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20. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

12. bis 14.09.2003, Rostock

Nachweis von Hormonrezeptoren in gutartigen Veränderungen der Stimmlippenschleimhaut

Vortrag

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  • corresponding author Dirk Verges - Abt. für Phoniatrie und Pädaudiologie, Univ.-HNO-Klinik Charité, Schumannstraße 20/21, 10117 Berlin.
  • author Glen Kristiansen - Institut für Pathologie der Charité, Schumannstraße 20/21, 10117 Berlin. Tel. 030 / 450 536 145
  • Wolfram Seidner - Abt. für Phoniatrie und Pädaudiologie, Univ.-HNO-Klinik Charité, Schumannstraße 20/21, 10117 Berlin.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 20. Wissenschaftliche Jahrestagung der DGPP. Rostock, 12.-14.09.2003. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2003. DocV23

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/meetings/dgpp2003/03dgpp032.shtml

Published: September 12, 2003

© 2003 Verges et al.
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Zusammenfassung

Bei zahlreichen Veränderungen der Stimme spielt ein hormoneller Einfluß eine entscheidende Rolle. Ob auch die Entstehung von Stimmlippenpolypen oder Reinkeödemen durch die Wirkung von Hormonen begünstigt wird, ist bislang noch nicht ausreichend untersucht. In der Stimmlippenschleimhaut ließen sich in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht Rezeptoren für Androgen, Progesteron, und Östrogen nachweisen (Newman et.al., 1990). Wir gingen der Frage nach, ob sich auch in gutartigen Gewebsverdickungen der Stimmlippenschleimhaut durch die Expression von Hormonrezeptoren ein hormoneller Einfluß andeutet. Bei 31 nach phonochirugischen Eingriffen gewonnenen Histologie-Präparaten der Stimmlippenschleimhaut fand sich eine Expression des Androgenrezeptors (alkalische-Phosphatase-Färbung) in der Hälfte der Fälle. Östrogen- und Progesteronrezeptoren wurden deutlich seltener expremiert.


Text

Einleitung

Bei zahlreichen Veränderungen der Stimme spielt ein hormoneller Einfluss, vor allem durch Sexualhormone, eine wichtige Rolle. Ob auch die Entstehung von gutartigen Veränderungen an der Stimmlippenschleimhaut wie Polypen oder Reinkeödeme durch die Wirkung von Hormonen begünstigt wird, ist bislang noch nicht publiziert worden. Verschiedene Risikofaktoren vor allem entzündliche Reizzustände, verursacht z. B. durch starkes Rauchen, sowie die mechanische Beanspruchung des Stimmlippenrandes bei übermäßigem Stimmgebrauch werden als Ursache für die Entstehung gutartiger Stimmlippenveränderungen verantwortlich gemacht. Die meist gleichzeitig erwähnten konstitutionellen Faktoren im Sinne einer ungünstigen natürlichen Veranlagung konnten bislang nicht näher beschrieben werden. Ausgangspunkt gutartiger Stimmlippenveränderungen scheint eine beeinträchtigte Stimmlippenschwingung zu sein, hervorgerufen durch eine Störung im Aufbau und der Funktion der extrazellulären Matrix [1].

Bei genetischen Untersuchungen von gutartigen Stimmlippenveränderungen zeigte sich bei Polypen eine stärkere Gen-Expression der in der extrazellulären Matrix vorkommenden Proteine im Vergleich zu Reinkeödemen [2].

Untersuchungen von Hormonrezeptoren im Bereich der Stimmlippen fanden wir lediglich in einer Publikation von Newman et al.[3], die in der Stimmlippenschleimhaut in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht nachweisen konnten, dass Rezeptoren für Androgen, Progesteron und Östrogen vorhanden sind. Wir gingen der Frage nach, ob sich auch in gutartigen Gewebsverdickungen an den Stimmlippen durch die Expression von Hormonrezeptoren ein hormoneller Einfluss andeutet.

