gms | German Medical Science

50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Mobile Werkzeuge in der klinischen Routine

Meeting Abstract

  • Gert Funkat - Universität Leipzig, Leipzig
  • Uta Wilke - Universitätsklinikum Leipzig AöR, Leipzig
  • Jürgen Meixensberger - Universitätsklinikum Leipzig AöR, Leipzig
  • Dirk Jaeckel - Universitätsklinikum Leipzig AöR, Leipzig
  • Alfred Winter - Universität Leipzig, Leipzig

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds527

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2005/05gmds382.shtml

Veröffentlicht: 8. September 2005

© 2005 Funkat et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Problematik

Am Universitätsklinikum Leipzig AöR (UKL) werden stufenweise Klinische Arbeitsplatzsysteme (KAS) eingeführt. Damit werden die Voraussetzungen für die Realisierung der Elektronischen Patientenakte (EPA) geschaffen, die den dezentralen Zugriff auf die patientenbezogenen Daten und Informationen ermöglicht. Das bedeutet hauptsächlich die Einsicht in vorhandene diagnostische und therapeutische Informationen sowie die möglichst präzise Dokumentation aller erbrachten Leistungen.

Mit der Einführung des KAS ist der Zugriff auf die EPA grundsätzlich von der Aufnahme über die OP/Station bis zur Entlassung möglich. Diese Versorgungskette wird aber ausgerechnet an einer wesentlichen Stelle unterbrochen: am Patientenbett. Gerade dort besteht aber ein hoher Informationsbedarf aus der Elektronischen Patientenakte und umfangreiche Dokumentationspflichten.

Damit entsteht durch die Lücke zwischen elektronischer Dokumentation im Arztzimmer oder am Tresen und der papiergestützten Dokumentation am Patientenbett ein kritischer, zeit- und kostenintensiver Medienbruch. Dieser Medienbruch drückt sich am Patientenbett u.a. durch die folgenden Probleme aus:

  • kein Zugriff auf die Elektronische Patientenakte mit allen enthaltenen Dokumenten
  • kein Zugriff auf den Radiologie-Befundserver
  • kein Zugriff auf den Labor-Befundserver
  • keine Dokumentation und Verschlüsselung
  • keine vollständige Pflegeleistungsdokumentation
  • kein Zugriff auf die Pflegeplanung

Zielstellung

Das Ziel dieses Referenzprojektes war es, mit Hilfe von mobilen Endgeräten den dargestellten Medienbruch durch sinnvolle und praktikable Werkzeuge aufzuheben.

Dabei waren eine Reihe von Anforderungsspezifikationen zu beachten:

Aus Sicht des Informationsmanagements:

Durch die Ressourcensituation im Bereich Informationsmanagement war eine Eigenentwicklung nicht denkbar. Gleichzeitig war es nicht realistisch, eine Auftragsentwicklung durch externe Dienstleister zu veranlassen. Weitere Voraussetzung war es, dass die zu entwickelnde Lösung einen geringen Wartungs- und Customizingaufwand bedeuten wird.

Aus Sicht der Neurochirurgie:

Nach der Einführung des KAS war es nicht zumutbar, eine weitere Applikation zur Unterstützung der Patientenversorgung einzuführen. Ein wesentliches Ziel war daher, dem medizinischen und pflegerischen Personal auch auf den mobilen Endgeräten das gewohnte IT-Arbeitsumfeld verfügbar zu machen und eine transparente Integration in den Routine-Workflow zu garantieren.

Aus Sicht der Betriebssicherheit:

Durch die Anforderungen der Neurochirurgie und des Bereiches Informationsmanagement hat sich früh abgezeichnet, dass auch auf den mobilen Endgeräten die führenden, SAP/R3-basierten Anwendungssysteme IS-H/*MED verfügbar sein müssen. Dabei war zu beachten, dass diese Anwendungssysteme keine Unterbrechung des Daten-Netzes tolerieren und in solchen Fällen mit Datenverlusten reagieren.

Grundsätzlich ist kein Kompromiss hinsichtlich der Sicherheit der Patientendaten erlaubt.

