gms | German Medical Science

29. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Hochdruckliga

Deutsche Hochdruckliga e. V. DHL ® - Deutsche Hypertonie Gesellschaft Deutsches Kompetenzzentrum Bluthochdruck

23. bis 25.11.2005, Berlin

Todesursache Nr.1 der Herzinfarkt beginnt im Kindesalter: Hohes kardiovaskuläres Risikofaktorenprofil von Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Epidemiologie

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • R. Eyermann - Kinder- und Jugendmedizin, München (München, D)

Hypertonie 2005. 29. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Hochdruckliga. Berlin, 23.-25.11.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc05hochP147

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/hoch2005/05hoch147.shtml

Veröffentlicht: 8. August 2006

© 2006 Eyermann.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Problem: Atherosklerose Todesursache Nr.1 in modernen Industrienationen. In der BRD kardiovaskuläre Mortalität von 406.000 Betroffenen/Jahr; 48% Anteil an der Gesamtletalität. Ca. 282.000 Myokardinfarkte/Jahr (Augsburger Herzinfarkt-Register). Atherosklerose und KHK beginnen früh im Kindesalter (STARY-Stadien I/II), potenzierend beeinflußt durch Anzahl und Ausmaß evidenzbasierter Risikofaktoren (PDAY- und Bogalusa-Heart-Study). Wesentlich ist die Evaluierung des kardiovaskulären Gesamtgesundheitsrisikos, d.h. die Involvierung aller Risikofaktoren. Risikofaktorenbefunde während Kindheit sind prädiktiv für Folgeuntersuchungen (John Hopkins Precursors Study):

Hypertonie: Persistierende arterielle Hypertension (HTN) wird bei ca. 0,1% der Kinder beobachtet. Im Gegensatz zum Erwachsenen sind sekundäre Formen der HTN häufiger als die essentielle HTN, beziffert auf nur 20% der Fälle in Meta-Analysen von 1575 Kindern und Adoleszenten, rekrutiert aus 9 publizierten Studien. Das Spektrum der sekundären HTN umfasst renale, kardiovaskuläre, endokrinologische neurologische und iatrogene Krankheiten; renoparenchymatöse Erkrankungen sind verantwortlich für 75% und renovaskuläre Erkrankungen für weitere 10%. Hypertensive renoparenchymatöse Erkrankungen werden zumeist verursacht durch akute GN (28%), PN mit oder ohne Reflux (23%), obstruktive Uropathien (10%), HUS (5%) und polyzystische Nierenerkrankung (4%). Bei diesen Erkrankungen variiert die Prävalenz der HTN direkt mit der Prävalenz des cocomitanten chronischen renalen Nierenversagens (CRF). Erste Ergebnisse der prospektiven PEP-Studie Nürnberg (n=1581) (gesamtfamiliäre Infarktprävention, ab 1994, Laufzeit 14 Jahre): bei Grundschülern positive Korrelationen zwischen BMI sowie Risikofaktoren, systolischer und diastolischer Blutdruck: Neben Dyslipidämien Jungen (bzw. Mädchen) 3,4% (3,6%) signifikant erhöhter Blutdruck. Im Vergleich zum Catch-Trial bei ähnlich systolischen Blutdruckwerten signifikante Unterschiede bei diastolischen Werten. Bei juveniler Adipositas in multizentrischen APV-Daten 2004 (28 Zentren, n= 2266): Häufigkeiten von systolischer Hypertension 19,5% und 18,4% diastolischer Hypertension (nach Grenzwerten der 2nd Task Force on Hypertension); Arterielle Hypertension dabei signifikant assoziiert mit dem BMI sowie diastolische Hypertension zusätzliche Knabenwendigkeit (Jungen vermehrt betroffen). Hypertension und Hyperlipidämie untereinander hochsignifikant assoziiert.

Raucherquoten: Stetiger Anstieg bei den 12- bis 15-jährigen Jungen (bzw. Mädchen) von 1993 bis 2001 von 11% auf 18% (12% auf 21%). Ca. 50% der 16- bis 19-Jährigen rauchen regelmäßig mit besonders starker Zunahme bei den Mädchen (1993: 36%, 2001: 45%) (BZgA 2002). Gegenwärtig (BZgA und MfGS 2004, 2005) rauchen 35% der 12- bis 25-Jährigen; das sind Jugendliche, die sich entweder als ständige Raucher (21%) oder als Gelegenheitsraucher (14%) bezeichnen. Darunter sind 22% tägliche Raucher; weiter 4% starke Raucher mit 20 oder mehr Zigaretten am Tag. Von 2001 auf 2004 ist die Raucherquote der 12- bis 17-Jährigen wieder zurückgegangen: von 28% auf 23%; bei den Jungen von 27% auf 24%, bei den Mädchen von 28% auf 23%. Gegenteilig zum günstigen, rückläufigen Effekt in Westdeutschland ist das Rauchverhalten in Ostdeutschland: nahezu epidemiehaft findet sich nach einer zunächst Angleichung des Tabakkonsums an das West-Niveau - besonders ausgeprägt bei den Mädchen - jetzt eine Stagnation; der Anteil der 12- bis 17-Jährigen beträgt 33%, der der Jungen 32%, der der Mädchen 35%.

Passivrauchen: Bis ca. 53% der Kinder unter 1 Jahr und 58% unter 5 Jahren müssen in einem Raucherhaushalt aufwachsen: Entsprechend leiden diese tabakexponierten Kinder unter einer Zunahme der relativen Risiken für Otitis media auf 1,62, Erkrankungen der unteren Atemwege auf 1,57, Asthma bronchiale auf 2,25 (2005).

Bewegungsmangel: Generell jedes 2. Kind. Ausgeprägte Herz-Kreislauf-Ausdauerschwäche ca. 3/4 der Grundschulkinder (6-10 Jahre) (PWC < 3W/kgKG, zumeist < 2,5W/kgKG sowie in Feldtests) bei Mädchenwendigkeit. WIAD-Studie 2000 (n=313), DSB/AOK-Studie 2003 (n >20.000) sowie Studie Universität Würzburg/Gmünder Ersatzkasse 2003 (n > 2000) belegen stetige Zunahme motorischer Defizite von Schulkindern (10-18J.) bzw. Abnahme deren körperlichen Leistungsfähigkeit im Längsschnittvergleich (vs. 1995: Jungen ?20%, Mädchen ?26%). Sportförderbedürftig inzwischen 47% der Kinder, Verdreifachung vs.1986. Inaktivität nimmt vom Kindes- zum Jugendalter zu, gipfelt in gegenwärtig nur noch 15% sich ausreichend körperlich bzw. sportlich betätigender Erwachsener.

Wachsendes soziales Gefälle aller kardiovaskulären Risikofaktoren (Bildungsniveau, Sozialhilfe, etc.) mit akuter Gefährdung bereits nahezu jeden vierten Kindes.