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100 Jahre Phoniatrie in Deutschland
22. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie
24. Kongress der Union Europäischer Phoniater

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

16. bis 18.09.2005, Berlin

Music perception in patients with cochlear implants using the Mu.S.I.C. test - pilot study

Pilotstudie zur Musikwahrnehmung von CI-Trägern mit dem Mu.S.I.C. Test

Poster

100 Jahre Phoniatrie in Deutschland. 22. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie, 24. Kongress der Union der Europäischen Phoniater. Berlin, 16.-18.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05dgppP05

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Published: September 15, 2005

© 2005 Brockmeier et al.
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Zusammenfassung

Trotz der großen Bedeutung von Musik für CI Patienten sind die Grundlagen des Musikerkennens mit dem Cochlea Implant bisher nicht ausreichend untersucht.

Wir haben einen Test namens „Mu.S.I.C Test" (= Musical sounds in cochlea implants) entwickelt, in dem 8 wichtige objektive und subjektive Aspekte der Musikwahrnehmung überprüft werden: Melodie- und Rhythmuserkennung, Frequenz- und Klangunterscheidung, Instrumentendektion und - identifikation, Empfinden von Dissonanz und Emotion. Der Test basiert auf etwa 3100 Musikdateien, aus denen Testkonfigurationen individuell zusammengestellt werden können. Alle Dateien sind mit natürlichen Instrumenten aufgenommen. Der Test ist so, programmiert, dass er über eine Windowsoberfläche benutzerfreundlich bedient werden kann. Er liegt derzeit in deutscher und englischer Sprache vor, weitere Sprachen sind in Vorbereitung. Die Ergebnisse werden automatisch in einer Datenbank abgelegt.

In der Pilotstudie wurden 15 unilateral implantierte CI-Träger und 15 normal hörende Kontrollpersonen untersucht. Beide Gruppen sind bezüglich des Alters und ihrer musikalischen Vorerfahrungen vergleichbar. Die Testzeit lag bei den CI-Trägern bei 70 Minuten bei den normal hörenden bei 60 Minuten. Es zeigt sich in allen Subtest, außer bei der Rhythmusunterscheidung und Dissonanzbeurteilung, ein deutlicher Unterschied zwischen den Gruppen.

Der Test ist geeignet, die Musikwahrnehmung von CI-Patienten zu testen und Unterschiede zu Normalpersonen aufzuzeigen.


Text

Cochlea Implant-Träger beschreiben, dass die Fähigkeit Musik zu genießen nach der Verbesserung des Sprachverständnisses das wichtigste Anliegen ist [1]. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass Erkenntnisse die zu einer Verbesserung der Musikwahrnehmung führen auch zu einem besseren Verstehen von tonalen Sprach führen wird. Trotz der großen Bedeutung von Musik für CI-Patienten sind die Grundlagen des Musikerkennens mit dem Cochlea Implant sind bisher nicht ausreichend untersucht.

Wir haben einen Test namens „Mu.S.I.C Test" (= Musical sounds in cochlea implants) entwickelt, in dem 8 wichtige objektive und subjektive Aspekte der Musikwahrnehmung überprüft werden: Melodie- und Rhythmuserkennung, Frequenz- und Klangunterscheidung, Instrumentendektion und - identifikation, Empfinden von Dissonanz und Emotion. Dabei werden die objektiven Test mittels „forced choice" gestestet. Bei den subjektiven Tests wird eine Beurteilung auf einer visuellen Analgoskala erbeten. Der Test basiert auf etwa 3100 Musikdateien, aus denen Testkonfigurationen individuell zusammengestellt werden können. Die Dateien wurden mit einer Aufnahmerate von 44,1 KHz aufgenommen und innerhalb der Datei auf - 3dB normalisiert. Im Frequenzunterscheidungstest wurden die Dateien dann mittels normal hörender Personen, so justiert, dass alle gleich laut empfunden worden. Außer für den Rhythmus- und Frequenzunterscheidungstest liegen alle sowohl in stereo als auch in mono vor. Alle Dateien sind mit natürlichen Instrumenten aufgenommen, da die Klangstruktur sich von denen mit Synthesizer produzierten unterscheiden, und dies einen Einfluss auf die Wahrnehmung über ein Cochlea Implantat haben kann. Der Test ist so programmiert, dass er über eine Windowsoberfläche benutzerfreundlich bedient werden kann. Die Antworten werden durch Anklicken einer Schaltfläche gegeben. Er liegt derzeit in deutscher und englischer Sprache vor, weitere Sprachen sind in Vorbereitung. Die Ergebnisse werden automatisch in einer Datenbank abgelegt. In jedem Untertest folgt nach einer Lautstärkeneinstellung die Instruktion und Demonstration vor der eigentlichen Testdurchführung. Für die hier vorgestellte Pilotstudie wurden repräsentative Beispiele aus den jeweiligen Tests ausgewählt. Der MUMU-Fragebogen zur Erfassung von musikalischen Aktivitäten von CI-Trägern wurde für den Test adaptiert [2].

