gms | German Medical Science

51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (gmds)

10. - 14.09.2006, Leipzig

AURAWeb: Kostengünstige Einbindung von Legacy-Daten in ein KIS

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • Regina Geierhofer - Institut für med. Informatik, Statistik und Dokumentation, Graz
  • Maximilian Errath - Institut für med. Informatik, Statistik und Dokumentation, Graz

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (gmds). 51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Leipzig, 10.-14.09.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06gmds421

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2006/06gmds365.shtml

Veröffentlicht: 1. September 2006

© 2006 Geierhofer et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

AURA [1], [2]Automatic Report Analysis – bezeichnet ein in den 70er- und 80er Jahren entwickeltes Dokumentationssystem, das die Grundlage für eine Vielzahl medizinischer Informationssysteme in 24 Häusern der Steiermärkischen Krankenanstalten bzw. der Medizinischen Universität Graz bildet. Im Rahmen der Einführung eines neuen KIS (ISH/ISH*MED) sowie eines neuen Abteilungssystems für die Pathologie werden diese Altsysteme sukzessive abgelöst, wobei jedoch der Zugriff auf die darin gespeicherten Befunddaten, sowohl während der Ablösephase als auch darüber hinaus, gewährleistet sein muss. Der nahe liegende Ansatz – der Import der Befunde in die neuen Systeme – ist jedoch aus verschiedenen Gründen (Datenstrukturen, Datenqualität, u. a.) mit einem enormen Aufwand verbunden und damit nur bedingt praktikabel. Zudem handelt es sich bei einem beträchtlichen Teil des Datenmaterials um radiologische Befunde, in deren Kontext auch ein Zugriff auf die entsprechenden Bilder aus dem jeweiligen PACS möglich sein muss.

Material und Methoden

Für den Zugriff auf die Befunde aus den existierenden Altsystemen wurde eine Web-Applikation – AURAWeb – entwickelt. Diese Anwendung bietet sowohl ein (web-basiertes) GUI, das eigenständig verwendet, aber auch mit Hilfe einer Webbrowser-Komponente (z.B. Microsofts Internet Explorer) in die grafische Benutzeroberfläche eines aktuellen Systems eingebettet werden kann, als auch direkten den Zugang zu Teilen der strukturierten Befunddaten über ein XML Webservice via SOAP [3], [4].

Im primären Anwendungsfall, in dem lediglich die Anzeige von Befunden aus den Altsystemen gefordert ist, wird die Webapplikation in ein patientenführendes Trägersystem – beispielsweise das KIS – eingebettet. Das Trägersystem generiert eine Anfrage mit den aus dem Kontext des aktuell selektierten Patienten extrahierten Suchparametern (zum Beispiel die Daten zur Patientenidentifikation und verschiedene Filterkriterien) und übergibt sie in Form eines URLs an die eingebettete Browserkomponente. Diese initiiert eine Suche in den jeweiligen Datenbanken – AURAWeb durchsucht mehrere Datenbanken gleichzeitig, wodurch die Zusammenstellung einer integrierten Ansicht der Befunde aus mehreren Datenquellen ermöglicht wird – und präsentiert die gefundenen Dokumente in der Web-Oberfläche (Trefferliste, Detailansicht einzelner Befunde). Dieses Szenario ist überdies einfach umzusetzen, da der Adaptierungsaufwand von Seiten des Trägersystems gering ist (Einbettung oder Aufruf eines Webbrowsers, Generierung eines URL mit den Suchparametern).

Benötigt das aufrufende System strukturierte Befunddaten – etwa zur Präsentation einer Zusammenstellung aus dem eigenen Datenbestand und den Altdaten – kann es auf die Webservice-Schnittstelle zurückgreifen. Dabei wird als Antwort auf einen entsprechenden SOAP-Request das Suchergebnis in Form von XML-Dokumenten an die abfragende Applikation zurück übermittelt.

