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121. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

27. bis 30.04.2004, Berlin

Lokal appliziertes IGF-I beschleunigt die Darmheilung bei Darmanastomosen im Rattenmodell

Vortrag

  • presenting/speaker Thomas Fuchs - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie Westfälische Universität Münster, Münster, Deutschland
  • G.S. Schmidmaier - Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Charite, Campus Virchow, Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin, Deutschland
  • C.S. Surke - Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Charite, Campus Virchow, Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin, Deutschland
  • S.Q. Quandte - Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Charite, Campus Virchow, Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin, Deutschland
  • W.P. Petersen - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie Westfälische Universität Münster, Münster, Deutschland
  • W.D. Düsel - Bundeswehrkrankenhaus Berlin, Berlin, Deutschland
  • P.N. Neuhaus - Klinik für Allgemein-, Visceral- und Transplantationschirurgie Charite, Campus Virchow, Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin, Deutschland
  • M.R. Raschke - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie Westfälische Universität Münster, Münster, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 121. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 27.-30.04.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04dgch1165

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Published: October 7, 2004

© 2004 Fuchs et al.
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Outline

Text

Einleitung

Anastomoseninsuffizienzen stellen eine der Hauptkomplikationen in der gastrointestinalen Chirurgie dar. Mortalitätsraten bis zu 30%, verursacht durch Peritonitis, Retroperitonitis und Multiorganversagen, werden in der Literatur beschrieben. Eine der Hauptursachen für das Auftreten von Anastomoseninsuffizienzen ist eine durch die Operation hervorgerufene Störung der Durchblutung im anastomosierten Gebiet. Durch die Applikation von Wachstumsfaktoren könnte die Darmheilung stimuliert und Anastomoseninsuffizienzen vermieden werden. Systemische Applikation von Wachstumsfaktoren ist teuer, verursacht unerwünschte Nebenwirkungen und macht eine parenterale Ernährung notwenig. Durch die lokale Applikation von Wachstumsfaktoren wie Insulinlike Growth Factor-I (IGF-I) könnte im Anastomosenbereich eine hohe Wirkstoffkonzentration erzielt werden, ohne den Organismus mit hohen systemischen Dosen zu belasten. Aus diesem Grund wurde ein Verfahren entwickelt mit dem die Beschichtung von Fadenmaterial mit einer biodegradierbaren Poly(D,L-Laktid) Beschichtung möglich ist. In diese Beschichtung können Wachstumsfaktoren eingearbeitet werden, die dann in vivo durch Hydrolyse der PDLLA-Beschichtung lokal freigesetzt werden.

Material und Methoden

45 cm lange, monofile, resorbierbare Fäden der Stärke 6/0 wurden unter sterilen Bedingungen mit bioresorbierbarem Poly(D,L-Laktid) [Böhringer Ingelheim, Deutschland] beschichtet. In diese Beschichtung wurde Insulinlike Growth Factor-I (IGF-I) in einer Konzentration von 2,5 % eingearbeitet. Die Schichtdicke wurde rasterelektronenmikroskopisch bestimmt. Um die Bioaktivität der Wachstumsfaktoren zu erhalten erfolgte die Beschichtung als kalte Beschichtungstechnik. Für den Elutionsversuch wurden 5 Fäden mit Aprotinin in einer Konzentration von 10% beschichtet. Diese wurden in Phosphatpuffer eluiert und nach 4, 6, 12 und 24 h sowie vom 2. bis zum 10. Tag die freigesetzte Proteinmenge durch Coomassie Protein-Kit bestimmt. Bei 144 weiblichen, 5 Monate alten Sprague Dawley Ratten wurde nach Vollnarkose standardisiert das Colon transversum durchtrennt und mit unbeschichteten (Gruppe I), PDLLA beschichteten (Gruppe II) und PDLLA + IGF-I (Gruppe III) beschichteten 6/0 PDS Fäden (Ethicon, Deutschland) in seromuskulärer, einschichtiger, fortlaufender Nahttechnik anastomisiert. Nach 1, 3 und 7 Tagen wurden die Anastomosen histologisch und biomechanisch (jeweils n=8 pro Gruppen) ausgewertet. Für die biomechanische Evaluierung wurde ein intraluminaler Druckbelastungstest mit einem speziell konstruierten Versuchsaufbau durchgeführt. Die histologische und immunhistochemische Auswertung erfolgte mittels HE- und v. Gieson-Färbung. Zur Analyse und Entzündungsreaktionen wurden CD68 Antikörpern angefärbt. Die statistische Auswertung wurde mittels MANN-WHITNEY Test mit einem Signifikanzniveau von 0,05 durchgeführt.

Ergebnisse

Die Vorversuche zeigten rasterelektronenmikroskopischen Untersuchungen eine gleichmäßige, 10 µm dicke PDLLA Schicht auf den Fäden. Der Elutionsversuch zeigte nach einem initialen Peak eine gleichmäßige Freisetzung der in die Beschichtung eingearbeiteten Proteine. Im Tierversuch konnte 3 Tage nach der Operation in Gruppe III (PDLLA+IGF-I) eine signifikant höhere biomechanische Stabilität der Anastomose im Vergleich zu den Kontrollgruppen I und II gezeigt werden. Diese Ergebnisse wurden durch die Auswertung der histologischen und immunshistochemischen Färbungen der Anastomosen unterstützt. Diese Untersuchungen zeigten eine gesteigerte Überbrückung des Anastomosenspaltes durch Kollagen und Fibroblasten, sowie eine geringere Anzahl an CD68 positiver Entzündungszellen in Gruppe III gegenüber den Kontrollgruppen.

[Abb. 1]

Schlussfolgerung

In dieser Studie konnten gezeigt werden, dass die Beschichtung von Fadenmaterial mit Wachstumsfaktoren möglich ist. Die lokale Applikation von IGF-I kann die Heilung von Darmanastomosen im Rattenmodell signifikant steigern. Fadenmaterial sorgt so nicht nur für die mechanische Stabilität von Anastomosen, sondern dient gleichzeitig als Drugcarrier. So könnten durch Anastomoseninsuffizienzen bedingte Komplikationen vermieden werden und dadurch Morbidität und Kosten gesenkt werden.