gms | German Medical Science

50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Die Digitale Krankenakte am Universitätsklinikum Würzburg

Meeting Abstract

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  • Oliver Karch - Universitätsklinik Würzburg, Würzburg
  • Klaus Drube - Universitätsklinik Würzburg, Würzburg
  • Helmut Greger - Universitätsklinik Würzburg, Würzburg

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds369

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2005/05gmds366.shtml

Veröffentlicht: 8. September 2005

© 2005 Karch et al.
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Gliederung

Text

In den vergangenen beiden Jahren wurde am Universitätsklinikum Würzburg als Ablösung der Papier gebundenen Patientenakte die "Digitale Krankenakte" einge-führt - zunächst in vier Kliniken (Chirurgische Klinik, Urologische Klinik, Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie, Klinik für Anästhesiologie); eine Ausweitung auf das gesamte Klinikum ist geplant. Da unter anderem diese vier Kliniken in das im März 2004 in Betrieb gegangene Zentrum Operative Medizin (ZOM) umgezogen sind und dort nur eine sehr geringe Archivfläche für Papierakten zur Verfügung steht, war eine termintreue Einführung außerordentlich wichtig.

Deshalb wurde bereits im August 2003 damit begonnen, die Akten des Jahres 2003 einzuscannen, damit diese zum Zeitpunkt des Umzugs ins ZOM vollständig in digitaler Form vorlagen. Mittlerweile (Stand: April 2005) wurden ca. 30000 Akten der Chirurgischen und Urologischen Klinik sowie der Klink für Herz- und Thoraxchirurgie eingescannt; etwa 70000 Anästhesieprotokolle waren bereits digitalisiert und wurden in das Archiv migriert. Insgesamt beläuft sich die Zahl der archivierten Seiten auf ca. 2,1 Millionen, was einer Archivgröße von etwa 270 GigaByte und einer Datenbankgröße (für Meta-/Indexdaten) von 130 MegaByte entspricht.

Am gesamten Universitätsklinikum Würzburg ist das Krankenhausinformationssystem SAP i.s.h.med (Fa. GSD) im Einsatz, in welches der Aufruf des Krankenakten-Viewers (Fa. yanistra/GSD) nahtlos integriert wurde, so dass aus jeder Belegungssicht durch Klicken auf den Button „Dig. Krankenakte“ die Akte des markierten Patienten aufgerufen werden kann. Die Viewer-Applikation gliedert sich in drei Bereiche variabler Größe und Anordnung (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]): das eigentliche Betrachtungsfenster für jeweils eine Seite, eine Thumbnail-Übersicht und ein Navigationsbaum, der die Akten der einzelnen Kliniken enthält (ggf. weiter untergliedert bezüglich Fallnummer oder Unterkategorien).

Der Anwender kann sowohl per Tastatur als auch per Maus durch die Krankenakte navigieren, einzelne Seiten drehen, zoomen oder mittels einer quadratischen Lupe (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]) in Originalgröße betrachten. Etliche weitere Features runden die Betrachtungsmöglichkeiten ab.

Der Thumbnail-Bereich ist in seiner Größe völlig variabel und kann z.B. so maximiert werden, dass sich der Anwender schnell einen Überblick über das angezeigte Dokument verschaffen kann. Durch Doppelklick auf ein Thumbnail-Bild wird dann die jeweilige Seite in der Vollansicht dargestellt. Der Navigationsbaum zeigt in einer dem Windows-Datei-Explorer ähnlichen Sicht die Hierarchie der einzelnen Dokumente der Krankenakte mit dem jeweiligen Patienten an der Wurzel der Hierarchie. Die zweite Hierarchieschicht wird durch diejenigen Kliniken gebildet, in denen der Patient zur Behandlung war, so dass eine Akte für ihn angelegt worden ist. Die Strukturierung der Akten innerhalb einer Klinik ist dann wiederum von Klinik zu Klinik unterschiedlich (z.B. Fall orientiert, Fall orientiert mit einzelnen Fächern, keine Unterteilung) und kann durch SAP-Customizing modelliert werden. Abbildung 1 [Abb. 1] zeigt exemplarisch die Fall orientierte Struktur der Urologischen Klinik, bei der jede Teilakte nochmals in einzelne Fächer untergliedert ist (Vorblätter, Krankenblatt, Laborbefunde usw.), mit Ausnahme des Ambulanzfachs, welches Fall übergreifend organisiert ist.