Für den Zugriff auf die Bilddaten im Kontext eines radiologischen Befundes wurde in AURAWeb eine PACS-Schnittstelle integriert, die – via DICOM – das jeweilige PACS nach Studien und Serien durchsucht und, nach Anforderung des Benutzers, einen Bildversand initiiert. Die PACS-Schnittstelle arbeitet dabei standortübergreifend, d.h., je nach Herkunft des Befundes wird das PACS des entsprechenden Krankenhauses für die Suchoperationen und den Bildversand kontaktiert.

Die Anbindung der Befunddatenbanken an AURAWeb erfolgt großteils über herkömmliche Datenbankschnittstellen (JDBC, ODBC). In einigen Fällen jedoch war der Einsatz dieser Schnittstellen auf Grund der Datenbanktypen und Datenstrukturen (RMS-Dateien unter openVMS) nicht praktikabel bzw. nicht möglich. Auch hier wurde auf den Einsatz von Web Services zurückgegriffen, mit deren Hilfe einfache aber dennoch flexible Zugänge zu den Datenbeständen etabliert werden konnten.

Ergebnisse

AURAWeb ist seit 2002 erfolgreich im Routinebetrieb und wurde in 5 verschiedene Trägersysteme eingebunden. Die Applikation ermöglicht derzeit den Zugang zu rund 12 Millionen Befunden aus 33 verschiedenen medizinischen Informationssystemen, sowie zu Bilddaten aus 14 PACS. Sie ist überdies in einem breiten Ausmaß an die individuellen Arbeitsgewohnheiten des Arztes anpassbar und genießt dadurch eine hohe Akzeptanz bei den Benutzern. Die verschiedenen Plattformen und Systeme sind für den Anwender transparent. Insbesondere durch die Möglichkeit mehrere Datenbestände gleichzeitig zu durchsuchen, ist der Anwendungsbereich inzwischen nicht mehr auf Altdaten beschränkt. Im Bereich der Pathologie werden sowohl Altdaten als auch die Datenbestände der aktuellen Abteilungssysteme durchsucht. AURAWeb ermöglicht in diesem Bereich die Präsentation einer integrierten Gesamtansicht aller Pathologie-Befunde zu einem Patienten (aktuelle Daten und Altdaten) und ersetzt damit sogar die native Befundanzeige in einem der Abteilungssysteme.

Diskussion

Verglichen mit dem ursprünglich projektierten Aufwand für eine Datenübernahme in das KIS stellte die Entwicklung der vorgestellten Web-Applikation (inkl. Tests, Dokumentation und Inbetriebnahme) die deutlich kostengünstigere Variante dar. Ein weiterer Betrieb der Altsysteme nach erfolgter Ablöse durch das KIS ist nur in einem sehr eingeschränkten Maße notwendig, da die Datenbanken sämtlicher Legacy-Systeme letztendlich auf einigen wenigen Rechnern konzentriert werden und damit die Systemlandschaft weitgehend bereinigt werden kann. Neben der Anwendung eingebettet in ein Trägersystem, stößt auch der Einsatz als eigenständige Applikation auf großes Interesse, da über diese Anwendung ein schneller und einfach zu bedienender Zugang zu Befunden und Bilddaten aus dem gesamten Krankenhausverbund ermöglicht wird. Entwicklung und Einsatz dieser Applikation zur gemeinsamen Anzeige von Befunden aus Alt- und Neusystemen hat sich in unserer Umgebung als bestmögliche Alternative zu einer aufwändigen Datenübernahme erwiesen.


Literatur

1.
Gell G. AURA: Routine Documentation of Medical Texts. Methods Inf Med. 1983; 22: 63-68.
2.
Gell G, Oser W, Schwarz G. Experience with the AURA Free-Text Documentation System. Radiology. 1976;119: 105-109.
3.
Gudgin M et. al. W3C Recommendation SOAP 1.2 Part 1: Messaging Framework. 24 June 2003, http://www.w3.org/TR/2003/REC-soap12-part1-20030624/
4.
Gudgin M, et al. W3C Recommendation SOAP 1.2 Part 2: Adjuncts. 24 June 2003, http://www.w3.org/TR/2003/REC-soap12-part2-20030624/