In der Pilotstudie wurden 15 unilateral implantierte CI-Träger und 15 normal hörende Kontrollpersonen untersucht. Beide Gruppen sind bezüglich des Alters und ihrer musikalischen Vorerfahrungen gemessen im MuMu-Fragebogen vergleichbar. Die Patienten sind zwischen 27 und 75 Jahre alt (MW 56,5 Jahre), die Normalpersonen zwischen 28 und 71 Jahre (MW 58,0 Jahre). Alle CI-Träger benutzen ein Combi 40+ oder Pulsar CI 100 mit dem Tempo plus Sprachprozessor mit CIS als Sprachkodierungsstrategie. Die Implantaterfahrung betrug mindestens 6 Monate und die Sprachprozessoranpassung war abgeschlossen.

Für das Frequenzunterscheidungsvermögen waren zeigten sich bei allen drei Bespielen signifikante Unterschiede (p < 0.001): Für Das Klavier lag die Frequenzunterscheidung der CI-Patienten in Mittel bei 19,5 Vierteltönen (SD 9,9) versus 3,4 (SD 4,6) Vierteltöne bei der Kontrollgruppe. Bei Streichern benötigten die CI-Patienten 17,4 (SD 8,5) Vierteltöne, Normalhörende 1,8 (SD 1,8). Für den Sinuston bei 12,9 (SD 9,5) bzw. 12,9 (9,5) versus 2,1 (SD 2,0) Vierteltöne. Die Ergebnisse im Melodieunterscheidungstest wiesen eine weite Streuung auf. Der durchschnittliche CI-Träger war in der Lage Melodien zu unterscheiden, wenn die Variation mindestens 12 Halbtöne betrug. Wogegen der der durchschnittliche normal hörende lediglich 2 Halbtöne benötigte ( p < 0,003). Die genau Verteilung ist der Abbildung 1 [Abb. 1] zu entnehmen. Bei der Klangunterscheidung zeigte sich dass die CI-Träger in der erste Schwierigkeitsstufe klänge mit 88% korrekt unterscheiden konnten, in der zweiten mit 77% und in der Dritten mit 62%. Bei der Kontrollgruppe lagen die Werte bei 98%, 95% und 62%. Die Differenzen in Stufe 1 und 2 waren signifikant p = 0.028 und p = 0.004, aber nicht in Stufe 3 p = 0,85.Bei der Rhythmustestung zeigte sich auf keiner der drei Stufen ein Unterschied zwischen Normalhörenden und CI-Patienten. Bei der Instrumentendetektion von 1 - 5 gleichzeitig spielenden Instrumenten erreichten die CI-Träger 36% korrekte Antworten während die Normalpersonen 68% erreichten (p = 0.001) Dabei hatten die CI-Träger schon Probleme 1 Instrument richtig zuerkennen (33%) , während die Normalhörenden 80% korrekte Antworten gaben. Bei zwei Instrumenten erreichten die CI-Träger 60% versus 73% bei der Kontrollgruppe, bei drei 53% versus 73%, bei vier 20% versus 60% und bei fünf 20% versus 53%. Bei der Instrumentenerkennung erreichten die Patienten im Gesamttest 47%, die Normalhörenden 81% (p = 0.001). Dabei wurden von beiden Gruppen das Klavier und das Xylophon am besten erkannt. Bei falschen Antworten, wählten die Normalhörenden in der Regel Instrumente mit ähnlicher Grundfrequenz oder aus der gleichen Instrumentenfamilie, diese Systematik war bei CI-Trägern nicht nachzuweisen. Bei der Beurteilung des emotionalen Eindruckes von Musik wurde bei 7 von 32 Stücken ein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen erreicht. In der Dissonanztestung zeigte sich kein Unterschied zwischen beiden Gruppen.

Der Test ist geeignet, die Musikwahrnehmung von CI-Patienten zu testen und Unterschiede zu Normalpersonen aufzuzeigen. Unsere Ergebnisse in individuellen Untertest entsprechen denen, die in der Literatur beschrieben sind, soweit vergleichbare Tests durchgeführt wurden.


Literatur

1.
Gfeller KE, Tuner C, Woodworth G et al. Recognition of familiar meldoies by adult cochlear implant recipients adn normal hearing adults. Cochlear Implants Int 2002; 3: 29- 53
2.
Brockmeier SJ, Nopp P, Vischer M, Baumgartner W, Stark T, Schön F, Müller J, Braunschweig T, Busch R, Getto M, Arnold W, Allum DJ (2001): Korrelation von Sprach- und Musikverstehen von postlingual ertaubten Combi 40/40+ Nutzern. In " Aktuelle phoniatrisch-pädaudiologische Aspekte 2001" Band 9, Hrsg. M Gross, Median Verlag, Heidelberg; 191 - 194.