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Ängstlichkeit und Depressivität bei Müttern sprachentwicklungsauffälliger Kinder
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Published: | September 12, 2003 |
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Zusammenfassung
Hintergrund: Ängstlichkeit und Depressivität sind die häufigsten emotionalen Störungen der Allgemeinbevölkerung. Frauen sind häufiger betroffen, die Inzidenz nimmt mit dem Alter zu. Das Auftreten bei Müttern kann die Sprachentwicklung ihrer Kinder beeinflussen. In der Literatur finden sich keine Daten zur Prävalenz von Ängstlichkeit und Depressivität bei Müttern sprachentwicklungsauffälliger Kinder, darauf zielt diese Studie. Probanden und Methode: Untersucht wurden 100 Mütter (Alter: 33,4 ± 5,3 Jahre) von 100 sprachentwicklungsauffälligen, sonst gesunden Vorschulkindern. Als Test diente die kommerziell erhältliche deutsche Version der Hospital Anxiety and Depression Scale HADS-D, ein insgesamt 14 Items umfassendes Verfahren mit einer Spezifität von 61,5% und einer Sensitivität von 83,3%. Als Kontrollgruppe diente das im Testmanual beschriebene Vergleichskollektiv gesunder Frauen. Ergebnisse: Insgesamt 11% der Mütter erfüllten die Testkriterien einer Depression gegenüber 2,5% in der Kontrollgruppe (p < 1%). Die Prävalenz von Ängstlichkeit wich nicht von der Gesunder ab (p > 5%). Diskussion: Eine Screeninguntersuchung mittels HADS-D ist geeignet, eine Depression oder Ängstlichkeit aufzudecken. Im beschriebenen Kollektiv ist die Häufigkeit von Depressionen erhöht: Losgelöst vom individuellen Ursachengefüge gehört ein auffälliger Screeningbefund fachkompetent abgeklärt. Eine spezifische Behandlung betroffener Mütter könnte die kindliche Sprachentwicklung positiv beeinflussen.
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Hintergrund
Ängstlichkeit und Depressivität sind die häufigsten emotionalen Störungen in der Allgemeinbevölkerung. Frauen sind häufiger betroffen, die Inzidenz nimmt mit dem Alter zu. Das Auftreten bei Müttern kann die Sprachentwicklung ihrer Kinder beeinflussen, da die betroffenen Mütter wegen ihrer eingeschränkten Kommunikationsbereitschaft ein weniger gutes Sprachvorbild für ihre Kinder sind. Umgekehrt kann die auffällige Entwicklung eines Kindes eine reaktive emotionale Störung der Mutter bedingen. Belegt ist dies bei komplexen Entwicklungsstörungen, nicht jedoch bei Müttern der Kinder mit einer auffälligen Sprachentwicklung, und darauf zielt diese Studie.
Probanden und Methode
100 Mütter (Alter: 33,4 ± 5,3 Jahre) von 100 sprachentwicklungsauffälligen, sonst gesunden Vorschulkindern wurden untersucht. Als Test diente die kommerziell erhältliche deutsche Version der Hospital Anxiety and Depression Scale HADS-D, ein insgesamt 14 Items umfassendes Verfahren mit einer Spezifität von 61,5% und einer Sensitivität von 83,3%. Als Kontrollgruppe diente das im Testmanual beschriebene Vergleichskollektiv gesunder Frauen.
Ergebnisse
Insgesamt 11% der Mütter erfüllten die Testkriterien einer Depression gegenüber 2,5% in der Kontrollgruppe (p < 1%). Die Prävalenz von Ängstlichkeit wich nicht von der Gesunder ab (p > 5%).
Diskussion
Die HADS-D ist als Screening-Verfahren konzipiert und geeignet, eine abklärungsbedürftige Depression oder Ängstlichkeit aufzudecken. Natürlich wird mit einem positiven Testergebnis keine psychiatrische Diagnose gestellt, sondern lediglich ein substantieller Verdacht geäußert, der fachmedizinisch erhärtet werden und ggf. einer sachgerechten Therapie zugeführt werden muss. Entsprechend den Angaben in der Literatur, nach denen kindliche Entwicklungsstörungen bei den Müttern eine reaktive emotionale Störung hervorrufen können, ist auch im Testkollektiv die Häufigkeit von Depressionen erhöht. Eine Aussage zum individuellen Ursachengefüge ist auf der Basis der erhobenen Daten nicht möglich. Grundsätzlich ist aber offenbar die Häufigkeit abklärungsbedürftiger Depressionen bei den Müttern sprachentwicklungsauffälliger Kinder mit 11% derartig hoch, dass diese Frage routinemäßig in einer phoniatrisch-pädaudiologischen Sprechstunde berücksichtigt werden sollte. Weiterer Forschungsbedarf besteht im Hinblick auf die Frage, ob das Testergebnis durch situative Faktoren mitbestimmt wird und ob durch eine spezifische therapeutische Intervention das Behandlungsergebnis bei Mutter und Kind positiv beeinflusst wird.