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51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (gmds)

10. - 14.09.2006, Leipzig

Zentrales Aufnahmemanagement als ein Qualitätsfaktor im Krankenhaus: Ergebnisse eines Vor-/Nachvergleichs an der Neurologischen Klinik der Universität Heidelberg

Meeting Abstract

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  • Petra Knaup-Gregori - Universität Heidelberg, Heidelberg
  • Minne van der Haak - Universität Heidelberg, Heidelberg
  • Jochen Pilz - Universität Heidelberg, Heidelberg

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (gmds). 51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Leipzig, 10.-14.09.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06gmds292

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2006/06gmds235.shtml

Veröffentlicht: 1. September 2006

© 2006 Knaup-Gregori et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

Mit Einführung der DRGs sind auch Universitätskliniken zunehmend dem Wettbewerb ausgesetzt. Daher kann heutzutage eine hohe Prozess- und Versorgungsqualität entscheidend zu den Erlösen einer Klinik beitragen. Der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Heidelberg war bekannt, dass im stationären Bereich oft lange Wartezeiten entstehen und dass die richtigen Ansprechpartner von extern schlecht erreichbar sind. Erfahrungen in anderen Bereichen zeigen, dass ein geeignetes zentrales und damit nicht mehr stationsbezogenes Patientenmanagement (‚Fallmanagement’, engl. case management) zu einer Verbesserung dieser Situation beitragen kann [1], [2], [3]. Untersuchungen zur Zufriedenheit von Patienten und einweisenden Ärzten liegen bisher nicht vor. In den meisten Kliniken ist auch heute noch die Station verantwortlich für das Einbestellen von Patienten und die Organisation zum Beispiel der prästationären Diagnostik. In den USA werden seit den 90er Jahren Ansätze des zentralen Patientenmanagements eingeführt [4]. Nach [5] sind die Ziele des zentralen Patientenmanagements eine Verbesserung der Ablauforganisation, eine Optimierung der Kommunikation und eine stärkere Patientenorientierung. Diese sollen erreicht werden, durch ein zentrales Management der Aufnahme, der stationären Behandlung einschließlich der Maßnahmen wie Operationen, und der Qualitätskontrolle.

Beurteilung der Qualität des Aufnahmenmanagements wurde in der Neurologischen Klinik eine IST-Analyse durchgeführt, wie das Aufnahmemanagement von Mitarbeitern, Patienten und niedergelassenen Ärzten beurteilt wird. Die Ergebnisse führten zur Einrichtung einer zentralen Stelle in der Klinik zur Planung der stationären Aufenthalte und als kompetenter Ansprechpartner für Patienten, niedergelassene Neurologen und die Klinikärzte. Durch eine rechtzeitige Planung notwendiger Untersuchungen, durch eine zentrale Bettenplanung und durch aktive Kontaktaufnahme mit Patienten und Niedergelassenen sollte unnötige Wartezeiten während des Aufenthalts des Patienten vermieden werden. Dies ist nicht nur für die Patienten ein wesentlicher Zufriedenheitsfaktor, sondern auch bei einer Finanzierung über DRGs eine Möglichkeit, bei gleich bleibender Versorgungsqualität die stationären Aufenthalte zu verkürzen. Fragestellung der hier beschriebenen Untersuchung war, ob sich die Zufriedenheit von Patienten, niedergelassenen Ärzten und den Klinikmitarbeiter durch die Einführung des zentralen Patientenmanagements verbessert hat.

Material und Methoden

Es wurde ein Vor-/Nachvergleich durchgeführt. Die Voruntersuchung erfolgte in den Monaten Mai und Juni 2004. Im Oktober 2004 wurde die Stelle für das zentrale Aufnahmemanagement besetzt. In den Monaten November und Dezember 2005 erfolgte die Vergleichsuntersuchung. Zur Ermittlung der Zufriedenheit der Patienten bezüglich Terminvergabe, Informierung und Wartezeiten wurden in wöchentlichem Abstand standardisierte Interviews mit allen interviewfähigen stationären Patienten geführt. Zur Ermittlung der Zufriedenheit der niedergelassenen Kollegen wurden standardisierte schriftliche Fragebogen an einen Verteiler von 120 zuweisenden niedergelassenen Neurologen aus der Region gesandt. Zur Ermittlung der Zufriedenheit der Klinikmitarbeiter bezüglich der von den Patienten mitgebrachten Dokumente und Informationen wurden standardisierte Fragebogen an alle ärztlichen Kollegen der Neurologischen Klinik (50 Mitarbeiter) und betroffene Kollegen aus dem Pflegebereich (60 Mitarbeiter) verteilt.

