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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

hbz - Das Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen: Partner der Bibliotheken und Entwickler innovativer Formen der Informationsvermittlung: 10 Fragen von Bruno Bauer an Hans Ollig, Leiter des hbz

hbz - NRW Online Utility and Library Service Centre: partner of libraries and developer of innovative forms of information brokering: ten questions from Bruno Bauer to Hans Ollig, Head of the hbz

Interview

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  • corresponding author Hans Ollig - Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen (hbz), Köln, Deutschland
  • author Bruno Bauer - Medizinische Universität Wien, Universitätsbibliothek, Wien, Österreich

GMS Med Bibl Inf 2006;6(2):Doc21

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/journals/mbi/2006-6/mbi000039.shtml

Published: September 14, 2006

© 2006 Ollig et al.
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Zusammenfassung

Das 1973 gegründete Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen - hbz (http://www.hbz-nrw.de/) fungiert als Dienstleister für Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus. Das aktuelle Interview mit Hans Ollig (Abbildung 1 [Abb. 1]), Leiter des hbz, informiert über Ziele und Aufgaben des hbz, vom hbz-Verbundsystem über die konsortiale Erwerbung elektronischer Ressourcen bis zur Digitalen Bibliothek (DigiBib). Thematisiert werden auch laufende Projekte, an denen das hbz beteiligt ist, wie Digital Peer Publishing (DiPP NRW), vascoda oder der Dreiländerkatalog.

Schlüsselwörter: Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen, hbz-Verbundsystem, Digitale Bibliothek, Digital Peer Publishing, vascoda, Dreiländerkatalog, Interview

Abstract

The North Rhine-Westphalia Online Utility and Library Service Centre - hbz (http://www.hbz-nrw.de/) was launched in 1973. It provides services to libraries in North Rhine-Westphalia and beyond. Hans Ollig (Abbildung 1 [Fig. 1]) is head of hbz. The current interview informs about hbz’s duties and objectives. It deals with the hbz union catalogue, acquisition of electronic resources via consortia and the Digital Library (DigiBib). Ongoing hbz projects are mentioned eg. Digital Peer Publishing (DiPP NRW), vascoda and the Three National Catalogue.

Keywords: North Rhine-Westphalia Online Utility and Library Service Centre, union catalogue, Digital Library, Digital Peer Publishing, vascoda, Three National Catalogue, interview


Interview

1. Aufgaben des hbz

B. Bauer: Die zentrale Aufgabe des 1973 gegründeten hbz waren zunächst Entwicklung, Steuerung und Betrieb eines automatisierten Verbundsystems für die kooperative Katalogisierung. Mittlerweile versteht sich das hbz aber als zentrale Dienstleistungs- und Entwicklungseinrichtung für Bibliotheken innerhalb und auch außerhalb von Nordrhein-Westfalen.

Welche Produkte und Dienstleistungen werden derzeit vom hbz angeboten und welche nordrhein-westfälischen bzw. auswärtigen Bibliotheken nutzen die Angebote des hbz? Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählt das hbz und aus welchen Mitteln wird der Betrieb des hbz finanziert?

H. Ollig: Das hbz versteht sich schon seit langem als Dienstleister für Bibliotheken, sowohl für die Bibliotheken der Verbundregion, also Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, als auch darüber hinausgehend. Als einen Meilenstein unter vielen kann man hier z.B. die Digitale Bibliothek nennen, die vor sieben Jahren aus der Taufe gehoben wurde und inzwischen weit über den Verbundbereich sowohl in wissenschaftlichen wie auch öffentlichen Bibliotheken etabliert ist. Im letzten Jahr hat sich das hbz ein komplett überarbeitetes Corporate Design gegeben, das auch ein neues Logo beinhaltet. Die Wörter „Wissen-Information-Innovation“ im Logo drücken gut unseren Anspruch und unsere Ziele aus: Wissen zu bewahren, Informationen zu vermitteln – und dies schließt natürlich auch ein, Bibliotheken leistungsfähige Werkzeuge an die Hand zu geben, damit sie dies ebenfalls für ihre Nutzer tun können – und last but not least Innovationen zu schaffen, d.h. aktuelle Trends und Ansätze aufzugreifen und an den Bedarf von Bibliotheken und Endnutzern anzupassen.

