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53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

15. bis 18.09.2008, Stuttgart

Qualitätsmanagement und offenes Benchmarking mit Daten aus Disease Management Programmen

Meeting Abstract

  • Bernd Tschapeller - JOANNEUM RESEARCH Forschungsges.mbH, Graz, Österreich
  • Thomas Truskaller - JOANNEUM RESEARCH Forschungsges.mbH, Graz, Österreich
  • Ivo Rakovac - JOANNEUM RESEARCH Forschungsges.mbH, Graz, Österreich
  • Philipp Perner - JOANNEUM RESEARCH Forschungsges.mbH, Graz, Österreich
  • Bruno Cadonna - JOANNEUM RESEARCH Forschungsges.mbH, Graz, Österreich
  • Peter Beck - JOANNEUM RESEARCH Forschungsges.mbH, Graz, Österreich

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds). Stuttgart, 15.-19.09.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. DocP-51

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2008/08gmds237.shtml

Veröffentlicht: 10. September 2008

© 2008 Tschapeller et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

Informationssysteme sind grundlegende Bestandteile von Disease Management Programmen (DMPs). Mit der DMP Einführung in Deutschland wurde eine flächendeckende Infrastruktur zur Datenerfassung geschaffen. In Deutschland erfolgt die Nutzung der DMP Dokumentation für Qualitätsmanagement momentan uneinheitlich. In Feedbackberichten erfolgt Benchmarking momentan mit einem anonymen Mittelwert. Offenes Benchmarking, also der nicht anonyme Vergleich mit Kollegen, als Grundlage für die Diskussion in Qualitätszirkeln mit der Möglichkeit, von einander zu lernen, wird zurzeit nicht angeboten.

Das Forum Qualitätssicherung in der Diabetologie (FQSD) existiert in Deutschland seit 1996 und in Österreich seit 1998 als freiwillige Initiative für Qualitätssicherung. Das Informationssystem Healthgate BARS (Benchmarking And Reporting Service) ist seit 2002 als Online-Anwendung im Einsatz. Es hat seinen Ursprung im FQSD und wird inzwischen auch in Diabetes Schulungsprojekten in mehreren österreichischen Bundesländern verwendet. BARS bietet neben standardisierter Erfassung oder dem automatischen Import von medizinischen Daten auch die Möglichkeit der Datenauswertung und Erstellung von Qualitätsberichten für offenes Benchmarking. Bisher wurde vom FQSD ein Datensatz auf Basis des WHO Diabcare Basic Information Sheets verwendet.

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wie Daten aus Disease Management Programmen in Deutschland für Qualitätsmanagement, Zertifizierung und offenes Benchmarking mit Healthgate BARS genutzt werden können.

Material und Methoden

Die Daten werden im Disease Management Programm entweder auf Papier erhoben und anschließend von einer Datenstelle elektronisch verfügbar gemacht, oder die Daten werden direkt mithilfe der Arztsoftware in der Einrichtung erhoben, verschlüsselt und der Datenstelle übermittelt.

Für die teilnehmenden Einrichtungen wurden nun zwei Möglichkeiten ermittelt, um die Rohdaten der DMP Dokumentation weiter zu nutzen. Die erste Variante nutzt die Tatsache, dass viele Arztsoftware-Programme die Daten vor der Übermittlung unverschlüsselt ablegen. Somit ist eine einfache, wenn auch für verschiedene Arztsoftware-Produkte nicht einheitliche Möglichkeit des Datenzugriffs gegeben. Die zweite Möglichkeit nutzt das Recht des Arztes als Besitzer der Daten, diese von der Datenstelle anzufordern.

Die Dokumentation im Disease Management Programm erfolgt direkt personenbezogen, da der Personenbezug auch für administrative Zwecke erforderlich ist. Zur Verwendung der Daten für Benchmarking und Qualitätsmanagement ist nur eine indirekt personenbezogene (pseudonymisierte) Übermittlung ausreichend. Zur Patientenidentifikation wurde daher die DMP Fallnummer herangezogen. Auch die Möglichkeit der Anwendung einer nicht rückführbaren Rechenvorschrift (Hash-Berechnung) wurde eingesetzt, um weiterhin zuordnen zu können, wenn mehrere Dokumentationen zu einem Patienten erfasst wurden, ein Rückschluss auf die Identität jedoch nicht mehr möglich war. Der direkte Arztbezug wurde durch die im FQSD übliche Zentrums-Identifikation ersetzt.