Ergebnisse

Im 1. Untersuchungszeitraum wurden 55 stationäre Patienten interviewt. Legt man ein Schulnotensystem mit Noten von 1 bis 6 zu Grunde, so wurde die Zufriedenheit durchschnittlich wie folgt bewertet: Terminvergabe 2,1; Information durch den einweisenden Arzt 1,9; Information von der Klinik 1,7; Wartezeit bei Aufnahme 1,9; Zeitplanung der Untersuchungen 2,1. Von den 42 niedergelassenen Ärzten, die den Fragebogen beantwortet haben, kritisierten: 50% eine schlechte Erreichbarkeit der Klinik und 21% einen fehlenden Ansprechpartner. Als Wartezeit auf einen Termin gaben an: 7% weniger als 3 Tage, 21% 4-7 Tage, 24% 8-14 Tage und 14% mehr als 14 Tage. Die übrigen Kollegen machten keine Angabe. 64 Klinikmitarbeiter wurden hauptsächlich dahingehend befragt, ob alle für den Behandlungsverlauf notwendigen externen Dokumente verfügbar sind. Als unerlässlich eingestufte Dokumente wie Arztbrief und Medikamentenliste liegen in weniger als 75% der Fälle vor, weitere wesentliche Dokumente wie CT, MRT, Laborbefunde und weitere liegen in weniger als 50% der Fälle vor. Entsprechend müssen diese Dokumente nachgefragt werden.

Im 2. Untersuchungszeitraum wurden 66 stationäre Patienten befragt. In 2005 wurde die Zufriedenheit durchschnittlich wie folgt bewertet: Terminvergabe 1,5; Information durch den einweisenden Arzt 2, Information von der Klinik 1,9; Wartezeit bei Aufnahme 1,9; Zeitplanung der Untersuchung 2,4. In 2005 waren 25 Fragebogen von niedergelassenen auswertbar. Hiervon berichten 32% von einer schlechten Erreichbarkeit und 16% von fehlenden Ansprechpartnern. Bezüglich der Wartezeit auf einen Termin gaben an: 8% weniger als 3 Tage, 36% 4-7 Tage, 24% 8-14 Tage und 8% größer 14 Tage. Die übrigen Ärzte machten keine Angabe. 27 Klinikmitarbeiter schätzen heute die Verfügbarkeit der Medikamente bei 95% ein, des Arztbriefes und der CT/MRT-Aufnahmen bei 75%, Röntgenbefunde bei 50% Alle weiteren notwendigen Dokumente liegen in weniger als 50% der Fälle vor. Die Kommunikation mit dem Patientenmanagement wird innerhalb der Klinik als gut eingestuft.

Diskussion

Bei der Ermittlung der Zufriedenheit der Patienten zeigen sich nur geringfügige Unterschiede in dem Zeitraum vor und nach Einführung des Aufnahmemanagements. Auffallend ist hier vor allem, die deutlich höhere Zufriedenheit mit der Terminvergabe (von 2,1 auf 1,5). Da an jeweils 3 Terminen eine Vollerhebung aller befragbaren Patienten durchgeführt wurde, können die Ergebnisse vermutlich als repräsentativ betrachtet werden. Nicht befragbare Patienten wurden in der Regel auch nicht terminiert, sondern als Notfall eingeliefert. Die Erreichbarkeit der Neurologischen Klinik durch niedergelassene Kollegen hat sich vermutlich durch das zentrale Aufnahmemanagement verbessert. Dennoch schätzen mehr als einer Drittel die Erreichbarkeit noch als schlecht ein, so dass weiterer Optimierungsbedarf besteht. Die Wartezeit auf einen Termin hat sich aus Sicht der Niedergelassenen Kollegen deutlich verkürzt. 44% schätzen, dass sie heute in weniger als 7 Tagen einen Termin bekommen, während es vorher nur 28% waren. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der Rücklauf von auswertbaren Erhebungsbogen mit 25 deutlich geringer war als bei der Voruntersuchung (42). Aus Sicht der Klinikmitarbeiter, bringen die Patienten heute zu einem höheren Anteil notwendige Dokumente mit, wobei auch hier noch Optimierungspotenzial besteht.

Schlussfolgerungen

Die Untersuchung hat gezeigt, dass sich eine Etablierung zentraler Strukturen auf die Zufriedenheit von Patienten, niedergelassenen Ärzten und Klinikmitarbeitern auswirken kann. Dies kann sich in durchaus auch relevant auf die Einkünfte einer Universitätsklinik niederschlagen. In welchem Ausmaß derartige Strukturen kostenrelevant sind, kann erst durch einen Kosten-Nutzen-Vergleich abgeschätzt werden. In Bezug auf den Nutzen ist dies nur schwer monetär zu erfassen, da kontinuierlich auch andere Rahmenbedingungen sich ändern und finanziell niederschlagen. Dennoch haben weitere Kliniken des Universitätsklinikum Heidelberg ein zentrales Aufnahmemanagement eingeführt, bzw. in Planung [5].


Literatur

1.
Hospital cuts length of stay for vent patients by 34%, Hosp Case Manag, 7 (1999) 152-6
2.
LC Miller, KR Cox. Case management for patients with heart failure: a quality improvement intervention. J Gerontol Nurs. 2005;31:20-8
3.
MP Stanton, EM Walizer, JI Graham, L Keppel. Case management: a case study. Nurs Case Manag. 2000;(5):37-45.
4.
SD Roggenkamp, KR White, GJ Bazzoli. Adoption of hospital case management: economic and institutional influences. Soc Sci Med. 2005;(60):2489-500.