Wir bieten eine ganze Palette von Produkten und Dienstleistungen. Alle aufzuzählen würde hier zu weit führen, daher erlauben Sie mir, mich auf zentrale Bereiche zu beschränken. Hier ist natürlich zu nennen die hbz-Verbunddatenbank, die DigiBib mit ihren Zusatzmodulen und der konsortialen Erwerbung, Digital Peer Publishing, der hbz-Medienserver einschließlich solcher Projekte wie Catalogue Enrichment oder Automatischer Langzeitarchivierung, und – ein Bereich, in dem wir zur Zeit verstärkt Ressourcen einsetzen – der sogenannte Suchraum, d.h. ein Index, der erstmalig für Bibliotheken relevante Inhalte zusammenführt. Sie können per Suchmaschinentechnologie recherchiert und die Ergebnisse in unterschiedliche Clients eingebunden werden. Eine Referenzanwendung ist beispielsweise der Dreiländerkatalog, wo Verbundkataloge mittels dieser Technologie zusammengeführt wurden.

Das hbz verfügt über einen Mitarbeiterstamm von etwas über 100 Personen. Wir werden als eine dem nordrhein-westfälischen Ministerium für Innovation, Forschung, Wissenschaft und Technologie unterstellte Behörde zum Teil aus Landesmitteln finanziert, zum Teil arbeiten wir jedoch auch mit Drittmitteln. Dies sind einerseits Projektmittel wie z.B. bei vascoda und andererseits Einnahmen, die wir mit unseren Produkten erzielen.

2. hbz-Verbunddatenbank

B. Bauer: Das automatisierte Verbundsystems für die kooperative Katalogisierung stellt, wie bereits erwähnt, einen Kern der hbz-Aktivitäten dar.

Was sind die Charakteristika des hbz-Verbundsystems? Wie viele Bibliotheken nehmen daran teil, wie viele Titel bzw. Bestandsdaten sind in der hbz-Verbunddatenbank enthalten? Wie wird sich die hbz-Verbunddatenbank in Zukunft weiterentwickeln?

H. Ollig: Wir betreiben ein Verbundsystem auf der Basis von ALEPH 500. Aktiv katalogisieren zur Zeit 55 Hochschul-, Landes- und Stadtbibliotheken in die Datenbank, aber nachgewiesen sind natürlich noch erheblich mehr Daten, z.B. von fast 1150 Institutsbibliotheken oder aus Retrokonversionprojekten des vormaligen Zentralkataloges. Es sind über 14 Millionen Titel und 30 Millionen Bestandsdaten vorhanden, hinzu kommen noch die ZDB-Daten und die Nordrhein-Westfälische Bibliographie sowie knapp 3,5 Millionen Daten aus öffentlichen Bibliotheken. Zu Ihrer Frage nach der Weiterentwicklung: wie ich schon sagte, haben wir den Gesamtbestand der Verbunddaten für unseren hbz-Suchraum indexiert und machen die Daten so für unterschiedliche Client-Systeme recherchierbar, in zuvor nie da gewesener Schnelligkeit und mit Zusatzfunktionalitäten, die die Nutzer heutzutage von Internet-Suchmaschinen kennen und zunehmend auch bei bibliothekarischen Angeboten erwarten.

3. Elektronische Datenbanken

B. Bauer: Ein wichtiges neues Feld wurde vom hbz 1999 eröffnet: seither werden vom hbz, in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Elektronische Zeitschriften und Datenbanken, digitale Inhalte (elektronische Datenbanken, e-Zeitschriften und e-Bücher) konsortial für die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen erworben.

Wie funktioniert die konsortiale Erwerbung im hbz? Für wie viele Produkte gibt es derzeit Lizenzen? Welche zusätzlichen Leistungen werden den Konsortialpartnern durch das hbz angeboten?