Material und Methode

Bei 25 durch phonochirugische Eingriffe entfernten Stimmlippenpolypen sowie bei 9 Schleimhautpräparaten nach der Abtragung von Reinkeödemen erfolgte zunächst eine histologische Aufbereitung der Präparate und eine Hämatoxylin-Eosin-Färbung zur Bestätigung des klinischen Befundes sowie auch zum Ausschluß eines Malignoms. Zusätzlich wurde eine immunhistochemische Färbung mit alkalischer Phosphatase zum Nachweis von Östrogen-, Androgen- und Progesteronrezeptoren als einem gängigen histologischen Verfahren durchgeführt. Die Präparate wurden dann immunhistochemisch auf das Vorhandensein der genannten Rezeptoren untersucht.

Ergebnisse

Bei 17 der untersuchten 25 Stimmlippenpolypen ließen sich Hormonrezeptoren nachweisen [Abb. 1], wobei eine Expression des Androgenrezeptors 14 mal auffällig war. Der Östrogenrezeptor wurde nur in einem, der Progesteronrezeptor in zwei Fällen exprimiert. Rezeptoren unterschiedlicher Hormone in einem Polypen wurden dagegen nicht nachgewiesen. Das vermehrte Auftreten des Androgenrezeptors fand sich bei beiden Geschlechtern, bei den Frauen aber etwas häufiger.

Von neun untersuchten Gewebeproben nach Abtragung von Reinkeödemen (8 Präparate stammten von weiblichen Patienten), ließen sich in 4 Fällen Androgenrezeptoren erkennen. In einem Fall gelang der Nachweis aller drei untersuchten Rezeptoren, in einem weiteren Fall fanden sich Östrogen- und Progesteronrezeptoren [Abb. 2].

Diskussion

Aus dieser Untersuchung geht hervor, dass gutartige Veränderungen an den Stimmlippen, insbesondere Polypen, zu einem hohen Anteil Hormonrezeptoren besitzen. Auch in den wenigen untersuchten Präparaten von Reinkeödemen fanden sich in mehr als der Hälfte Hormonrezeptoren. Das legt die Vermutung nahe, dass nicht nur bei physiologischen Stimmveränderungen wie Mutation, Menstruation, Schwangerschaft, Menopause oder bei der Altersstimme ein hormoneller Einfluss bedeutsam ist, sondern dass Hormone auch an der Entstehung gutartiger Gewebsverdickungen an den Stimmlippen beteiligt sein könnten. Die sowohl bei Frauen als auch bei Männern häufig gesehene Expression des Androgenrezeptors in den untersuchten Stimmlippenpolypen scheint auf eine besondere Bedeutung männlicher Geschlechtshormone hinzuweisen. Newman et al. [3] fand eine Expression des Androgenrezeptors in der Stimmlippenschleimhaut häufiger beim männlichen als beim weiblichen Geschlecht. Möglich wäre ein Einfluss von Androgenen und anderen Hormonen auf die Regulation der extrazellulären Matrix. Untersuchungen zu den Regulationsmechanismen der extrazellurären Matrix der Stimmlippenschleimhaut existieren bislang jedoch nicht [2].

Aufgrund der geringen Fallzahl kann bei den untersuchten Reinkeödemen noch keine Aussage über das Verteilungsmuster der Hormonrezeptoren getroffen werden, aber sicher können weitere Untersuchungen darüber Aufschluss bringen.


Literatur

1.
Courey MS, Shohet JA, Scott MA, Ossoff RH (1996) Immunohistological characterization of benign laryngeal lesions. Ann Otol Rhinol Laryngol;105, 525-31
2.
Thibeault SL, Gray SD, Li W, Ford CN, Smith ME, Davis RK (2002) Genotypic and phenotypic expression of vocal fold polyps and reinke´s edema: a preliminary study. Ann Otol Rhinol Laryngol;111, 302-9
3.
Newman SR, Butler J, Hammond EH, Gray SD (2000) Preliminary report on hormone receptors in the human vocal fold. J Voice;14, 72-81