Zur Durchführung der Pseudonymisierung wurde eine eigene Software-Anwendung entwickelt, welche lokal am Rechner der Einrichtung ausgeführt werden konnte. Dadurch war sichergestellt, dass die Originaldaten die Einrichtung nie verließen. Diese Anwendung konnte von allen teilnehmenden Einrichtungen einfach via Java Web Start geladen und ausgeführt werden, ohne dass ein weiterer Installationsvorgang erforderlich war.

Im Anschluss an die Pseudonymisierung konnten die Daten in die BARS-Datenbank eingespielt werden. Die Übertragung der Daten erfolgte dabei verschlüsselt (HTTPS) über den Internet-Browser. Beim Import erfolgte eine Prüfung der Daten auf Plausibilität.

Nach dem Import standen die Daten den Einrichtungen zeit- und ortsunabhängig für Auswertungen zur Verfügung. Die Auswertungen wurden in Abstimmung mit den Anwendern erarbeitet und laufend erweitert.

Als zusätzliches Feature wurde die Möglichkeit der Generierung der Datensätze zur Anerkennung von Einrichtungen zur Versorgung von Personen mit Diabetes mellitus nach den Kriterien der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) implementiert. Es konnten sowohl die Datensätze für die Basisanerkennung (Stufe 1) als auch für die erweiterte Anerkennung mit diabetesspezifischem Qualitätsmanagement (Stufe 2) automatisch generiert und exportiert werden.

Ergebnisse

Daten aus Disease Management Programmen konnten von Ärzten für weiter gehende Verwendung für Qualitätssicherung und Offenes Benchmarking verfügbar gemacht werden. Auch auf Papier dokumentierte Daten konnten von den Datenstellen angefordert werden.

Aufgrund der Durchführung der Pseudonymisierung am Rechner des Arztes und die verschlüsselte Datenübertragung waren die erforderlichen Sicherheitsanforderungen erfüllt, und die Daten standen für Online-Datenauswertungen und die Erstellung von Qualitätsberichten zur Verfügung. Beliebige Zentren konnten von den Benutzern ausgewählt und die Ergebnisse der Auswertungen in den Bereichen Patientenindikatoren, Prozess- und Ergebnisqualität tabellarisch und grafisch dargestellt werden.

Im Pilotbetrieb wurde die Anwendung von 13 Zentren in Deutschland verwendet. In diesen Zentren wurden bislang 3517 Patienten erfasst. Da für jeden Patienten mehrere Dokumentationen erfasst wurden, ergab sich eine Gesamtzahl von 10.956 DMP Dokumentationen.

Diskussion

Offenes Benchmarking und Datenauswertungen online sowie die Diskussion in Qualitätszirkeln sind Möglichkeiten, um die Ärzte stärker aktiv einzubeziehen, was den Nutzen von Dokumentation und Feedback weiter steigern könnte [1]. Aus diesem Grund ist es dem FQSD sowie dem Bundesverband niedergelassener Diabetologen (BVND) ein Anliegen, die Daten der DMP Dokumentation zur Gegenüberstellung einzelner Zentren (offenes Benchmarking) und weiterer interaktiver Auswertungen nutzen zu können. Die einfache Aufbereitung der Daten für die Anerkennung von Behandlungseinrichtungen nach DDG Kriterien wirkt zudem ressourcenschonend. Die dafür notwendige technische Infrastruktur wurde umgesetzt und in einem Pilotversuch erfolgreich getestet.


Literatur

1.
Jamtvedt G, Young JM, Kristoffersen DT, O'Brien MA, Oxman AD. Audit and feedback: effects on professional practice and health care outcomes. Cochrane Database Syst Rev. 2006, 2, CD000259.