H. Ollig: Im hbz kümmert sich eine eigene Gruppe um die konsortiale Erwerbung. Inzwischen sind über 150 Produkte aller Fachrichtungen vom hbz unter Vertrag genommen. Abgesehen von den Verhandlungen, die das hbz im Auftrag der Bibliotheken mit den Anbietern führt, evaluieren wir regelmäßig anhand von zyklischen Umfragen unter den Bibliotheken die Produkte und werten sie statistisch aus. Darüber hinaus schulen wir die Bibliotheken regelmäßig in der Nutzung der lizenzierten Produkte, entweder in unseren hauseigenen Schulungsräumen oder direkt vor Ort in den Bibliotheken.

Die lizenzierten Medien werden in der Regel in die Digitale Bibliothek integriert, entweder über direkte Einbindung in die Suchfunktionen oder Verknüpfung der DigiBib-Verfügbarkeitsrecherche mit den Zielsystemen der Anbieter. Dies bedeutet, dass die Bibliotheken für ihre Nutzer einerseits natürlich die direkte Recherche über die Anbieteroberflächen gewährleisten können, andererseits die lizenzierten Produkte aber durch die Einbindung in die DigiBib im „look and feel“ der Bibliothek angeboten werden können – ein überaus wichtiger Aspekt, wenn es um die Positionierung der Bibliothek geht, denn wo dies nicht der Fall ist, werden Bibliotheken häufig nicht als Lieferanten der von ihnen erworbenen Inhalte erkannt.

4. Die Digitale Bibliothek - DIGIBIB

B. Bauer: Das hbz sieht sich nicht nur als Betreiber des Verbundkatalogs und Organisator digitaler Inhalte, sondern bietet über die Digitale Bibliothek (DigiBib) auch einen einheitlichen Zugang zu heterogenen Informations- und Dienstleistungsangeboten.

Welches Konzept steht hinter der DigiBib? Welche Vorteile bietet DigiBib für eine Bibliothek, und wir kann man Partnerbibliothek werden? Welche Rolle spielt die Online-Fernleihe für DigiBib?

H. Ollig: Die DigiBib bietet Bibliotheken die Möglichkeit, sämtliche Inhalte, d.h. alle Kataloge, Nachweisinstrumenten, kostenfreie sowie lizenzierte Datenbanken usw. unter einer Oberfläche anzubieten. Das Portal wird dabei dem Corporate Design der Institution angepasst, so dass die Nutzer sich in vertrautem Umfeld bewegen können. Über die Recherchemöglichkeiten hinaus bietet die DigiBib aber noch den „Weg zum Treffer“, d.h. der Nutzer wird nicht alleingelassen mit der reinen bibliographischen Information, sondern es wird ihm aufgezeigt, wie er konkret an seine Literatur kommen kann: entweder als elektronischer Volltext, als Bestellung im lokalen System, beim Internet-Buchhandel oder als Fernleihe. Daher ist die Online-Fernleihe sowohl für Bücher wie auch für Artikel nahtlos in die DigiBib integriert, obwohl es sich um ein eigenständiges System mit komplett anderer Software handelt. Dies soll der Nutzer aber nicht zu sehen bekommen, sondern sich stets auf einer Oberfläche bewegen, ohne wechseln zu müssen.

Was die Teilnahme betrifft: wir besitzen seit zwei Jahren die Exklusivrechte an der Software der DigiBib in bestimmten Bereichen. Dies bedeutet, dass jede Bibliothek einer deutschen oder österreichischen öffentlich-rechtlichen Institution sowie aus dem deutschsprachigen Raum der Schweiz und Luxemburg Teilnehmer der Digitalen Bibliothek werden kann. Die Kosten für die Teilnahme richten sich dabei nach der Zahl der Medieneinheiten der Bibliotheken.

5. hbz–Werkzeugkasten & DigiLink

B. Bauer: Mit dem hbz-Werkzeugkasten verfügt das hbz über eine umfassende Sammlung von mehr als 65.000 Internetquellen mit Informationen zu Buch und Bibliothek. Dabei bietet DigiLink, das Linkverwaltungssystem des hbz, einen raschen Zugriff zu den erfassten Quellen.

Worin liegen die Vorteile von DigiLink gegenüber diversen anderen Linkverzeichnissen? Wie viele Bibliotheken beteiligen sich an DigiLink und welche Möglichkeiten der Kooperation gibt es?

