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53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

15. bis 18.09.2008, Stuttgart

Nichtmedikamentöse verhaltensbezogene Adipositastherapie unter Berücksichtigung der zugelassenen Arzneimittelbehandlung

Meeting Abstract

  • Beate Kossmann - CAREM GmbH, Sauerlach, Deutschland
  • Tanja Ulle - CAREM GmbH, Sauerlach, Deutschland
  • Kai G. Kahl - Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Uniklinikum Carl-Gustav-Carus, TU-Dresden, Dresden, Deutschland
  • Jürgen Wasem - Lehrstuhl für Medizinmanagement Universität, Duisburg-Essen , Essen, Deutschland
  • Pamela Aidelsburger - CAREM GmbH, Sauerlach, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds). Stuttgart, 15.-19.09.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. DocEPI5-4

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2008/08gmds024.shtml

Veröffentlicht: 10. September 2008

© 2008 Kossmann et al.
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Gliederung

Text

Einleitung

Adipositas und Übergewicht gelten in hohem Maße als gesundheitlich relevantes Problem. Viele adipositas-assoziierte Erkrankungen erfordern eine intensive medizinische Betreuung und verursachen in Deutschland einen hohen Anteil an den Gesundheitsausgaben. Die Therapie der Adipositas umfasst Ernährungs- Bewegungs- und Verhaltenstherapien, zumeist in Kombination miteinander. Die Verhaltenstherapie zur Behandlung der Adipositas hat zum Ziel, das Ernährungs- und Bewegungsverhalten von übergewichtigen und adipösen Menschen langfristig zu verändern. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine unterstützende medikamentöse Behandlung indiziert. Die vorliegende Arbeit entstand im Auftrag von DAHTA@DIMDI, um die Effektivität der Verhaltenstherapie unter Berücksichtigung der zugelassenen Arzneimittelbehandlung unter medizinischen, ökonomischen, sozial-ethischen und juristischen Aspekten beurteilen zu können.

Methodik

In relevanten Literaturdatenbanken wie MEDLINE, EMBASE, SCISEARCH, Cochrane-Library CDSR, NHS-CRD-DARE, NHS-CRD-HTA wird eine systematische Literaturrecherche durchgeführt. Literaturstellen, die vorab definierten Einschlusskriterien entsprechen, werden nach anerkannten methodischen Standards der evidenzbasierten Medizin systematisch und qualitativ beurteilt.

Ergebnisse

Es können insgesamt 18 Studien, darunter ein HTA und eine Metaanalyse, identifiziert werden, die die vorgegebenen Einschlusskriterien erfüllen.

Drei Studien bewerten die Verhaltenstherapie im Vergleich zu anderen Therapieformen (Beratung oder Anleitungen zu einer Ernährungsumstellung, körperlicher Aktivität oder deren Kombinationen), sechs Studien untersuchen verschiedene Verhaltenstherapien miteinander, vier Studien vergleichen Verhaltentherapien vermittelt durch Internet oder Telefon (Medien). Drei Studien untersuchen den Effekt einer zusätzlich zur Verhaltenstherapie durchgeführten medikamentösen Behandlung. Weiterhin kann ein HTA und eine Metaanalyse zur Beurteilung der Fragestellung identifiziert werden.

Die Verhaltenstherapie im Vergleich mit anderen Therapieformen weist eine höhere Effektivität nach. Im Vergleich der unterschiedlichen Therapieansätze der Verhaltenstherapie zeigen intensive Verhaltentherapieformen und Gruppentherapie eine höhere Effektivität. Die Studien zur Verhaltenstherapie vermittelt via Medien belegen eine Gewichtsreduktion sowohl durch die Intervention mittels Medien alleine als auch durch die Intervention mittels Medien und zusätzlicher persönlicher Betreuung innerhalb der Gruppen. Analysen des Inter-Gruppenvergleiches ergeben jedoch keinen statistisch belegbaren Unterschied. Die Effektivität einer Verhaltenstherapie plus zusätzlicher medikamentöser Behandlung im Vergleich zu ausschließlicher Verhaltenstherapie kann nachgewiesen werden.

Relevante Gewichtsveränderungen von -5 % bis -10 % werden in den hier dargestellten Studien nur teilweise berichtet. Hohe Gewichtsveränderungen von über -10 % können in zwei Studien jeweils in der Interventionsgruppe nachgewiesen werden. Eine Studie berichtet in der Intervention „Gruppentherapie“ einen Gewichtsverlust von -11,4 %, eine weitere Studie in der Intervention „Verhaltenstherapie plus zusätzliche Arzneimittelbehandlung“ einen Gewichtsverlust von -11,2 %. Allerdings bewertet letztere Studie nur einen Interventionszeitraum von einem Jahr ohne Follow-up.

Die Studien, die eine Follow-up Bewertung durchführen, zeigen einen deutlichen Gewichtsverlust am Ende der Intervention und einen Wiederanstieg des Gewichtes zum Ende des Follow-up.

Es können keine relevanten Literaturstellen zur Bewertung der ökonomischen, sozial-ethischen oder juristischen Aspekte identifiziert werden.

Diskussion

Die vergleichende Bewertung der Studien erweist sich aufgrund der Heterogenität der in den Studien durchgeführten Verhaltenstherapien als schwierig. Unterschiede finden sich sowohl in den Inhalten und den Behandlungsschemata der Verhaltenstherapie als auch in der Länge der Follow-up Zeiträume. Viele der Studien analysieren die Gewichtsveränderung nur innerhalb einer Gruppe oder für alle Studienteilnehmer zusammen. Die Ergebnisse der Prae-Post Analysen ergeben jedoch einen signifikanten Gewichtsverlust am Ende der Intervention.

Schlussfolgerung

Effekte einer Verhaltenstherapie auf eine Gewichtsreduktion sind nachweisbar. Relevante Gewichtsveränderungen von -5 % bis -10 % werden aber nur in wenigen Studien berichtet. Der Vergleich der Studienergebnisse ist aufgrund der unterschiedlichen Therapieansätze der Verhaltenstherapien in den Studien erschwert. Behandlungen, die zusätzlich zur Verhaltenstherapie eine medikamentöse Therapie einsetzen, scheinen – betrachtet für den Interventionszeitraum über ein Jahr – effektiver als eine Verhaltenstherapie allein zu sein. Für den Nachweis der Langzeiterfolge einer Verhaltenstherapie liegen zu wenige Daten vor.