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51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (gmds)

10. - 14.09.2006, Leipzig

Präklinische Evaluation im Labor und Demonstrator-OP

Meeting Abstract

  • Mathias Hofer - Univ.HNO-Klinik Leipzig, BMBF-Innovation Center Computer Assisted Surgery ICCAS,Leipzig, Leipzig
  • Ronny Grunert - BMBF-Innovation Center Computer Assisted Surgery ICCAS,Leipzig, Leipzig
  • Hendrik Möckel - BMBF-Innovation Center Computer Assisted Surgery ICCAS,Leipzig, Leipzig
  • Mario Thalheim - BMBF-Innovation Center Computer Assisted Surgery ICCAS,Leipzig, Leipzig
  • Jürgen Meixensberger - Univ.Neurochirurgie Leipzig, BMBF-Innovation Center Computer Assisted Surgery ICCAS,Leipzig, Leipzig
  • Andreas Dietz - Univ.HNO-Klinik Leipzig, BMBF-Innovation Center Computer Assisted Surgery ICCAS,Leipzig, Leipzig
  • Gero Strauss - Univ.HNO-Klinik Leipzig, BMBF-Innovation Center Computer Assisted Surgery ICCAS,Leipzig, Leipzig
  • Werner Korb - BMBF-Innovation Center Computer Assisted Surgery ICCAS,Leipzig, Leipzig

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (gmds). 51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Leipzig, 10.-14.09.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06gmds212

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2006/06gmds084.shtml

Veröffentlicht: 1. September 2006

© 2006 Hofer et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

Seit Ende der achtziger Jahre ist ein zunehmender Einsatz Computerassistierter Systeme in der Chirurgie zu beobachten. Die Evaluation solcher Systeme erfolgte nahezu ausschließlich in individuellen Testreihen, mit unterschiedlichsten Evaluationsprotokollen, häufig an Insellösungen und verschiedenen Untersuchungsobjekten. Multicenterstudien ähnlich der Pharmakologie existierten nicht. Auch im Rahmen der IGSN Leipzig (Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Bildgestützte Chirurgische Navigation), dem ICCAS Vorläufer, gab es Untersuchungen zur Genauigkeit von chirurgischen Navigationsgeräten zunächst in individuellen Testreihen [1]. In den Ergebnissen zeigte sich bald die mangelnde Vergleichbarkeit mit den Studien anderer Autoren trotz Verwendung gleicher Systeme [2]. Probleme stellen häufig die Verwendung verschiedener Messobjekte und die unpräzise Beschreibung der Messmethodik der Studie dar. Damit bleibt es für den klinischen Anwender schwierig seine Erfahrungswerte z.B. hinsichtlich der chirurgischen Genauigkeit (z.B. eines bestimmten Navigationsgerätes) übergreifend und objektiv zu vergleichen. Zusammenfassend sind folgende Ursachen zu nennen:

1.
Die Verwendung verschiedenster Versuchsprotokolle
2.
Die Verwendung unterschiedlicher Messobjekte (Plexiglasphantome, Kunststoffschädel, Kadaver)
3.
Die Verwendung unterschiedlichster Begriffe zur Beschreibung der Ergebnisse aus Mangel an Normen
4.
Fehlende Multicenterstudien

Bisherige Simulations-Systeme waren nicht in der Lage realistische klinische Szenarien adäquat widerzuspiegeln. Aus Gründen der Komplexität chirurgischer Eingriffe ist man meist gezwungen zu Abstrahieren. Parameter wie z.B. realistische Fräsbedingungen (knochenähnlichen Strukturen, Verletzungen von Risikostrukturen (Nerven, Gefäße), die Simulation verschiedener Pathologien und die Durchführung in einer realistischen OP-Umgebung mit Wiederholbedingungen für verschiedene Benutzer konnten nicht realisiert werden. Ziele des Innovation Center Computer Assisted Surgery (ICCAS) in Leipzig sind:

1.
Die Schaffung strukturierter Evaluationsrichtlinien zum Erkennen und Schaffen von Wiederholbedingungen
2.
Ein anatomisch korrektes Simulations-System zu entwickeln
3.
Evaluationsbegriffe zu bestimmen und als Standard vorzuschlagen
4.
Die Resultate dieser Arbeit an verschiedenen Zentren einzusetzen

Material und Methoden

Messprotokolle und Begriffsbestimmung

Als Basis dient eine im ICCAS entstandene Arbeit mit Vorschlägen zur Begriffsbestimmung als Grundlage der Vergleichbarkeit der Ergebnisbeschreibung und der Festlegung von Wiederholbedingungen [3]. Eine weitere ICCAS-Arbeit zeigt die systematischen Herangehensweise zur Evaluation computerassistierter Assistenzsysteme mit dem Ziel der Allgemeingültigkeit [4].