H. Ollig: Der Werkzeugkasten – in der Tat ein stark genutztes Rechercheangebot – ist eine Referenzanwendung von DigiLink. Früher bestand er aus schlichten HTML-Listen, wurde jedoch im letzten Jahr im Zuge der Umgestaltung unserer Webseiten auf die Software DigiLink portiert. DigiLink ist eine Eigenentwicklung des hbz, die auf Open Source-Software basiert. Sie ist dafür vorgesehen, in die DigiBib integriert zu werden, kann aber auch als Stand-alone-Lösung verwendet werden. Der Charme des Systems liegt einerseits in der flexiblen Anpassbarkeit an die Bedürfnisse der Bibliothek, andererseits im kooperativen Aspekt: ein von einer Bibliothek eingestellter Link kann von den anderen am System beteiligten Bibliotheken übernommen, modifiziert, kommentiert werden. Daher auch der Slogan „Gemeinsam statt einsam“. Durch das kooperative System kann eine neue Teilnehmerbibliothek auf einen umfangreichen Grundstock von qualitätsgeprüften Weblinks von inzwischen über 80 Teilnehmern aufbauen und muss selbst nicht bei Null anfangen. Ein großer Vorteil von DigiLink liegt ferner darin, dass das System nicht nur für eine Bibliothekssparte konzipiert ist, sondern Anwender in wissenschaftlicher sowie öffentlicher Trägerschaft hat und dass das Design anpassbar ist an das Corporate Layout der Bibliothek.

6. Digital Peer Publishing - DiPP NRW

B. Bauer: Digital Peer Publishing (DiPP NRW) wurde vom nordrhein-westfälischen Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie mit dem Ziel gegründet, alternative Publikationsformen zu fördern. DiPP NRW ist eine technische und organisatorische Plattform für eine Vielzahl von Fachzeitschriften, die den Grundsätzen des Open Access Publishing entsprechen.

Welche Rolle hat das hbz für die Initiative DiPP NRW übernommen? Welche Motive waren dafür ausschlaggebend, dass das hbz nunmehr auch Dienstleistungen rund ums elektronische Publizieren anbietet?

H. Ollig: Das hbz ist einerseits zuständig für die technische Betreuung und Weiterentwicklung des Systems und andererseits tätig im Bereich der Akquise neuer E-Journals und der Zusammenarbeit mit der internationalen Open Access-Gemeinschaft. Daneben benötigen neue Teilnehmer Schulungen, Unterstützung bei rechtlichen Fragen, organisatorische Hilfe usw. Die Motivation für das Engagement des hbz bei der Initiative war die Überzeugung, dass Open Access der Weg der Zukunft für das wissenschaftliche Publizieren sein wird. Darüber hinaus spielte bei der ursprünglichen Entscheidung auch das Interesse eine Rolle, mit dem Projekt eine neue Kategorie von Kunden zu gewinnen, zumindest aber für das hbz zu interessieren: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Das ist uns inzwischen gelungen. In den Hochschulen findet zunehmend eine stärkere Zusammenarbeit zwischen dem wissenschaftlichen Personal und den Bibliotheken statt, und dies möchte das hbz mit dem DiPP-Projekt fördern.

7. vascoda

B. Bauer: Eine der großen Herausforderungen für Bibliotheken im Internetzeitalter stellen Google und vergleichbare Online-Angebote dar. Als eine wichtige Maßnahme für die Rückholung früherer Bibliotheksbenutzer wurde vascoda entwickelt, das Internetdienste zahlreicher leistungsstarker wissenschaftlicher Bibliotheken und Informationseinrichtungen in einem interdisziplinären Internetportal für wissenschaftliche Information in Deutschland vereinigt. Über 30 Einrichtungen mit fast 30 Angeboten sind an dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Kooperationsprojekt vascoda beteiligt, das den Grundbaustein für eine DIGITALE BIBLIOTHEK DEUTSCHLAND darstellt.

Welche Rolle spielt vascoda in den Konzepten des hbz für den Bibliotheks- und Informationsbereich? Welchen Beitrag leistet das hbz für vascoda?

