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Kongress Medizin und Gesellschaft 2007

17. bis 21.09.2007, Augsburg

Häufung urologischer Neoplasien in Nachbarschaft zu einer Sprengstoff-Altlast und ehemaligen Delaborierungsanlage

Meeting Abstract

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  • Michael Hoopmann - Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA), Hannover
  • Roland Suchenwirth - Niedersächsiches Landesgesunheitsamt, Hannover

Kongress Medizin und Gesellschaft 2007. Augsburg, 17.-21.09.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07gmds169

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2007/07gmds169.shtml

Veröffentlicht: 6. September 2007

© 2007 Hoopmann et al.
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Gliederung

Text

Von einem niedergelassenen Urologen wurde eine mutmaßliche Häufung urologischer Neoplasien (Urothel- und Prostata- Krebsfälle) in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Sprengstoff-Altlast gemeldet. Die Fälle reihten sich optisch um einen Bach, der als mutmaßlicher Expositionspfad angesehen wurde, auf.

Auf der Grundlage von Guidelines zu Krebsclusteruntersuchungen wurde ein Stufenkonzept eingeschlagen. Nach einer kurzen orientierenden Analyse, ob der Verdacht einer Krebserkrankungshäufung begründet sei, wurde geprüft, ob Maßnahmen zur Gefahrenabwehr einzuleiten wären. Zudem wurde ein Konzept für die nähere Clusteruntersuchung (Datenvervollständigung, vor-Ort-Untersuchungen, alternative Vergleichszahlen, Kriterien für Abbruch oder aber Ausdehnung der Untersuchung) erstellt.

Die erste Datenanalyse auf Basis der Falldokumentationen erhärtete den Verdacht einer Krebshäufung bei den Urothelkarzinomen: In dem Zehnjahreszeitraum 01.01.92 – 31.12.01 mit fünf männlichen Fällen (vier davon in der zweiten Fünfjahreszeitraum) betrug das SIR 6,3, „p-Wert“ < 0,01 (Referenz: Saarländisches Krebsregisters 1997); bei Teilbetrachtung des zweiter Fünfjahreszeitraum SIR = 10,1, „p-Wert“ < 0,0001. Zudem war ein toxikologischer Anfangsverdacht für einen Zusammenhang mit krebserzeugenden Nitroaromaten durch die Freisetzung von sprengstofftypischen Verbindungen und ihren Abbauprodukten plausibel.

Nach der orientierenden Evaluation wurden – neben umweltmedizinischen Vor-Ort-Untersuchungen - Fallangaben und Nenner-Informationen vervollständigt und alternative Inzidenzreferenzwerte heran gezogen.

In den Reanalysen der vertieften Clusteruntersuchung reduzierte sich das SIR auf 3,7 (Zehnjahreszeitraum) bzw. 5,9 (zweiter Fünfjahreszeitraum), wäre aber weiterhin unter einer a-priori-Fragestellung statistisch signifikant (5% bzw. 1%-Niveau).

Allerdings waren die Kriterien, nach der eine Machbarkeitsstudie zu einer wohlgeplanten epidemiologischen Studien zum Zusammenhang Sprengstoffaltlasten und Urothelkarzinome durchzuführen sei, nach der Reanalyse nicht erfüllt.

Nachbeobachtungen [„cluster monitoring“] der folgenden Jahren führten zu keinen neuen Fällen.

Neben der reinen fallseitigen Nachbetrachtung eines derartigen Krebscluster, wären auch später veröffentlichte (toxikologische oder epidemiologische) Hinweise auf den verdächtigen Zusammenhang weiter zu beobachten.

Sinnvoll wäre es, unterhalb eines wissenschaftlichen Veröffentlichungsniveaus Ergebnisse zu Cluteruntersuchungen (u.a. verdächtige Exposition, Krebslokalisation, ermittelte Inzidenzerhöhung etc.) zentral im ÖGD zu dokumentieren.