Ergebnisse

Technische Umsetzung

Aus den summierten Anforderungen wurde ein technologisches Konzept basierend auf einer Terminal-Server-Architektur geplant und realisiert. Das grundsätzliche Prinzip ist dabei, dass ein Anwendungssystem (hier konkret IS-H/*MED) vollständig auf einem Terminalserver betrieben wird. Lediglich die Bildschirmausgaben werden mit dem Citrix-ICA-Protokoll übertragen. Dadurch kann der Anwender in dem gewohnten Arbeitsumfeld arbeiten. Bei einer Störung des WLAN gehen keine Informationen verloren, da das eigentliche Anwendungssystem auf dem Server läuft und nicht unterbrochen wird. .

Die Übertragung des Bit-Stream wird zusätzlich zu den üblichen Sicherheitsmechanismen mit RSA-RC5 kodiert. Dieses kryptografische Verfahren ist weltweit noch nicht entschlüsselt worden [1].

Als mobile Endgeräte werden Tablet-PCs eingesetzt. Bei Bedarf werden sie mit IR-Tastaturen ergänzt.

Die Elektromagnetische Verträglichkeit ist unkritisch. Das Bundesamt für Strahlenschutz gibt als Grenzwert für die Leistungsflussdichte im betrachteten Frequenzbereich 10W/m2 vor. Ein Datenfunknetz (WLAN) erzeugt nach einer Studie des nova-Instituts für die Uni Bremen [2] aber lediglich 0,002533W/m2.

Zugriff auf die Elektronische Patientenakte

Das realisierte Konzept ermöglicht dem medizinischen Personal den vollen Zugriff auf die EPA direkt am Patientenbett. Das Arbeitsumfeld für einen bestimmten Nutzer ist dabei identisch mit jenem, das er an den festen Arbeitsplätzen im Stationsarztzimmer gewohnt ist. Damit stehen sämtliche bereits im SAP-System vorhandene Dokumente und Informationen zur Verfügung.

Zusätzliche Daten können über das berührungsempfindliche Display eingegeben werden. Dabei sichert das Konzept, dass bei einem Verbindungsabbruch (beispielsweise durch Edelstahlcontainer) keine Daten verloren gehen und somit keine Fehl- oder Mehrfachdokumentation verursacht wird.

Zugriff Radiologie-Befundserver

Der Zugriff auf den Radiologie-Befundserver (Software Magic Web) ist aus IS-H/*MED heraus in gewohnter Weise jetzt auch am Patientenbett möglich. Die Terminal-Server-basierte Lösung ermöglicht eine Bilddatenübertragung mit sehr akzeptablen Antwortzeiten.

Zugriff Labor-Befundserver

In vergleichbarer Weise ist der Zugriff auf den Labor-Befundserver möglich.

Pflegedokumentation

Durch den Einsatz mobiler Endgeräte wird die Dokumentation von Pflegeleistungen qualitativ wie quantitativ erheblich verbessert.

Diskussion

Die informationstechnologische Unterstützung des Versorgungsprozesses für die Patienten wurde insgesamt deutlich optimiert. Durch den Zugriff auf die EPA werden zeitnahe therapeutische Entscheidungen direkt am Patienten unterstützt. Ein wesentliches Erfolgskriterium ist die Verfügbarkeit von radiologischen Bildern und Befunden in akzeptabler Qualität und Reaktionszeit.

Die Befunde vom Laborserver liegen in ihrer Gesamtheit ebenfalls zeitnah und vor allem auch strukturiert vor und ermöglichen so eine wesentlich einfachere Bewertung des Verlaufes.

Die Erfassung der Pflege-Leistungen direkt am Patientenbett erfolgt jetzt vollständig und effizient. Darüber hinaus werden die Pflegezeiten weitgehend komplett dokumentiert und der Zugriff auf die Pflegeplanung ist möglich.

Das technische Konzept hat sich als sehr robust und sicher erwiesen. Die Reaktionszeiten der Applikationen sind auf den mobilen Endgeräten sogar besser als an den Desktop-Systemen. Die Wartung der Lösung erfolgt zentral (einschließlich der Client-Aktualisierung). Eine Ausweitung der Lösung auf weitere Kliniken des UKL ist mit vergleichsweise geringem Ressourcen-Aufwand möglich und vorgesehen.


Literatur

1.
http://www.rsasecurity.com/rsalabs/, aufgerufen: 15.04.2005
2.
www.dmn.tzi.org/wlan/wlan-emvu-gutachten-bremen.pdf, aufgerufen: 15.04.2005