H. Ollig: Das hbz ist mit zwei vom BMBF geförderten Projekten an vascoda beteiligt, die im Bereich der technischen Betreuung und Weiterentwicklung des Projektes liegen: einmal der Umstellung der Portalsoftware und der Umgestaltung des Portals zu einer offenen und innovativen Informationsplattform und zweitens dem Aufbau eines Suchmaschinen-Clusters für den integrierten Zugriff auf verteilte, heterogene Fachinformationen aus dem Deep Web. Damit sind die über „normale“ Suchmaschinen nicht recherchierbaren wissenschaftlichen Inhalte gemeint, die in den Tiefen von Datenbanken verborgen sind. Für beide Projekte können wir Software einbringen, die wir selbst im Haus für andere Produkte wie die DigiBib und den Suchraum im Einsatz haben, d.h. wir sind in der glücklichen Position, die erheblichen Synergieeffekte, die dies mit sich bringt, nutzen zu können. Dass wir unsere Produkte und Entwicklungen in dieser Art in ein Projekt von der Größenordnung und Bedeutung wie vascoda gewinnbringend einsetzen können, hat uns auch gezeigt, dass das hbz in der Vergangenheit die richtigen Entscheidungen getroffen hat und auf dem richtigen Weg ist. Auf der anderen Seite fließen aber auch Erfahrungen, die wir mit vascoda gewinnen, in die Konzeption unserer eigenen Entwicklungen ein. Von der Partnerschaft hbz/vascoda profitieren also beide Teilnehmer, was z.B. in diesem Jahr seinen Ausdruck in einem gemeinsamen Auftritt auf der info|telligence/CeBIT gefunden hat – eine Messe, auf der wir übrigens auf Wunsch des BMBF gemeinsam vertreten waren.

8. Catalogue Enrichment & Dreiländerkatalog

B. Bauer: Zwei sehr aktuelle Innovationen des hbz sind die Projekte Catalogue Enrichment und Dreiländerkatalog.

Nachdem Amazon und Google ihren Kunden eine Vielzahl an Informationen zu einem Medium bieten, wurde von Bibliotheken das Catalogue Enrichment entwickelt. Bibliothekskataloge werden um Zusatzinformationen angereichert, die Bibliothekskunden sowohl Orientierungs- als auch Entscheidungshilfen bei der Auswahl der benötigten Literatur bieten. Seit August 2005 kooperiert das hbz mit Bibliotheken aus Nordrhein-Westfalen bei der Digitalisierung von Inhaltsverzeichnissen.

Eine wichtige Neuentwicklung ist auch der Dreiländerkatalog, der das Ziel verfolgt, einen Gesamtnachweis aller Bibliotheksbestände aus dem deutschsprachigen Raum zu ermöglichen.

Welche weiteren Etappen sind vom hbz bezüglich des Catalogue Enrichment für die Zukunft geplant? Werden diesbezüglich auch Kooperationen mit anderen Verbünden angedacht?

Welchen Vorteil weist der neue Dreiländerkatalog gegenüber bereits lange im Bibliotheksbereich etablierten Projekten wie dem KVK auf? Wie soll der Dreiländerkatalog in nächster Zeit erweitert und verbessert werden?

H. Ollig: Wir haben im Herbst 2005 gemeinsam mit der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln sowie der Deutschen Zentralbibliothek für Medizin mit der retrospektiven Digitalisierung von 180.000 Inhaltsverzeichnissen aus den Bereichen der Wirtschaftswissenschaften und Medizin begonnen, die in unseren Medienserver integriert wurden. Die guten Erfolge, die hier erzielt wurden, haben uns ermutigt, das Projekt Anfang 2006 mit weiteren Bibliotheken fortzuführen, mit dem Ziel, auch Inhaltsverzeichnisse von Neuerwerbungen zu scannen. Hier gibt es natürlich für die Zukunft erhebliche Möglichkeiten zur Erweiterung, die wir zur Zeit vorbereiten. So existieren z.B. Vereinbarungen mit anderen Verbünden bzw. Bibliotheken aus anderen Verbundregionen, die Scandaten auszutauschen. Daneben haben wir mit Verlagen und anderen Anbietern Kooperationen geschlossen mit dem Ziel, Bibliotheken durch die Übernahme von Anbieterdaten wie Abstracts, Rezensionen, Tables of Contents usw. Mehrwert für ihre Kataloge zu bieten. Kürzlich wurden über 17.000 Titel des Springer-Verlages, die in unserem Verbundkatalog nachgewiesen sind, um solche Daten angereichert, und wir stehen in Verhandlungen mit einer Reihe von anderen Verlagen und Datenanbietern über ähnliche Kooperationen.

