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53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

15. bis 18.09.2008, Stuttgart

Saisonale Schwankungen in der Mortalität in Baden-Württemberg 1999 - 2006

Meeting Abstract

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  • Dorothee Kuhn - Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, RP Stuttgart, Stuttgart, Deutschland
  • Lothar Baumann - Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, Deutschland
  • Iris Zöllner - Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, RP Stuttgart, Stuttgart, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds). Stuttgart, 15.-19.09.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. DocP-8

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2008/08gmds033.shtml

Veröffentlicht: 10. September 2008

© 2008 Kuhn et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

Die Gesamtsterblichkeit verläuft in Deutschland in der Regel zyklisch mit einem Anstieg der Mortalität in den Wintermonaten und einem Abfall in den Sommermonaten. Besonders ausgeprägt sind diese saisonalen Schwankungen in der Mortalität durch Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen, wobei insbesonders ältere Menschen betroffen sind. Hierfür werden verschiedene Ursachen diskutiert, unter anderem Temperaturschwankungen und infektionsbedingte Einflüsse (z. B. Influenza- und Hitzewellen).

Material und Methoden

In der vorliegenden Studie wurden Daten vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg zur Todesursachenstatistik im Zeitraum 1999 - 2006 analysiert. Ziel war es, saisonale Schwankungen in der Gesamtmortalität sowie bei verschiedenen Todesursachengruppen darzustellen und zu vergleichen. Zur besseren Vergleichbarkeit wurden die monatsbezogenen Daten auf eine einheitliche Monatslänge von 30 Tagen standardisiert und als Zeitreihen dargestellt. Analog wurden die Daten des Landesgesundheitsamtes Baden-Württemberg zu gemeldeten Influenzafällen aus dem Zeitraum der Gültigkeit des Infektionsschutzgesetzes von 2001 - 2006 für Vergleiche herangezogen und graphisch dargestellt.

Ergebnisse

Die Gesamtmortalität weist deutliche Gipfel in der Wintersaison auf. Im Jahr 2003 gab es wegen einer außerordentlichen Hitzewelle zusätzlich einen ausgeprägten Peak im Monat August. Es fällt auf, dass die Maxima der Gesamtmortalität stark mit den Maxima in den Meldedaten zur Influenza korreliert sind (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Der Anstieg der Mortalität im Winterhalbjahr ist im wesentlichen auf erhöhte Sterblichkeitsraten durch Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen zurückzuführen. Insbesondere weisen folgende Todesursachengruppen (nach ICD-10) eine starke saisonale Komponente mit Maxima im Winter auf: Krankheiten des Atmungs- und Kreislaufsystems (Pneumonie, Bronchitis, sonstige ischämische und chronische Herzkrankheiten, sonstige Formen der Herzkrankheiten, zerebrovaskuläre Krankheiten), infektiöse und parasitäre Krankheiten, bösartige Neubildungen (insgesamt) und Krankheiten des Verdauungssystems. Geringer ausgeprägte Schwankungen beobachtet man bei Asthma, Emphysem, akutem Myokardinfarkt, endokrinen, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten, sonstigen Krankheiten der Leber, Krankheiten der Gallenblase, der Gallenwege und des Pankreas sowie Krankheiten des Urogenitalsystems. Betrachtet man die Mortalität durch bösartige Neubildungen getrennt nach verschiedenen Lokalisationen, so zeichnet sich außer bei Lungen-, Brust und Dickdarmkrebs keine deutliche Abhängigkeit von der Jahreszeit ab. Auch bei Sterbefällen durch Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre, alkoholische Leberkrankheit und nach äußeren Ursachen lassen sich keine saisonalen Schwankungen feststellen.

Diskussion

Kälte und deren direkten und indirekten Auswirkungen werden als wesentliche Faktoren für die im Winter gesteigerte Mortalität insbesondere durch Herz-Kreislauf-, Atemwegs- und zerebrovaskuläre Erkrankungen diskutiert. Auch der bekannte saisonale Verlauf der Influenza wird mit erniedrigten Temperaturen assoziiert [1], [2]. In Tierversuchen wurden höhere Influenza-Übertragungsraten bei niedrigen Temperaturen beobachtet [3]. Dass die in der Todesursachenstatistik der Influenza zugeschriebene Mortalität vergleichsweise gering ausfällt, ist wahrscheinlich durch die bevorzugte Angabe bekannter Vorerkrankungen als Todesursache bedingt. Die hohe Korrelation und offensichtliche Übereinstimmung der Maxima in den Zeitreihen der Gesamtmortalität und der gemeldeten Influenza-Inzidenz könnte demnach auch ein Ausdruck von influenzabedingter (Exzess-)Mortalität sein.


Literatur

1.
Lofgren E, Fefferman N, Naumov YN, Gorski J, Naumova EN. Influenza seasonality: Underlying causes and modeling theories. J Virol. 2007; 81: 5429-36.
2.
Huynen MMTE, Martens P, Schram D, Weijenberg MP, Kunst AE. The impact of heat waves and cold spells on mortality rates. Env Health Perspect 2001; 109: 463-70.
3.
Lowen AC, Mubareka S, Steel J, Palese P. Influenza virus transmission is dependent on relative humidity and temperature. PLoS Pathogens 2007; 3: e151, 1470-6.