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Ergebnisse des HTA-Berichtes "Chirurgische Therapien bei Adipositas"
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Veröffentlicht: | 12. Oktober 2007 |
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Gliederung
Abstract
Einleitung: Adipositas wird aufgrund der begleitenden medizinischen, körperlichen, sozialen, wirtschaftlichen und psychologischen Komplikationen als eine chronische, multifaktorielle Erkrankung betrachtet. Angesichts der gravierenden Auswirkungen der Adipositas, wie die zunehmende Wahrscheinlichkeit zahlreicher schwerwiegender Erkrankungen, ergibt sich sowohl auf individueller als auch auf bevölkerungsbezogener Ebene die Notwendigkeit für präventive und therapeutische Maßnahmen. Es zeigt sich, dass Personen mit starker Adipositas deutlich erhöhte Gesundheitskosten im Vergleich zu Normalgewichtigen aufweisen. Insbesondere für die Kostenträger stellt sich somit die Frage nach kosteneffektiven und evidenzbasierten Therapiemöglichkeiten.
Material und Methoden: Relevante Publikationen wurden über eine strukturierte Datenbankrecherche sowie mittels Handrecherche über die vergangenen fünf Jahre identifiziert. Berücksichtigt wurden hierbei alle Arten vergleichende Interventionsstudien als beste verfügbare Evidenz. Die Zielpopulation waren erwachsene Personen mit morbider Adipositas (Body Mass Index (BMI) >= 40 kg/m² oder BMI >= 35 kg/m² mit schwerwiegenden Begleiterkrankungen). Im Rahmen der ökonomischen Betrachtung wurden unterschiedliche Formen von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen in die Analyse einbezogen. Entscheidend war hierbei, dass neben den Kosten auch die Nutzen chirurgischer Therapien bei Adipositas evaluiert wurden, um Aussagen zur Kosteneffektivität einer Maßnahme treffen zu können.
Ergebnisse: Aus insgesamt 4391 Treffern wurden 19 medizinische sowie sechs gesundheitsökonomische Publikationen nach Überprüfung der zuvor festgelegten Ein- und Ausschlusskriterien ausgewählt. Die medizinischen Studien zeigten, dass bariatrische Maßnahmen zu einer signifikant stärkeren Gewichtsabnahme führten als konservative Standardverfahren und malabsorptive Maßnahmen zu einer stärkeren Gewichtsabnahme als rein restriktive Verfahren. Die Gewichtsabnahme schien mit einem Rückgang von Begleiterkrankungen (Diabetes, Hypertonie) zu korrelieren, wobei nicht ausreichend Evidenz vorlag, um diese Effekte für einzelne Verfahren zu quantifizieren. Langfristige Effekte oder die Sicherheit bariatrischer Verfahren konnten nicht beurteilt werden. Die ökonomischen Studien zeigten, dass bariatrische Chirurgie kosteneffektiv im Vergleich zu keiner Behandlung bzw. konservativer Therapie sein kann. Der Vergleich zwischen chirurgischen Therapieverfahren ermöglichte keine abschließenden Aussagen zur ökonomischen Vorteilhaftigkeit eines Verfahrens.
Schlussfolgerungen: Es fehlen langfristige und qualitativ hochwertige Studien, die neben der Gewichtsabnahme auch den Effekt auf Komorbiditäten der Adipositas untersuchen, die Sicherheit der Operation evaluieren und patientennahe Zielgrößen erfassen. Auch die Aussagekraft der ökonomischen Studien ist aufgrund von methodischen Schwächen, kurzen Beobachtungszeiträumen oder Problemen bei der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den deutschen Versorgungsraum eingeschränkt. Folglich kann aufgrund der Evidenz keine Basis gegeben werden, die derzeitige Versorgungspraxis in Bezug auf die Wahl des bariatrischen Operationsverfahren zu ändern und einzelne bariatrische Operationsverfahren gegenüber anderen in der Versorgungspraxis zu bevorzugen oder diesen bestimmte Patientengruppen zuzuordnen. Zukünftige Behandlungen sollen möglichst im Rahmen von kontrollierten Studien erfolgen.