Standardisiertes Phantom

Als Grundlage für die Messungen dient ein anatomisch korrektes Modells hergestellt mit einem 3D Printing/Rapid Prototyping (4D Concepts, Gross-Gerau, Germany) auf einem humanen Schädel-CT basierend. Die Risikostrukturen werden mit einer speziellen Software segmentiert (Mimics 9.0 Materialise, Leuven, Belgium) und differenziert gedruckt. Zur Detektion von Risikostrukturen wurde ein elektro-optisches System entwickelt, dass die Beschädigung einer Risikostruktur durch das chirurgische Instrument registriert. Zwei Prinzipien kommen dafür zur Anwendung: 1. Risikostrukturen dargestellt durch eine elektrisch leitfähige niedrigschmelzende Legierung (Blei, Bismut, Zinn, Schmelztemperatur 96°C); 2. Risikostrukturen dargestellt durch Lichtleitkabel. Die Risikostrukturen sind mit einer Datenakquisitionskarte (National Instruments, Austin, Texas, USA) verbunden. Ein mit LabView 7.1(National Instruments, Austin, Texas, USA) programmiertes Programm überwacht den Simulations-Prozess und wertet diesen aus. Objektive Evaluationskriterien wie z.B. Fehleranzahl, Art der beschädigten Risikostruktur, Simulationszeit werden registriert und zur späteren statistischen Auswertung verwendet. Beschädigungen von Risikostrukturen werden während des Simulationsprozesses sowohl graphisch als auch akustisch dargestellt.

Evaluation eines Simulations-Systems an verschiedenen Zentren

Im Rahmen einer ersten Studie mit 7 HNO-Chirurgen des Klinikums Chemnitz wurde mit Hilfe eines Fragebogens mit 9 Fragen ein Simulations-System auf der Basis des oben beschriebenen elektronischen Phantoms für den chirurgischen Eingriff „Mastoidektomie“ evaluiert. Jede Frage wurde mit einer Skala von -2 (unrealistisch) bis +2 (sehr realistisch) bewertet. Die Frageneinteilung erfolgt in drei Kategorien: I – Realistische Anatomie; II – Fräseigenschaften, Handling; III – Simulationsfeedback (z.B. Beschädigung Risikostruktur). Siehe Abbildung 1 [Abb. 1] und Abbildung 2 [Abb. 2].

Ergebnisse

Bei prä- und klinischen Evaluationen des ICCAS finden die oben genannten Arbeiten [3], [4] für die Planung, Durchführung und Begriffsbestimmung der Ergebnisse der Studien Anwendung. Mit Hilfe des elektronischen Phantoms, insbesondere mit der dazugehörigen Auswertungseinheit, gelang es am ICCAS ein System zu entwickeln, mit welchem unter Wiederholbedingungen und damit standardisiert, gleiche Testreihen an verschiedenen Einrichtungen mit verschiedenen Benutzern durchgeführt werden können. Der mittlere Score des Fragebogens ergab einen Wert von +1.2 und speziell für die einzelnen der drei Kategorien: I – Realistische Anatomie +1.6; II – Fräseigenschaften, Handling +0.2; III – Simulationsfeedback +1.9. Die Evaluation des chirurgischen Eingriffs „Mastoidektomie“ am elektronischen Phantom wird derzeit an der Universitäts-HNO-Klinik Leipzig durchgeführt.

Diskussion

Für die objektive Beurteilung einer Studie durch einen Außenstehenden ist die Verwendung von nachvollziehbaren, standardisierten Messprotokollen und einheitlicher Begriffe essentiell. In der Realität ist diese Bedingung nicht gegeben. Die Anlehnung aller an die Internationale Norm ISO 5725-1:1997-11brächte die Erfüllung der Forderung. Am Beispiel des vom ICCAS entwickelten elektronischen Phantoms konnte die Schaffung von Wiederholbedingungen für die Evaluation eines Simulations-Systems an verschiedenen Zentren gezeigt und damit eben erwähnte Forderung erfüllt werden. Wobei einschränkend zu erwähnen ist, dass das bisherige Phantom auf einen Eingriff, dem Fräsen am Felsenbein spezifiziert ist. Die registrierten Daten dienen der Fehlerprotokollierung und können zur Erstellung von Lernkurven herangezogen werden.


Literatur

1.
Hofer M, Strauss G, Trantakis C, Dietz A. Systemanforderung an Navigationssysteme bei zukünftiger mechatronischer Assistenz; 3. Jahrestagung d. Dt. Gesellschaft f. Computer-u.Roboterassistierte Chirurgie, CURAC. 2004. München.
2.
A Raabe, R Krishnan, R Wolff, E Hermann, M Zimmermann, V Seifert. Laser Surface Scanning for Patient Registration in Intracranial Image-guided Surgery. Neurosurgery. 2002;50:797-803.
3.
Hofer M, Strauß G, Dietz A et al, Definition of accuracy and precision - evaluation CAS-systems. Berlin: CARS; 2005. p. 548-552.
4.
Korb, W, Hofer M, Burgert O, Koulechov K, Meixensberger J, Strauss G, Trantakis C, Dietz A. Validation and Evaluation of Navigation and Mechatronic AssistingSystems. In: Weber S, Langlotz F, Bier J, Lueth TC, eds. Computer Aided Surgery around the Head - 3rd InternationalSymposium Proceedings. Düsseldorf: VDI Verlag; 2005. p. 82-83.