gms | German Medical Science

50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Implementierung eines Moduls zur strukturierten und modularen Auswertung klinischer Patientendatensätze

Meeting Abstract

  • Bruno Cadonna - Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH, Graz
  • Peter Beck - Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH, Graz
  • Ivo Rakovac - Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH, Graz
  • Thomas Truskaller - Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH, Graz
  • Thomas R. Pieber - Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH, Graz

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds542

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2005/05gmds386.shtml

Veröffentlicht: 8. September 2005

© 2005 Cadonna et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

Auswertungen großer Mengen von Patientendatensätzen und deren grafische Darstellung sind wesentliche Hilfsmittel in der Behandlung von Patienten, Qualitätssicherung klinischer Prozesse (Healthgate BARS [1]), Verwaltung und Forschung.

Für Auswertungen relationaler Datenbanken wird nach wie vor fast ausschließlich die strukturierte Abfragesprache SQL benutzt. SQL Ausdrücke ermöglichen dem Entwickler die Formulierung beliebiger Abfragen, die oft eng mit dem Programmcode verbunden sind und diesen schlecht wartbar machen. Zudem ist SQL plattformabhängig. SQL Abfragen für medizinische Fragestellungen werden schnell sehr komplex. Modifikationen der Abfragen durch den Anwender setzen SQL-Programmierkenntnisse voraus. Gängige Reporting-Tools vermeiden zwar die direkte Verwendung von SQL, können aber die Komplexität in der Entwicklung von Auswertungen nicht vermindern. Es fehlt die Möglichkeit zur Modularisierung als Voraussetzung für die Erstellung von Auswertungen mit geringem Zeit- und Arbeitsaufwand für sich wiederholende Anforderungen.

Auswertungen relationaler Datenbanken in der Medizin und im Gesundheitsmanagement haben häufig ähnliche oder gleiche Teile, die automatisch erstellt und wiederverwendet werden können. Wiederkehrende Strukturen ermöglichen zusätzlich die Gliederung in Auswertungstypen.

Ist es möglich Auswertungen so weit zu strukturieren, dass sie modular entwickelt und benutzerdefinierte Kriterien zur Laufzeit geändert werden können?

Ziel dieser Arbeit war die Implementierung eines Moduls, das die Entwicklung von Auswertungen aufgrund ihrer Strukturähnlichkeiten erleichtert, zur Laufzeit modifizierbar macht und die Ergebnisse grafisch in verschiedene Diagrammtypen und in Tabellenform darstellt.

Material und Methoden

Das implementierte Modul mit dem Namen PatAn (PATient data ANalysis) besteht aus zwei Hauptkomponenten. Die erste Komponente (Abfrage-Komponente) verarbeitet die strukturierte Auswertung und generiert daraus die SQL Abfrage. Nach der Ausführung der SQL Abfrage erstellt die zweite Komponente (Visualisierungs-Komponente) aus dem Ergebnis Diagramme und Tabellen.

Die Konfiguration von PatAn besteht aus der Beschreibung der verwendeten Datenbankstruktur und der Definition von parametrisierbaren Grundmengen, die Basisinformationen zur Identifikation von Datensätzen beinhalten. Diese Konfiguration ist einmal erforderlich und wird für die automatische Generierung der SQL Abfrage benötigt.

Die Auswertungen werden anhand eines dafür definierten XML Schemas strukturiert. Das Schema wurde in eine Mengendefinition und die Definition des Auswertungstyps gegliedert.

Die Mengendefinition ermöglicht die Auswahl jener Entitäten, die in der Auswertung berücksichtigt werden und setzt sich aus der Angabe einer definierten Grundmenge (z.B. Patienten) und Parametern (z.B. weiblich, Diabetes Mellitus Typ 2) zu ihrer Modifikation zusammen. Zusätzlich kann man Mengen nach Patientengruppen aggregieren. Angaben in der Definition des Auswertungstyps können die zur Laufzeit tatsächlich generierte Menge zusätzlich beeinflussen.

Die verfügbaren Auswertungstypen wurden aus wiederkehrenden Strukturen von Auswertungen identifiziert. Beispiele für Auswertungstypen sind:

  • Auswertung von einzelnen Attributen von Elementen der Grundmenge (z.B. Blutdruckwerte eines Patienten über die Zeit)
  • Anwendung von Aggregatfunktionen auf eine Grundmenge (z.B. Mittelwert und Standardabweichung des Blutdrucks aller Patienten in einer Arztpraxis)
  • Auswertung von Patientenkategorisierungen einer oder mehrerer Patientengruppen (In Tabelle 1 [Tab. 1] ist ein Beispiel gegeben)

Alle Auswertungen können optional auch im Zeitverlauf angewandt werden. Jeder Auswertungstyp verfügt über eine eigene Struktur, in der die Namen der zu benutzenden Tabellen und Spalten der verwendeten Datenbank angegeben werden.

