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67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie
89. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
44. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie

11. bis 16.11.2003, Messe/ICC Berlin

Evidenzgraduierung und Unfallchirurgie: Argumente aus der Sicht der klinischen Epidemiologie

Meeting Abstract (DGU 2003)

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  • corresponding author Kai Bauwens - Klinik f. Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Unfallkrankenhaus Berlin, Warener Str. 7, 12683, Berlin, Phone: 030 5681 2660, Fax: 030 5681 3003
  • D. Stengel - AG Klinische Epidemiologie und Methodik, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Unfallkrankenhaus Berlin; Abteilung für Unfallchirurgie der Klinik für Chirurgie, Universitätsklinikum der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
  • A. Ekkernkamp - AG Klinische Epidemiologie und Methodik, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Unfallkrankenhaus Berlin; Abteilung für Unfallchirurgie der Klinik für Chirurgie, Universitätsklinikum der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie. Berufsverband der Fachärzte für Orthopädie. 67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, 89. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie und 44. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie. Berlin, 11.-16.11.2003. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2003. Doc03dguD20-2

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/dgu2003/03dgu0383.shtml

Published: November 11, 2003

© 2003 Bauwens et al.
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Fragestellung

Mit der Verbreitung des Konzepts der Evidence-Based Medicine (EBM) wird die methodische Qualität klinischer Studien häufig anhand hierarchisch aufgebauter Evidenzstufen (levels of evidence) bewertet. Bei therapeutischen Interventionen stellt die randomisierte Studie den Referenzstandard dar. Da der Anteil randomisierter Studien in der Unfallchirurgie aktuell weniger als 5% beträgt, wurde die Frage gestellt, ob dies auf mangelnder methodischer Kompetenz beruht oder vielmehr Ausdruck spezifischer Bedingungen des Faches ist.

Methoden

Es wurden theoretische Aspekte der klinischen Epidemiologie hinsichtlich ihrer Bedeutung im klinischen Alltag und ihrer Übertragbarkeit auf akademische Aspekte der Unfallchirurgie beurteilt. Wir betrachteten hierbei die Ebenen der Kausalität, der biologischen Plausibilität therapeutischer Interventionen, der a priori Wahrscheinlichkeit und der Dimension von Therapieeffekten.

Ergebnisse

Die Verletzung stellt ein plötzliches, unerwartetes Ereignis dar, hervorgerufen z.B. durch ein direktes Anpralltrauma. Bei geeigneter Krafteinleitung spielen demografische Variablen bei der Frakturentstehung nur eine untergeordnete Rolle. Dieses für die Unfallchirurgie typische Beispiel erfüllt wichtige Kausalitätskriterien (Plausibilität, zeitlicher Zusammenhang, biologischer Gradient, u.a.), die von Hill 1965 vorgeschlagen wurden. Die hohe Plausibilität theoretischer Konstrukte (z.B. Gelenkersatz) bedingt eine hohe a priori Wahrscheinlichkeit für ihre biologische Wirkung. Zugleich können große Therapieeffekte (z.B. Belastungsstabilität nach Marknagel-Osteosynthese) bei hoher Konsistenz der Ergebnisse (Reproduzierbarkeit, Homogenität) beobachtet werden. Demgegenüber finden sich in nicht-operativen Fächern häufig konkurrierende pathophysiologische Prinzipien. In chirurgischen Fächern ist die Ergebnisqualität untrennbar mit operativer Expertise verbunden. Die Dringlichkeit der Versorgung und die Verfügbarkeit von Ärzten, die sowohl die experimentelle als auch die Kontrolltherapie (im Idealfall gleich sicher und ohne persönliche Präferenz) beherrschen, können eine Randomisierung erschweren. Die postulierte, systematische Überschätzung von Therapieeffekten durch nicht-randomisierte Studien konnte durch MacLehose in einer Meta-Analyse widerlegt werden; dies setzt jedoch eine hohe methodische Qualität dieser Studien voraus.

Schlussfolgerungen

Der geringe Anteil randomisierter Studien in der Unfallchirurgie beruht z.T. auf fachspezifischen Besonderheiten. Alternativen zur randomisierten Untersuchung sind hier aus klinisch-epidemiologischer Sicht möglich und sinnvoll.