Was den Dreiländerkatalog betrifft, so habe ich ja schon auf die großen Vorteile von Suchmaschinentechnologie gegenüber klassischer Technologie von Bibliothekskatalogen hingewiesen: sekundenschnelle Recherche, Funktionalitäten wie Drill-Downs zur Einschränkung von Suchergebnissen – eben alles, was Nutzer von modernen Internet-Suchmaschinen kennen und erwarten – und ein gemeinsamer Index aller Datenbanken statt Metasuche. Der Dreiländerkatalog führt Verbundkataloge aus dem deutschsprachigen Raum zusammen und macht sie in einem gemeinsamen Index durchsuchbar. In der näheren Zukunft werden wir weitere Verbundkataloge integrieren und die Oberflächen überarbeiten, um die Anwendung noch benutzerfreundlicher zu gestalten.

9. Weitere Angebote des hbz

B. Bauer: Neben den bereits angesprochenen Ressourcen und Services bietet das hbz noch eine ganze Palette weiterer Informationsdienstleistungen für Bibliotheken an.

Welche weiteren Angebote sind in diesem Zusammenhang zu nennen?

H. Ollig: In der Tat, das Produktportfolio des hbz ist umfangreich. Ich kann hier nicht alle nennen, nur einige Highlights. So pflegen wir z.B. im Rahmen des Verbundkataloges die Nordrhein-Westfälische Bibliographie, sind im Auftrag des Kompetenznetzwerkes für Bibliotheken zuständig für die Durchführung und Auswertung sowie die technische und redaktionelle Betreuung der Deutschen Bibliotheksstatistik, haben eine eigene Fortbildungsabteilung mit umfangreichem Programm und sind beteiligt an einer Reihe von Projekten wie z.B. dem Zentralen Verzeichnis Digitalisierter Drucke. Wir bieten für Bibliotheken, die kein eigenes Lokalsystem betreiben, die Dienstleistung lok-in hbz an, d.h. wir hosten und administrieren das System für die Bibliothek und bieten darüber hinaus bibliothekarischen Support bei Setup und Betrieb.

Eins unserer jüngsten Kinder in der DigiBib-Familie ist die so genannte DigiAuskunft, ein virtueller und kooperativer Verbund von Bibliotheken beider Sparten. Die Nutzer können dabei über E-Mail und Webformulare mit der Bibliothek in Kontakt treten, die Antworten werden in einer stetig wachsenden „Wissensbasis“ gespeichert, und wenn eine Bibliothek die Frage nicht selbst beantworten kann, wird sie an einen anderen Teilnehmer des Auskunftsverbundes weitergeleitet. Zur Zeit sind wir dabei, zusätzlich ein Chatmodul zu integrieren.

10. Perspektiven

B. Bauer: Herr Ollig, Sie wurden, nachdem Sie zuvor bereits seit über zwanzig Jahren am hbz tätig gewesen sind, vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen mit Erlass vom 21. Dezember 2005 zum Leiter des hbz bestellt. Seither leiten Sie eine der führenden Dienstleistungs- und Entwicklungseinrichtungen für Bibliotheken in Deutschland, von dem wesentliche nationale und internationale Impulse ausgehen.

Welche Schwerpunkte wird das hbz in den kommenden Jahren setzen? Wird es verstärkt Kooperationen mit anderen Verbünden auf nationaler und auch internationaler Ebene kommen? Wo sehen Sie das hbz und die vom hbz servicierten Bibliotheken im Jahr 2020?