Aus jeder vollständigen und validen XML Instanz kann von PatAn in Verbindung mit der Konfiguration eine SQL Abfrage generiert werden.

Die Handhabung von JDBC Datenbankverbindungen in J2EE Applikationen ist anders als in allein stehenden Applikationen. Um unabhängig von der verwendeten Architektur zu sein, wurde die Ausführung der SQL Abfrage ausgelagert.

Die Visualisierungs-Komponente erstellt aus den Ergebnissen ein Diagramm im JPEG oder PNG Format. Farben und Beschriftungen können individuell gestaltet werden. Mögliche Diagrammtypen sind unter anderem Balkendiagramme, Tortendiagramme und XY-Graphen.

Der XML Standard für die Strukturierung der Auswertungen bietet als etablierter Standard die erforderliche Funktionalität und hat den Vorteil, dass spezielle Java™ Bibliotheken die Verarbeitung erleichtern. Das Modul ist auf Basis der Java™ 2 Platform, Standard Edition, Version 1.4.2 implementiert. Die Abfragen werden über JDBC auf der verwendeten Datenbank ausgeführt. Zur Diagrammerstellung und für die Verarbeitung von XML Instanzen werden die „Open Source“ Bibliotheken JFreeChart und Apache XMLBeans verwendet.

Ergebnisse

PatAn ist ein Modul zur strukturierten und modularen Auswertung klinischer Patientendaten. Die Beschreibung der verwendeten Datenbankstruktur und der verwendeten Grundmengen ist nur einmal erforderlich. Der Entwickler braucht deshalb diese Beschreibung nicht bei jeder Auswertung neu zu berücksichtigen. Die Auswertungstypen dienen als Schablonen und erleichtern somit die Entwicklung von Auswertungen. Die Änderung der Mengenparameter ermöglicht dem Anwender ohne SQL-Programmierkenntnisse zur Laufzeit eine Modifikation der Auswertung. PatAn ist modular um zusätzliche Funktionen erweiterbar. Die Komponente, die den SQL Code erzeugt, wird entsprechend des verwendeten Datenbanksystems dynamisch geladen. Durch die Auslagerung des architektur-spezifischen Vorgangs der SQL Ausführung, kann PatAn sowohl in Web-Applikation als auch in eigenständigen Programmen für die Java™ Plattform verwendet werden.

Diskussion

Das beschriebene Modul PatAn ist eine Schnittstelle zu einer relationalen SQL-Datenbank, die durch ein strukturiertes und modulares XML-Schema die Entwicklung von Auswertungen großer Mengen an Patientendatensätzen in Medizin und Gesundheitsmanagement erleichtert, beschleunigt und sie zur Laufzeit modifizierbar macht.

Der Anwender verfügt mit PatAn über ein flexibles Werkzeug, mit dem ohne tiefes technisches Wissen Daten, die im Gesundheitswesen gesammelt wurden, für weiteren Informationsgewinn genutzt werden können. Ärzte können aus der eigenen Dokumentation sowohl klinische Fragestellungen zu einzelnen Patienten und Patientengruppen beantworten als auch Auswertungen für das Qualitätsmanagement ausführen. Entwickler können mit PatAn Auswertungen modular und wiederverwendbar entwickeln und warten. Dadurch verringert sich der Arbeits- und Zeitaufwand.

PatAn kann bei wiederholten Auswertungen mit wiederkehrenden Anforderungen Arbeit und Zeit einsparen. Für zu spezifische, nicht wiederkehrende Fragestellungen ist es wahrscheinlich nicht geeignet.

PatAn wird momentan im Pilotbetrieb eingesetzt. Erst die Anwendung in der Praxis wird zeigen, welche Weiterentwicklungen zusätzlich benötigt werden. Ein grafischer Editor zur Beschreibung der verwendeten Datenbankstruktur, zur Konfiguration und Auswertungsentwicklung würde die Anwendung für Entwickler vereinfachen.


Literatur

1.
Rakovac I, Beck P, Moser R, Gfrerer RJ, Habacher W, Kirchmeir F, Harrasser A, Seereiner S, Pieber TR. BARS: Benchmarking and Reporting Service. A Web Based Tool for Quality Management in Diabetes Care. Medinfo. 2004;2004(CD):1825