem Unfall im psychischen Wohlbefinden gestört. Weibliches Geschlecht, Alter und ein schweres Schädel-Hirn-Trauma sind mögicherweise Indikatoren für ein erhöhtes Risiko mentaler Probleme. Der Patienten-Anteil, der auch 10 und mehr Jahre nach dem Unfall sozio-ökonomische und berufliche Probleme durch die psychische Beeinträchtigung hat, ist möglicherweise höher als bisher angenommen. Die Behandlung von schwer Mehrfachverletzten sollte deshalb nicht nur auf die Wiederherstellung der körperlichen Gesundheit fokus-sieren, sondern auch den psychischen Zustand der Patienten mit einbeziehen.