gms | German Medical Science

51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (gmds)

10. - 14.09.2006, Leipzig

Das epidemiologische Risikokonzept des attributablen Risikos

Meeting Abstract

  • Olaf Gefeller - Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
  • Christina Rabe - Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
  • Andrea Lehnert-Batar - Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
  • Annette Pfahlberg - Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (gmds). 51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Leipzig, 10.-14.09.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06gmds355

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2006/06gmds112.shtml

Veröffentlicht: 1. September 2006

© 2006 Gefeller et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Zur Beschreibung der Auswirkungen von Expositionsfaktoren auf das Krankheitsgeschehen in einer Population wurde das epidemiologische Konzept des attributablen Risikos entwickelt. Hierbei kommt es zu einer gemeinsamen Betrachtung der individuellen Gefährdung, die durch einen Expositionsfaktor für ein exponiertes Individuum hervorgerufen wird, und der Verbreitung des Expositionsfaktors in der betrachteten Population. Zur algebraischen Formulierung des Risikomaßes „attributables Risiko“ existieren etliche äquivalente Ansätze. Ebenfalls sehr uneinheitlich ist die Terminologie, die mit diesem epidemiologischen Risikokonzept in der Literatur verbunden wird. Von Greenland und Robins [1] wurde auf die begriffliche Unschärfe des Terms „attributables Risiko“ aufmerksam gemacht. Sie fordern daher eine Unterscheidung zwischen der „Exzessfraktion“, die sich auf den Anteil der Krankheitsfälle, der während des betrachteten Zeitraumes durch die Exposition entsteht und als inzidente Fälle beobachtbar ist, bezieht und der „Verursachungsfraktion“, die auf den Anteil der Krankheitsfälle, zu dem die Exposition einen ursächlichen Beitrag (z.B. durch eine Beschleunigung des Krankheitsentstehungsprozesses) leistet, fokussiert. In der epidemiologischen Praxis sind auf der Basis beobachteter Daten zu den Häufigkeiten des Krankheitseintritts bei Exponierten und Nicht-Exponierten ausschließlich „Exzessfraktionen“ schätzbar, für „Verursachungsfraktionen“ besteht ein Identifizierbarkeitsproblem, das nur durch weitere Annahmen über den Einfluss der Exposition auf den Krankheitsprozess zu lösen ist.

Die statistische Methodik zur Quantifizierung attributabler Risiken hat sich daher auf Verfahren zur Punkt- und Intervallschätzung von „Exzessfraktionen“ konzentriert. Nachdem Methoden zur Berücksichtigung unterschiedlicher epidemiologischer Designs (Fall-Kontroll-Studie, Kohorten- und Querschnittsstudie) sowie Techniken zur Berücksichtigung von Confoundern bei der Schätzung adjustierter attributabler Risiken etabliert worden waren [2], gewann die Beschäftigung mit konzeptionellen Aspekten der multifaktoriellen Situation an Bedeutung. So wurde zwischen Situationen, in denen es unter den mehreren, auf die Erkrankung Einfluss nehmenden Expositionen eine implizite Hierarchie gibt, und solchen, bei denen alle Expositionen zunächst gleichrangig betrachtet werden, unterschieden. Für den erstgenannten Fall stellt das Konzept des adjustierten attributablen Risikos die adäquate Umsetzung dar, da hierbei das mit einer primär interessierenden Exposition verbundene attributable Risiko quantifiziert wird, während alle weiteren Expositionsfaktoren ausschließlich zur Kontrolle möglichen Confoundings mit in die Betrachtung einbezogen werden. Im gleichrangigen Fall bildet dagegen das Konzept des partiellen attributablen Risikos die entsprechende Umsetzung der Rahmenbedingungen. Hierbei wird ausgehend vom gemeinsamen attributablen Risiko aller betrachteten Expositionen ein Aufteilungsverfahren definiert, das den einzelnen Expositionen ihren jeweiligen marginalen Anteil am gemeinsamen Risiko zuweist [3].

Im Vortrag wird ein Überblick über die verschiedenen verwandten Parameter des epidemiologischen Risikokonzepts „attributables Risiko“ gegeben. Dabei wird insbesondere die Umsetzung der methodischen Konzepte in die epidemiologische Praxis beleuchtet und kritisch kommentiert.


Literatur

1.
Greenland S, Robins JM. Conceptual problems in the definition and interpretation of attributable fractions. Am J Epidemiol. 1988;128:1185-1197.
2.
Benichou J. A review of adjusted estimators of attributable risk. Statistical Methods in Medical Research 2001;10: 195-216
3.
Land M, Vogel C, Gefeller O. Partitioning methods for multifactorial risk attribution. Statistical Methods in Medical Research 2001;10: 217-230.