H. Ollig: Wir haben in den letzten zwei Jahren das hbz erheblich umgestaltet. Die interne Organisation wurde in weiten Bereichen geändert, bestehende Produkte evaluiert und neue entwickelt, und dies alles vor dem Hintergrund von Stellenabbau und -verlagerungen an andere Institutionen, d.h. mit reduziertem Personal. Dies war und ist nur durch erheblichen persönlichen Einsatz der Mitarbeiter zu leisten. Wir bieten inzwischen ein völlig anderes Produktportfolio an als noch vor einigen Jahren, von dem wir glauben, dass wir damit für die Aufgaben der Zukunft gut gerüstet sind. In den nächsten Jahren wird sich aus unserer Sicht die Situation von Bibliotheken insbesondere in Hochschulen stark verändern - ein Stichwort in diesem Zusammenhang ist z.B. das in Nordrhein-Westfalen geplante Hochschulfreiheitsgesetz. Dies führt zunehmend zu einer Verstärkung des Wunsches bei Bibliotheken, bisher lokal betriebene Lösungen an das hbz abzugeben, z.B. die Ersetzung von klassischen OPAC-Funktionalitäten des Lokalsystems durch in die DigiBib integrierte Module, die vom hbz zentral administriert werden. Das hbz selbst kann die gestiegenen Erwartungen nur durch Ressourcenkonzentration einerseits und starke Partner andererseits erfüllen, daher sind Kooperationen sowohl mit anderen Verbünden als auch mit leistungsfähigen Firmen notwendig.

Ich gehe davon aus, dass sich die Situation für Bibliotheken in den nächsten Jahren stark verändern wird. Möglicherweise wird sich die Zahl der Hochschulen insgesamt reduzieren; die Anforderungen an die Leistungen der Bibliotheken steigen. Dabei benötigen sie starke Partner. Die Verbundzentralen müssen im Zuge von Hochschulfreiheit, Kosten-Leistungs-Rechnung, sinkenden Personalzahlen, geplanter Evaluierung durch die Kultusministerkonferenz und steigenden Ansprüchen der Bibliotheken sicherstellen, dass sie diese Partner sein und die Anforderungen erfüllen können. Ob es in 2020 noch eine Verbundlandschaft, wie sie sich heute darstellt, geben wird, müssen wir abwarten. Es ist aber aus meiner Sicht wahrscheinlich, dass eine Konzentration von einzelnen Dienstleistungen bei den verschiedenen Verbundzentralen stattfinden wird, denn eine Mehrfacherfüllung derselben Aufgaben, wie sie derzeit zum Teil noch stattfindet, ist weder zweckmäßig noch ökonomisch sinnvoll.


Kontakt und biographische Daten

Hans Ollig

Kontakt

Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen (hbz)
Jülicher Straße 6
50674 Köln
Tel.: ++49 (0) 221 400 75 - 113
Fax: ++49 (0) 221 400 75 - 180
E-Mail : ollig@hbz-nrw.de

Biographische Daten

Hans Ollig, Jahrgang 1946, Diplom als Verwaltungswirt. Von 1969-1977 in der Personalverwaltung zunächst der Stadt Köln und ab 1972 der Universität zu Köln beschäftigt. 1977 Wechsel zum Hochschulbibliothekszentrum, Leitung des Referates Verwaltung bis 1998. Übernahme des Fachbereiches EDV, Personal, Finanzen des hbz, 1999-2000 Hospitation am Referat Bibliotheken des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung. 2000 Rückkehr zum hbz, Übernahme des Geschäftsbereiches Digitale Bibliothek. 2004 Einsetzung als kommissarischer Leiter des hbz, 2005 Berufung als Leiter.

Publikationen (in Auswahl)

Ollig, Hans: Access von Anfang an. - Frankfurt am Main : Fischer-Taschenbuch-Verl., 1994 ([Fischer-Taschenbücher] ; 12000 : Fischer-Computer)

Ollig, Hans: Quicken 4 in 500 Bildschritten. - Reinbek bei Hamburg : Rowohlt, 1995 (rororo ; 9817 : rororo Computer : Visual Quicksteps)

Ollig, Hans: Excel für Windows 95 sicher nutzen. - Reinbek bei Hamburg : Rowohlt-Taschenbuch-Verl., 1996 (rororo ; 9837 : rororo Computer : Keine Panik!)

Ollig, Hans: Excel 97 für Windows 95. - Bergisch Gladbach : Honos, 1997.

Ollig, Hans: Daten sichern, Daten schützen. - Reinbek bei Hamburg : Rowohlt, 1997 (rororo ; 19879 : rororo Computer : Keine Panik!)