Großer Wert wurde bei der Realisierung auf die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen gelegt. So wird beim Aufruf aus SAP heraus die Klinik, der der jeweilige Anwender zugeordnet ist, an den Viewer mit übergeben, so dass dieser ihm nur die Dokumente der entsprechenden Klinik anzeigt. In besonderen Fällen (z.B. bei einer konsiliarischen Behandlung, falls der Patient ausdrücklich zustimmt oder im akuten Notfall) kann dieses Verhalten vom Anwender unterdrückt werden. Der Zugriff wird dann allerdings zur Kontrolle durch den Datenschützer mit protokolliert und der Anwender auf diesen Umstand hingewiesen.

Ein großer Vorteil der von der Fa. yanistra/GSD installierten Java-Client-Server-Lösung ist der Umstand, dass auf den Anwender-PCs keinerlei Software-Installationen nötig sind (mit Ausnahme einer Java Virtual Machine). Beim Aufruf aus SAP heraus wird die Java-Applikation des Viewers – sofern noch nicht vorhanden oder veraltet – automatisch vom Server geladen und installiert. Es wurde außerdem darauf geachtet, dass jeweils nur diejenigen Daten vom Server zum Client transportiert werden, die dieser im Augenblick benötigt, d.h. nur diejenigen Thumbnails und Seiten, die der Anwender momentan sehen will. Auf diese Weise ergibt sich auch bei großen Akten (mit tausend Seiten und mehr) eine erfreulich hohe Performance (sowohl auf Client- als auch auf Server-Seite) und gleichzeitig eine kleinstmögliche Netzbelastung.

Das Aufbereiten und Scannen der Krankenakten erfolgt im Klinikum vor Ort durch einen externen Dienstleister, der Erthal-Sozialwerk gGmbH (Abbildung 2 [Abb. 2]), einer Institution, die sich der Verbesserung der Lebensqualität psychisch kranker oder behinderter Menschen widmet. Die Akten werden dabei entklammert, ggf. beschädigte Seiten ausgebessert und mit Barcode-Deck- und -Trennblättern versehen. Die Trennblätter spiegeln dabei die Unterteilung einer Akte in Fächer wider, können somit vorab gedruckt werden und müssen nur noch zwischen die betreffenden Seiten eingelegt werden. Die Deckblätter dagegen stellen die Zuordnung eines zu scannenden Papierstapels mit dem jeweiligen Patienten (bzw. dessen Akte) her und werden individuell gedruckt. Jedes Deckblatt enthält hierfür einen eindeutigen Barcode, der in einer Datenbank – zusammen mit den Patientendaten – abgelegt wird. Nach dem Scannen (momentan an drei Kodak-i260-Scannern) werden die Daten auf den Archivserver transferiert, dort einer Plausibilitätsprüfung unterzogen und dann zyklisch von einem COLD-Prozess (Computer Output to Laser Disc) archiviert und mittels oben erwähnter Datenbank mit SAP verknüpft.

Fazit und Ausblick

Nach der erfolgreichen und komplikationslosen Startphase soll die „Digitale Krankenakte“ nun nach und nach auf das gesamte Klinikum ausgerollt werden. Hauptvorteil der digitalen Lösung ist dabei der dezentrale und zeitnahe Zugriff auf den kompletten Aktenbestand. Aus juristischen Gründen werden allerdings die Original-Papierakten weiterhin (außerhalb des Klinikums) gelagert. Dies soll mittelfristig durch die Ergänzung des Scan-Prozesses um eine „Digitale Signatur“ vermieden werden, so dass die digitalen Dokumente dieselbe Beweiskraft wie die Originalakten erlangen und die Originale nach dem Scannen vernichtet werden können. Darüber hinaus ist die Implementierung einer OCR-Lösung geplant, mit deren Hilfe der komplette Aktenbestand textuell erfasst und indiziert werden kann, so dass Volltext-Recherchen im Aktenarchiv möglich werden.