gms | German Medical Science

50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Wissensmodellierung und Wissensrepräsentation in einem Krankenhausinformationssystem zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit: Das OntoDrug System

Meeting Abstract

  • Reinhold Sojer - Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen
  • T. Bürkle - Erlangen
  • M. Criegee-Rieck - Erlangen
  • A. Neubert - Erlangen
  • K. Brune - Erlangen
  • U. Prokosch - Erlangen

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds529

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2005/05gmds494.shtml

Veröffentlicht: 8. September 2005

© 2005 Sojer et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

Zur Vermeidung von Unerwünschten Ereignissen und Arzneimittelwirkungen in der Arzneimitteltherapie (UAW) empfehlen Fachgesellschaften sowie das Institute of Medicine (IOM) den Einsatz klinisch-pharmakologischer Expertensysteme [1]. Neben Systemen zur Entscheidungsunterstützung in der Arzneimittel-therapieplanung wird das Monitoring verwandt, bei dem eine bereits festgelegte Therapieentscheidung anhand von Befundwerten kontinuierlich beurteilt wird [2].

Bei dem hier gewählten Ansatz wurde das Wissensmodell des im Universitätsklinikum eingesetzten klinischen Arzneimittelsicherheits-Systems Erlangen (KLASSE) [3] mit Hilfe des Standards Arden Syntax for Medical Logic Modules auf eine standardisierte und damit austauschbare Wissensrepräsentation abgebildet.

Material und Methoden

Hauptgegenstand dieser Arbeit war die Entwicklung einer Java-basierten Entwicklungs- und Ausführungsumgebung für Medical Logic Modules (MLM), die dem Arzt bei der Erstellung von austauschbarem Arzneimittelwissen unterstützt und den institutionsunabhängigen Einsatz von Entscheidungsregeln für das Monitoring während der Pharmakotherapie ermöglicht. Das neue System OntoDrug besteht aus mehreren Komponenten, insbesondere ein Arden Compiler, der mit Hilfe des Compiler-Werkzeuges jay [4] generiert wurde. Jay basiert auf Yacc, so dass die Arden Spezifikation in Bacchus-Naur-Format (BNF) mit leichten Modifikationen für den Compiler-Generator übernommen werden konnte. Daneben wurde ein Editor für die Erstellung von MLMs implementiert, der es durch besondere Nutzerfreundlichkeit ermöglicht, dass Ärzte MLMs direkt editieren. So unterstützt dieser Editor beispielsweise Syntax Highlighting und verfügt über einen Code-Assistenten, der auch die Anpassung der institutionsspezifischen Teile [5] der Arden Syntax erleichtert.

Ein wesentlicher Bestandteil des OntoDrug Systems ist ein Ontologie-System, in dem Teile des Arzneimittelwissens abgebildet werden. Dazu wird der Protégé Ontologie Editor der Stanford University [6] integriert, der es ermöglicht, diese Wissensanteile in einem semantischen Netz zu modellieren. Über eine ODBC Schnittstelle oder alternativ programmatisch durch Prädikatenlogik erster Ordnung können MLMs auf diese Wissensanteile zugreifen. Damit wird eine Trennung von Wissensdomäne und Wissen zur computergestützten Problemlösung vorgenommen, die eine Mehrfach-Verwendung der MLMs durch Austausch der Wissensdomäne gestattet. Sowohl die Ontologie als auch ihre Instanzen des übertragenen Wissensmodells werden im W3C-Standard RDF (Resource Description Format) in der Wissensbank gespeichert.

Die Re-Implementierung im OntoDrug System berücksichtigt die 3-stufige Entscheidungslogik des KLASSE-Systems. OntoDrug überwacht mit dieser Logik die Veränderung von Laborwerten als Hinweis auf eine unerwünschte Arzneimittelwirkung und berücksichtigt dabei nicht nur patientenindividuelle Grenzwerte sondern auch den Einfluss verschiedener Grunderkrankungen auf die Laborwerte. OntoDrug kann eine in diesem Zusammenhang erkannte Unerwünschte Arzneimittelwirkung in Form eines Email-Berichts direkt an den behandelnden Arzt versenden. In einem weiteren Schritt soll die OntoDrug Funktionalität weiter verfeinert werden indem unter Zuhilfenahme des am Universitätsklinikum Erlangen eingesetztes Data Warehouse Systems Cognos die Entscheidungslogik überarbeitet wird.

Ergebnisse und Diskussion

Das Arzneimittelsicherheits-System KLASSE wurde seit mehreren Jahren am Universitätsklinikum Erlangen erfolgreich entwickelt und erprobt. Da es eine Proprietäre Entwicklung darstellt kann es jedoch nur eingeschränkt auf ausgewählten Stationen zur Überwachung von Unerwünschten Arzneimittelwirkungen eingesetzt werden. Im Sinne einer klinikumsweiten Überwachung der Therapiesicherheit ist ein übertragbares System notwendig. Auf dieser Grundlage wurde OntoDrug als eine komponentenbasierte Anwendung mit einer standardisierten Wissensrepräsentation in Arden Syntax entwickelt. Da die Arden Syntax inzwischen zunehmend in kommerziellen Krankenhausinformationssystemen unterstützt wird, lässt sich so eine übertragbare computergestützte Anwendungen zur Überwachung der Arzneimittelwirkung realisieren. Wir sehen hier in Zukunft nicht nur den Einsatz in größerem Rahmen am Universitätsklinikum Erlangen als Ziel, sondern auch die potentielle Übertragbarkeit an andere Institutionen und Krankenhäuser, sofern deren Informationssysteme die Arden Syntax unterstützen. Der Vortrag wird den aktuellen Stand der OntoDrug Entwicklung darstellen und die Perspektiven aufzeigen.


Literatur

1.
Kohn LT, Corrigan JM, Donaldson MS, editors. To Err Is Human: Building a Safer Health System. National Acadamy Press, Washington, 2000.
2.
Murff HJ, Patel VL, Hripcsak G, Bates DW. Detecting adverse events for patient safety research: a review of current methodologies. J Biomed Inform 2003;36:131-43.
3.
Dormann H, Criegee-Rieck M, Neubert A, Egger T, Levy M, Hahn EG, Brune K. Implementation of a computer-assisted monitoring system for the detection of adverse drug reactions in gastroenterology. Aliment Pharmacol Ther. 2004 Feb 1;19(3):303-9.
4.
A. T. Schreiner, B. Kühl. jay - Ein yacc für Java. Fachbereich Mathematik/Informatik, Universität Osnabrück, http://www.informatik.uni-osnabrueck.de/alumni/bernd/jay/, 1999
5.
Hripcsak G, Pryor TA, Wigertz O. Transferring medical knowledgebases between different HIS environments. In H.U. Prokosch and J. Dudek, editors, Hospital Information Systems: Design and Development Characteristics; Impact and Future Architecture, pages 241-264, Elsevier, Amsterdam,1995.
6.
Musen MA, Fergerson RW, Grosso WE, Noy NF, Crubezy M, Gennari JH. Component-Based Support for Building Knowledge-Acquisition Systems. Conference on Intelligent Information Processing (IIP 2000) of the International Federation for Information Processing World Computer Congress (WCC 2000), Beijing, 2000